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CARAVELA ESCARLATE – III

~ 2023 (Karisma Records) – Stil: Symphonic Prog ~


Als der selbstbetitelte Vorgänger 2019 erschien, war die Welt fast noch in Ordnung. Das ist jetzt drei Jahre und eine Menge Krisen her. In der Zeit hatte ich immer ein Auge auf Ronaldo Rodriguez, den Keyboarder der vorliegenden Band. Ich wollte einfach sehen, was er so treibt. So war er bei den Landsleuten von PROGNOISE als Gast dabei. Beim eher metallischen Projekt OPERA DIABOLICUS durfte er für (düstere) Orgelklänge sorgen. Nun aber ist er mit seinem eigenen Schiff unterwegs durchs Klanguniversum.

So sehr sich die Welt verändert hat, Corona ist durchmarschiert, die Queen ist verstorben und in Brasilien regiert wieder Lula, die Musik von CARAVELA ESCARLATE hat es kaum. Kaum beeinflusst von den Dramen zuhause und überall, ist der Sound einfach weiter gereift. Mancherorts wird etwas stringenter komponiert, an anderer Stelle haben sich auch ein paar eher ungerade Metren eingeschlichen. Da hat sich eine gewisse Leichtigkeit gefunden. Einige Sounds wirken heller und luftiger. Das beginnt schon beim Opener ´Bussola Do Tempo´. Der kommt sehr leichtfüßig tänzelnd daher. Ich verstehe wenig, oder besser nichts, von den Texten. Aber dies Lied klingt doch sehr sorgenfrei. In ´Castelos Do Céu´ hat sich sogar ein kleiner Samba eingeschlichen.

Da das Trio aus Rio ohne Gitarre unterwegs ist, kommt es vor, das der Bass als Melodieinstrument agieren darf. Das schwebend beginnende ´Sonhos Medievais´ (es könnte um die Klänge des Mittelalters gehen, wenn ich spekulieren darf) ist da ein gutes Beispiel. Im weiteren Verlauf entwickelt es sich aber zu einer düsteren Orgelabfahrt mit irren Tastenläufen. Neben schon von früher bekannten italienischen Einflüssen wie PFM oder BANCO DEL MUTUO SOCCORSCO haben sich auch CAMEL-artige Klänge und VAN DER GRAAF GENERATOR eingefunden.

Das instrumentale ´Mandala´ groovt auf angenehme Weise. Dazu im Gegensatz hört man aber auch leicht krautige Elemente. Selbst ein paar Dissonanzen haben sich in den Sound der Band gemogelt. Also ist doch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Was die Musik aber noch spannender macht, langlebiger.

Warum ich bei ´Ciclos´ an den Soundtrack eines italienischen Softporno denken muss, kann ich nicht sagen. Vielleicht liegt es an der leicht schwülen Stimmung. Danach toben sich CARAVELA ESCARLATE in ´Filtro Dos Sonhos´ noch einmal mit krummen Takten und fugenartigen Läufen aus. Das ist Orgelrock erster Güte. Dem gegenüber steht dann ein romantisch-idyllisches Klavier. Damit ist das Vergnügen dann leider auch schon wieder vorüber. Zeit, zurück zu gehen auf Anfang. Dann kann man nach kleinen Details suchen. Man kann genießen. Oder man lässt sich fallen und verfolgt die Bilder im Kopf, die meist sicher weniger düster sind, als das Gemälde von William Turner auf dem Cover. Das kann man im Yale Center for British Art in New Haven im Original bewundern. Oder eben beim Genuss von ´III´ auf dem Titel.

Wer neben oben genannten Bands auch etwas anfangen kann mit EMERSON LAKE & PALMER oder den orgeligen Songs von SPOCK’S BEARD, der sollte dieser Band von der Südhalbkugel endlich eine Chance einräumen.

(8,5 Punkte)

https://caravelaescarlate.bandcamp.com/album/iii

https://www.facebook.com/caravelaescarlate


(VÖ: 27.01.2023)

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