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MISTCAVERN – Into Twilight

~ 2022 (Iron Bonehead) – Stil: Black Metal ~


Ich habe ein Faible für „Iron Bonehead“-Records, der Labelboss Patrick steht selbst noch bei BAXAXAXA am Mikro und ist von WITCHBURNER bekannt, 20 Jahre her natürlich. Und mir gefällt seine VÖ-Politik. Die Musik muss nicht unbedingt absolut innovativ sein, darf aber einen gewissen Kauzfaktor mit sich bringen, zumindest aber ein Feeling von Kult. Bei den 2022er Releases sticht mir da unter anderem die ungarische Gruppe MISTCAVERN ins Ohr.

Blackmetal ist bei diesen Söhnen TORMENTORS angesagt. Dunkel, verschwommen, wie aus einer undurchdringlichen Nebelwand herausschallend. Die Band arbeitet gerne mit Keyboards, bei denen sie einen Orgelsound bevorzugt, der dem Gesamtbild einen besonders morbiden Anstrich verleiht. So gibt es viele Momente, wo die Synthesizer aus dem tiefsten Kerker eine finstere, abseitige Atmosphäre kreieren, in deren Tiefe sich die Seele des Hörers verliert. Die metallischen, dabei oft hymnisch eingängigen Aspekte, welche die Songs an sich ausmachen, wispern hinter vorgehaltener Hand von wildem Treiben und unaussprechlichen Orgien längst vergangener Kulte, deren Erinnerungen geisterhaft aus den Katakomben unter der alten Stadt Budapest oder den Höhlen tief verborgen in den ungarischen Wäldern widerhallt.

So richtig in eine bestimmte Richtung will die Band nicht passen. Norweger, Griechen, Tschechen, Polen, auch Briten, Amis und Deutsche haben Bands mit solchem Material. Der Klang ist rau, eisig, arm an Bass. Dieses klirrende Gefühl ist ja beinahe Typisch für die 90er zwischen 91 und 95. Hier lebt die zweite Welle, die alte makabre Schule der schwarzen Klangkunst.

Auch wenn die Gitarren oft kräftig sägen und das Schlagzeug machtvoll tost und treibt, diese Mini LP mit knapp 26 Minuten stellt wieder auf verzaubernde Art unter Beweis, dass der Blackmetal ab der zweiten Welle eine über der schnöden Unterhaltung stehende Musik und mehr noch, eine nicht für jeden greifbare Lebensart ist.

Und so wie das Leben selbst auf und ab wogt und oft vom Sturme umtost wird, so lebendig entwickeln und entfalten sich die Songs. Ein düsteres Synthesizergrummeln als Intro, feurige Raserei, ein kurzer Einbruch, wieder vom Keyboard getragen, dann ein mystisches, betörendes Dahinschweben mit herrlichen Keyboardmelodien und wunderbaren Gitarrenläufen, ein steter Fluss statt statischem Verfolgen von festgelegter Struktur.

Vielleicht kann ich diese Band Freunden uralter ANCIENT, der frühesten DIMMU BORGIR und GEHENNA aus Norwegen ans Herz legen, aber so ne genau sind MISTCAVERN nicht zu fassen.

Dieser Mini-LP voraus ging das ´Winds Of Misery´ Demo von 2020, welches ich mir ebenfalls holen musste. Auch hier wird, etwas roher noch, fantastischer 90er Black Metal geboten, dem ein eisiger skandinavischer Ausdruck anhaftet. Ob man sie damals zur Kenntnis genommen hätte? Ich weiß nicht, in wie weit man das heute tut, aber zumindest ist für Black Metal-Freaks ein Reinhören angebracht. Retro ja, archaisch, rückwärtsgewandt, aber so erhaben gut wie damals.

(8,5 Punkte)

 

https://mistcavern.bandcamp.com/album/into-twilight
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