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DOOMOCRACY – Unorthodox

~ 2022 (No Remorse Records) – Stil: Prog/Doom Metal ~


Editor’s Review and Musicians Opinions

 

Michael Haifl

 

Ewig und drei Tage benötigten DOOMOCRACY, um ihr drittes, womöglich zukunftsweisendes Werk fertigzustellen. Obwohl die Besetzung des Quintetts seit der Bandgründung vor elf Jahren konstant geblieben ist und die Welt zwischenzeitlich sogar stillstand, vergingen seit ´Visions & Creatures Of Imagination´ ganze fünf Jahre. Die haben Sänger Michael Stavrakakis und seine Männer in Gänze benötigt, um ein Konzeptalbum auszuarbeiten.

Dieses blickt Jahrhunderte zurück, genau genommen auf den 10. Oktober 1582. Diesen bestimmten Tag und seine fünf Tage zuvor sowie vier Tage danach hat allerdings Papst Gregor XIII. mit einem Handstrich aus der Kalenderrechnung entfernt, da er durch die Tilgung der zehn Tage den bis dato gebräuchlichen Julianischen Kalender dem Sonnenjahr wieder angleichen wollte. Seither ist der Gregorianischen Kalender, mit durchschnittlich 365,2425 Tagen im Kalenderjahr, die Norm im europäischen Raum.

Die Tage seiner Umstellung werfen allerdings seither viele Fragen auf. Die Welt stand still. Auf den 4. Oktober 1582 folgte der 15. Oktober. Was ist in diesen Tagen wirklich geschehen? Wurde Geschichte neu geschrieben? Die Hellenen von DOOMOCRACY erzählen über 50 Minuten lang ihre Version: ´Unorthodox´.

Mit Fotis Benardo, Angelos Karatzas und Aris Karatzas in den „Devasoundz Studios“ von Athen und mit Giannis Pratikakis in den „Groove Studios“ von Heraklion auf Kreta aufgenommen, von Simon Johansson (MEMORY GARDEN, WOLF) und Mike Wead (KING DIAMOND, HEXENHAUS) in den Stockholmer „SolnaSound Studios“ gemischt und gemastert, ist das über Tod und Leben entscheidende Drittwerk von DOOMOCRACY keine vollständige Abkehr vom bislang zelebrierten epischen Doom Metal, aber gleichzeitig eine weitaus stärkere Hinwendung zum technischen und progressiv geschwängerten Heavy Metal. Allein für sich betrachtet ist ´Unorthodox´ ein klassisches Heavy Metal-Konzeptwerk mit vielen Elementen des Progressive Metal und ebenso vielen schweren Passagen.

Majestätisch und zugleich schaurig geisterhaft, ohne Zögern und Zaudern führt das halbminütige ´Aeons Of Winter´ in die Konzeptscheibe ein. Der erste Einschlag heißt ´Eternally Lost´ und wechselt zwischen sanften Schlägen aus der percussiven Abteilung und dem heroischen sowie epischen Gesang. Verzwickte Rhythmus-Abschnitte, ein kurzer Flöten- und ein CONCEPTION-artiger Gitarren-Einsatz stoßen hinzu. ´Prelude To The Apocalypse´ ist im Anschluss auf seine Art ruppiger sowie stürmischer unterwegs und verführt Michael Stavrakakis zu einigen hohen Schreien. Gregorianische Chöre schenken diesen noch mehr Volumen, derweil sogar PSYCHOTIC WALTZ’sche Saiten ins Schwingen geraten sind.

Zu ´The Hidden Gospel´ ertönt lediglich das von Sakis Bandis (HAIL SPIRIT NOIR, HORIZON’S END) gespielte Klavier und eine alte Stimme, die vom Kommen eines Menschenfreundes spricht, der an den Grundfesten der Gesellschaft rütteln wird. Sogleich lässt dieser ´The Spiritualist´ die Gitarre jubeln, spitze Schreie ausstoßen und hymnischen Gesang intonieren. Geradezu energisch und mit orientalisch angehauchter Melodie stimmt ´Novum Dogma´ wunderbar an, in einem anhaltend ungestümer werdenden Singsang zu verzaubern. In ähnlicher Tonfarbe, jedoch schleppender zeigt sich das kurze ´Death: A State Of Mind´. Und immer wieder tauchen diese Schlagwerk-Schläge von Minas Vasilakis auf, die ihre Kreise ziehen. Und zu den lässigen Einschlägen von ´Our Will Be Done´ stehen die choralen Gebete „in nomine patris et filii et spiritus sancti“ an.

