PlattenkritikenPressfrisch

ATROCITY – Okkult III

~ 2023 (Massacre Records) – Stil: Death/Black/Thrash Metal ~


Gehasst, verdammt, vergöttert… verehrt und angespien‘. Heute ist es also soweit: ATROCITY holen wieder den Hammer raus. Ich mochte ATROCITY schon immer seit der ´Hallucinations´ von 1990. Ich folgte ihnen ohne Murren und Knurren auf der Reise durch Gothic, Indie, 80er und Esoterikgefilde. Denn eines waren sie nie: langweilig oder vorhersehbar.

War 2004 ´Atlantis´ in der historisch langjährig stabilsten Bandbesetzung als allumfassendes Gesamtwerk die internationale Speisekarte mit Gerichten aus der gesamten ATROCITY-Welt, so begann mit dem ersten Teil der ´Okkult´-Trilogie die Rückkehr zur deutschen Schlachtplatte aus derber Hausmannskost mit allerlei erlesenen Körperteilen aus Death, Black und Thrash. Und Innereien.

 

 

Die-Hard-Prügelknaben der alten Schule werden frohlocken, dass Alexander Krull auch diesmal keinen Ton singt und sich durchweg mit deathigem Growling begnügt. ATROCITY bestehen aktuell neben dem Meister selbst als letztem verbliebenem Originalmitglied aus der kompletten momentanen LEAVES‘ EYES-Besetzung: Micki Richter und Luc Gebhardt an den Klampfen vor dem donnernden Fundament Andre Nasso am Bass und Joris Nijenhuis an der Schießbude. Der seit ´Willenskraft´ langjährige Mitstreiter Thorsten Bauer gab sein letztes Stelldichein auf ´Okkult II´, somit ist lediglich die Drumposition seit 2013 auf der gesamten ´Okkult´-Trilogie unverändert geblieben.

In der Nacht des Feuers
Ein letztes Stoßgebet
Die Schwadronen der Hölle
Sind auf dem Weg
Der Himmel
Steht in Flammen
Die Kirchtürme Brennen

Auch auf dem abschließenden Teil des Okkulten wird nach unheilvollem, an „Das Omen“ erinnernden Intro mit ´Desecration Of God´ ordentlich die Saukeule ausgepackt und über den gesamten Verlauf des Albums nur wenig das Tempo gedrosselt oder mit Einsprengseln nachgewürzt à la DIMMU BORGIR meets THERION meets CELTIC FROST – Bombast, wie noch des Öfteren auf dem Vorgänger. Es herrschen messerscharfes Riffing und Shredding, rappelnde Snare und donnernde Doublebass vor, die dem altersbedingten Tinnitus noch ein herrliches Blastbeat-Triggertrauma draufpackt. Titel wie ´Fire Ignites´, ´Born To Kill´, ´Bleeding For Blasphemy´ oder ´Priest Of Plague´ sprechen da schon eine deutliche Bildsprache. Einen stampfenden, gothic-kompatiblen Midtempo-Metalhit wie ´When Empires Fall To Dust´ vom ersten Teil sucht man heuer vergebens. Doch die Titel sind natürlich mit Breakdowns, Tempiwechseln und feinen Details ausgearbeitet, so dass in keinster Weise Langeweile aufkommt.

Wem dennoch Saumagen, Haxe oder Schweineschnüsschen auf Dauer zu eintönig sind, für den haben die Männer selbstverständlich kompositorische Überraschungs-Highlights wie den atmosphärisch-düsteren ´Malicious Sukkubus´ mit lasziv gesprochenen Hexenpart im Petto oder den wie auf beiden Vorgängern den in deutsch intonierten (auf Teil des ´Satans Braut´, bei Teil II das ´Menschenschlachthaus´) ´Teufelsmarsch´, der gar mit dem Marschthema ´Preußens Gloria´ beginnt und wohl als „Progressiver Death Metal“ gelabelt werden darf. Von der ´Lycanthropia´ befallen, hetzen wir tollwütig-wahnsinnig bei Vollmond durch nächtliche Wälder, Wiesen und Auen und zerfetzen die ´Faces From Beyond´. Wo wir die ganze Zeit von Wurstwaren sprechen, passt natürlich der polnische Serienfleischermeister ´Cypka´ perfekt auf die Scheibe, auch wenn wir jetzt nicht weiter darüber grübeln, was die Basis seiner Delikatessen war. Auch auf der CD-Version finden sich keine detaillierten Zutaten, dafür aber sämtliche Instrumentalversionen der zehn Smasher – kost ja nix, ist für mich aber eher uninteressant.

Freunde von ATROCITYs wilden Anfängen werden jubilieren, wogegen das Publikum der mittleren Phase wahrscheinlich ein paar mehr Experimente erwartet hätte… doch die Reise geht weiter und keiner kann wissen, was ATROCITY als nächstes aus dem Hut zaubern, falls sie nach drei ultrabrutalen Alben wieder genug von Knüppel aus dem Sack haben.

Fazit bleibt, dass man sich mit diesem Werk ’23 definitiv für alte Fans und auch junge Raufbolde endgültig wieder an der Spitze des deutschen Todesmetalls etabliert. Der wilde kleine Schmetterling wurde mit dem Vorschlaghammer vom Himmel geholt, von einer Herde Bullen überrannt, zerpflückt und letztendlich mit TNT hochgejagt. Bombe.

 

www.atrocity.de

facebook.com/AtrocityOfficial