Livehaftig

SAVAGE MASTER – LORD VIGO – POWERGAME

Nights of Fire & Steel Pt.1
~ 14.01.2023, Bielefeld, JZ Stricker ~


 Pech, Pannen und drei Triumphzüge

Wenn man sich zu sehr auf die Technik verläßt… Ich darf meine Freunde von LORD VIGO auf dem Weg nach Bielefeld begleiten. Dummerweise zeigt das Navi erst kurz vorher die Vollsperrung der Strecke an, so dass wir kostenfrei, aber im strömenden Regen eine Stadtrundfahrt durch Lüdenscheid ins Programm nehmen. Dennoch fast im Zeitplan, aber mit dem Vorhaben gleich eine andere Route zu nutzen, erreichen wir Bielefeld, wo es für alle Musiker aller Bands die üblichen Routinen abzuhalten gilt. Aufbau, Soundcheck, Garderobe, alles ist bereit, als sich pünktlich die Tore öffnen.

Den Abend eröffnen die lokalen Helden von POWERGAME, klar, dass es vor der Bühne direkt voll ist. Sie beginnen recht früh, das liegt daran, dass ihr Drummer Klaus-Gerald später noch arbeiten muss. Gestartet wird mit dem Titelsong des aktuellen Players ´Slaying Gods´. So dauert es keine 30 Sekunden, bis die Stimmung den Siedepunkt erreicht. Auch ´Masquerade´ sorgt für vollen Gesang aus lauten Kehlen vor der Bühne. Als Sänger Matty dann aber etwas später ankündigt, die Band hätte ein paar Raritäten für den heutigen Abend ausgegraben, und „mit dem nächsten Stück von den ´Lockdown Tapes´ nehmen wir etwas das Tempo raus“ sehe ich zu meinen Seiten erst einmal diverse Stirnen gerunzelt. Aber, das schleppend startende ´Vengeance From The Grave´ entpuppt sich doch als Höhepunkt. So klingt ein Siegeszug. Schon das erste Set des Abends beweist, es war eine gute Idee, diese Reise anzutreten.

 

 

Einzig eines ist zu vermerken, was sich aber durch den ganzen Abend zieht. Es gibt, wohl auch aufgrund des Ortes der Veranstaltung, etwas wenig Licht, so dass es fast verunmöglicht wird, ein paar gute Bilder zu schießen.

Wenn man in der folgenden Umbaupause Gespräche belauscht, kann man Dinge hören wie „LORD VIGO will ich schon lange mal Live erleben:“ Da bin ich mit meinem fünften Mal schon fast privilegiert. Und mir fallen Dinge auf, die andere nicht bemerken. Was die größere Kunst ist, die Landstuhler Helden schaffen es, alles zu überspielen, dass wohl nicht mal jemand bemerkt, was alles nicht stimmt. Mit ´Doom Shall Rise´ und ´The Prophecy´ ziehen sie die Meute auf ihre Seite. In 70 Minuten bieten sie Highlights aus allen ihren Manifesten, benennen ´Ishtar, Queen Of The Night´ und ihren Namenspatron ´Vigo Von Homburg-Deutschendorf´. Sie begründen ´A New Dark Age´ und nebeln, als ob ´From Our Ashes We Will Rise´, der Tag des Jüngsten Gerichts angebrochen ist.

Nebel. Das ist das Stichwort. Bei LORD VIGO sind ja Show und Musik rechnerisch synchronisiert (drum werden sie auch wohl nie zum No Playback Festival geladen werden). Die Band spielt über In Ear, damit das Timing stimmt mit Videosequenzen und Keyboard-Playbacks. Leider stimmt was nicht, denn die optischen Einspieler erscheinen nicht auf der Leinwand. Dafür rattert die Nebelmaschine ohne Unterlass. Wenn man an anderen Orten den Drummer nicht sieht, eben ist die ganze Band kaum zu erkennen. Da hilft nur das Ziehen des Steckers. Aber vermutlich denken alle vor der Bühne, das soll so, denn im Nachgang ist keine negative Stimme zu hören. Dazu fehlen, aufgrund der niedrigen Raumhöhe, die Pyros. Trotzdem legen die fünf Jungs einen echten Triumphzug aufs Parkett.

 

 

Noch dankbarer als Band und Publikum ist später am Abend sicher noch der eine Fan mit dem selbst bemalten Shirt. Der beeindruckt Vinz Clortho dermaßen, dass er ihm ein Bandshirt offiziell überreicht.

Der nächste Umbau vergeht wie im Fluge. Als das Licht ausgeht, ist es so voll, dass der Weg in die ersten Reihen versperrt ist. Ein enervierend langes Intro ertönt. Dann betreten die vier Instrumentalisten von SAVAGE MASTER die Bühne. Maskiert, das ist mir bekannt. Dennoch, für mich fühlt sich das seltsam an. Wer den ganzen Tag mit FFP2 arbeiten darf, kann nachfühlen, wie sich 80 Minuten mit verhülltem Gesicht auswirken. Und da kommt sie: Stacey Savage. Nachmittags noch war sie im geschmackvollen Goblin-Shirt zu sehen. Jetzt ist sie in Leder und Nieten die Metalbraut, an die sich wohl keiner traut. Stacey und ihre Hintermänner brennen ein metallisches Feuerwerk ab. Instrumental völlig tight, darüber thront ihre Stimme. ´Queen Satan´ schlägt zu. Alter, die hauen rein. Bis in die letzten Reihen fliegen begeistert die Haare. Kaum jemand kann noch stille stehen. Es kommt sogar zu ein paar Flugeinlagen. Gut, der Pyroeffekt der drei brennenden Kerzen ist eher klein. Aber dafür sehr atmosphärisch. Und falls jemand denkt, es wäre der Gesang im Playback eingespielt. Nein, es gibt auch hier ein kleines Problem technischer Art. Der Loop, der für Halleffekte sorgen soll, hat sich wohl verselbstständigt, wenn ich das richtig verstehe. Auch hier hilft Stecker ziehen. Ansonsten ist es wirklich kaum verwunderlich, dass schon am dritten Abend ihrer Tour das Merch, vor allem die Tonträger, so gut wie ausverkauft ist.

 

Nach diesem wirklich starken Abend folgt eine kurze Nacht in einem Hotel und eine spannende Heimfahrt. Gut, was im Bus passiert, bleibt im Bus. Wir hätten aber singen können „Hoch auf dem gelben Wagen“. („Von den blauen Bergen kommen wir“ hätte auch genügt, mit ein paar ´Keksen für die Königin des Himmels´. – Anm. d. Red.)

 


Die Fotos wurden zur Verfügung gestellt von Thomas „Vinylian“.