Die Ansprache am ´October 14th 1582´, in der der Geistliche als Ketzer angeklagt und der Blasphemie bezichtigt wird, scheint in einem Wirtshaus stattgefunden zu haben. Zeitgleich gehen in diesem Moment Blitze auf Erden hernieder. Der Spiritualist wird auf einem Scheiterhaufen enden. Daher zieht ´Unorthodox´ unnachgiebig die Schlinge um dessen Hals. Allerdings ändern seine sanfteren, sich wiederholenden Klagelaute bis zur letzten Sekunde keineswegs seinen Geist. Die Einschläge kommen näher. Nach der langen ´Catharsis´ bleibt die Welt verstört zurück, sie versinkt in religiöser Dunkelheit, verbrennt auf dem Scheiterhaufen jegliche Hoffnung und alle Zeichen. Samt einem Gitarrensolo von Mike Wead wartet in diesem Moment das lodernde Feuer für alle Liebhaber von VENI DOMINE. Und der Chor singt zum Ausklang: „Timor Mortis morte pejor. Vae victis. Veritas nunquam perit.“ – Die Angst vor dem Tod ist schlimmer als der Tod. Wehe dir. Die Wahrheit vergeht nie.

(9 Punkte)

 

 

 

 

Hagen Schmidt (PAYNE´S GRAY)

 

Hier auf dem seinerzeit als Streetclip firmierenden Saitenkult erweckte eine 10 Punkte Rezension von DOOMOCRACYs zweitem Album ´Visions Of Creatures And Imagination´ meine Aufmerksamkeit. Ich bestellte mir die CD ungehört und war sofort angefixt. Ich hatte mir immer Neues von HEXENHAUS und MEMENTO MORI gewünscht, zwei Bands, die meinen Nerv genau getroffen hatten, und es kam nichts…bis diese Band aus Kreta für mich aus dem Nichts erschien und genau das ebenwertig ablieferten, mit ihrem ganz eigenen Stempel.

Als nächstes machte ich mich auf den Weg nach Iraklion, zum kleinen aber feinen „Echoes from the Labyrinth“ Festival, bei dem neben DOOMOCRACY auch SORCERER und CRIMSON DAWN auftraten, überhaupt nicht ahnend, dass dieses verlängerte Wochenende viel mehr werden würde als nur ein Konzertbesuch und ein wenig Tourismus nebenher. In diesen paar Tagen entstanden Freundschaften, mir wurde völlig out of the blue bewusst gemacht, dass meine eigene, seit zwanzig Jahren ruhenden Band auf dieser entlegenen Insel durchaus ein Begriff geblieben war, was letztendlich mit zu unserer Wiederauferstehung geführt hat, kurzum, ein bleibendes Erlebnis.

Jetzt, ein paar Jahre und unsäglichen Verzögerungen später, erscheint endlich DOOMOCRACYs drittes Werk. Ich wusste, es wird gut. Wie denn auch nicht? Ich hatte über die Zeit mit Mike Stavrakakis, dem Ausnahme-Sänger dieser Truppe, viel gechattet und auch ein paar Tage in München und Berlin verbracht, ich war theoretisch auf dem Stand der Dinge. Ohne jedoch einen einzigen Ton des neuen Albums gehört zu haben, war mir klar, da kommt ein weiterer Hammer. Dann durfte ich endlich vor einigen Wochen das Ergebnis anhören, und es ist noch besser als erwartet.

´Unorthodox´ ist ein Konzept-Album. Mike hat eine Geschichte verfasst, über was im Jahre 1582 passiert ist, als aus dem Kalender zehn Tage gekürzt wurden, angeblich um Jahreszeiten und davon abweichende Zeitrechnung anzugleichen. In der Geschichte werden aber bessere Gründe angegeben, und diese sehr gut erzählt: was macht ein Konzept-Album besser als ein anderes? Das Storytelling.

Musikalisch bedienen sich DOOMOCRACY stilfremder Mittel, ohne dabei ihren hohen Wiederkennungswert zu verlieren. Es bleibt Doomy, keine Sorge, aber wo es verschachtelter/schneller/noch epischer/klassischer etc. sein muss, um der Geschichte willen, ist es halt so. Epicus Doomicus Progressivus, so schlägt Mike das Genre vor. Fantastisch auch wieder die fast schüchternen Keyboards, wie auch schon auf dem Vorgängeralbum von Maestro Miguel Robaina (HEXENHAUS/MEMENTO MORI, wer sagt es denn) eingespielt, und wenn wir schon bei der Schweden-Connection sind, Mike Wead (auch HEXENHAUS/MEMENTO MORI, wer sagt es denn) spielt ein Solo auf dem ÜBER-Song ´Catharsis´. Und hat Simon Johanssen beim Mix/Mastering unterstützt. Ja. Für die nächste Platte wünsche ich mir dann ein Terzett mit Mike, Messiah und Thomas Agrippa. Kurz und gut, kauft euch die Platte, und die anderen beiden auch, und hört sie euch auch an, von vorne bis hinten, am Stück, vielen Dank.

 

 

 

U. Violet

 

Episch-progressiver Doom ist bekanntlich nicht gerade meine übliche Spielwiese, doch wenn ein Album nicht nur weit aus einer Stilrichtung herausragt sowie Genregrenzen nicht einfach nur auslotet, sondern gleichsam pulverisiert, bin auch ich angefixt. Hier ist dies absolut der Fall, und wird gleichzeitig so fesselnd, charmant und scheinbar mühelos aus dem offenbar unendlichen hellenischen Ideenfüllhorn geschüttelt, dass es unmöglich ist, nur mal kurz reinzuhören in die zeit-lose und thematisch wie motivisch sehr schön ge-, aber nicht unbedingt abgeschlossene Geschichte zum Thema Zeit und Macht, die von den fünf Kretern mit vielerlei unterschiedlichen stilistischen Mitteln vorangetrieben wird, vieles aufgreift und trotzdem stets unverkennbar DOOMOCRACY ist. Man kann nicht anders, als das Album immer wieder in Vollständigkeit zu hören und sich ständig neu überraschen zu lassen.

Wie Hagen schon bemerkte, ist es das Storytelling, was ein Konzeptalbum besser macht als andere, und das Quintett hat mit ´Unorthodox´ diese Kunst auf die Spitze getrieben, indem sie ihre Stärken und Trademarks zu einem Zeitstrang gebündelt haben, der sich sowohl an Theologie-, Philosophie- als auch (Metal-)Musikgeschichte orientiert. Ihre starke Rhythmusbetonung im Wechsel mit verhaltenen Passagen, die der vielseitigen Stimme von Michael Stavrakakis viel Raum geben, der im griechischen Metal stets vorhandene, mächtige Folkeinfluss kombiniert mit verspielt-orientalischen sowie neoklassischen Elementen, all das ergibt einen stark technisch geprägten, jedoch nie sterilen, kraftvollen Progmetal, dem die Doomschublade endgültig zu eng geworden ist.

Die Gitarren, ob exzentrisch, gerne auch dissonant singend oder klassisch powerriffend, haben sich sowieso schon längst emanzipiert, halten die Spannung konstant oben und steuern die meist düsteren bis unheimlichen Stimmungen nach Belieben, Harry Dokos und Angelos Tzanis reihen sich damit unter perkussiv-technische Duos wie Loomis/Calvert oder auch Wilton/DeGarmo ein, und die Rhythmusgruppe unterstützt sie dabei nicht nur, sondern brilliert gleichzeitig mit eigenen verschleppten sowie vertrackten Soloausflügen (´The Spiritualist´, ´Unorthodox´). DOOMOCRACY positionieren sich damit absolut verdient in der Pole Position und äusserst bequemen Situation, sowohl Doomer als auch Progger, aber vor allem alle aufgeschlossenen Heavy Metaller mit ein und derselben Scheibe zu erreichen. Das wird ihnen in diesem Jahr keiner auch nur annähernd nachmachen können.

 

 

 

Lisa Mann (WHITE CRONE, SPLINTERED THRONE)

 

First I must say how glad I am to have heard a sneak preview of the new DOOMOCRACY album, ´Unorthodox´. It is definitely a concept album, so I look forward to reading the lyrics and getting the full story later.

Musically it’s brilliant: progressive without being clinical, symphonic without being full of itself. Songs are cleverly arranged, and very dynamic. The album is sometimes chunky, sometimes mathy, sometimes dreamy – variations being very important to proper storytelling.

I appreciate the drum change-ups, also that the bass often plays along with the drums instead of just mimicking the guitar. I do wish there was a bit more bass guitar clarity in the mix, but hey, I am biased.

Vocals range from vulnerable lows to powerful (and sometimes shocking) highs, and the vocal harmonies are truly sophisticated. And of course the guitars and orchestrations are superbly done. There’s even a real demonic sounding choir in there at times!

To sum up, a lot of time, effort, and (most especially) THOUGHT went into this album. It is a colossal achievement- well done, DOOMOCRACY! I suspect it will receive much well-deserved critical acclaim.

 

 

 

Justin Biggs (SORCERER)

 

Well, we all know how the world of the internet values my opinion on new records… Anywho, I was given the latest DOOMOCRACY album, ´Unorthodox´ by Michael (vocals of DOOMOCRACY), after many, many, months of cryptic, secretive back and forths.

It was worth the hype indeed. This is a departure from ´Vision And Creatures´, I would say. While there are still the doomy, gloomy vibes, the lads manage to throw in lots of prog influence in on this one. The result is a well written, well thought album, that is never tiring or running out of steam. It keeps the listener hooked from start to finish. This is, from what I understand, a concept album, I haven’t dived too much into the text, but I know the lyrics with DOOMOCRACY are always sound.

I felt the two singles, in terms of stand alones, while great, strong songs, were actually the weaker tracks on the album, as a whole. This is of course my opinion. This album has some absolute bangers, look no further than ´Novum Dogma´. I think is the best track on the album, and probably the best track this band has ever written. It is epic, the lyrics and singing are perfect, the guitar work is beautiful and a veritable eargasm, and the rythm section of Manolis (The beard) and Minas is absolutely soul crushing. This song will get any crowd out of their seats, pumping their fists, and absolutely destroying any small club, arena, or festival.

An album well worth the wait, I believe this album will launch the lads on to bigger, better things, likely to put them at the forefront of the Greek Metal scene, alongside some of the other great bands coming out of Greece.

 

 

Minas Vasilakis (Dr), Manolis Sx (B), Angelos Tzanis (Git), Michael Stavrakakis (Voc), Harry Dokos (Git)

 

https://www.facebook.com/Doomocracy/
https://doomocracy.bandcamp.com/album/unorthodox

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(VÖ: 11.11.2022)