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Gary Moore – Die offizielle Biographie von Harry Shapiro

~ 2022 (Hannibal Verlag) ~


Von Gary Moore gab es bisher nur wenige Bücher. Harry Shapiro, der bereits für seine Biographie über Jack Bruce bekannt ist (da führte er auch das einzige Interview mit Gary), hat Garys Leben in jahrelanger harter Arbeit und vielen Interviews auf über 500 Seiten zu Papier gebracht. Die deutsche Version ist sogar noch deutlich vor der englischen Version, die erst im September erscheint, veröffentlicht worden.

Es beginnt mit Garys nicht einfacher Familiengeschichte in Nordirland, mit dem herrschsüchtigen Vater und der unglücklichen Ehe der Eltern, die wegen der Schwangerschaft eingegangen wurde. Garys Außenseiterrolle als eher pummeliger Schüler in der Schule wird auch erzählt. Es geht um seine erste Gitarre, die er fortan kaum noch aus der Hand legte, von seinem Vater, der ihn im Alter von sechs Jahren spontan zu seinem ersten Auftritt als Sänger „zwang“.

Über die Hassliebe, die er nach seinem Umzug nach Dublin zu SKID ROW zeitlebens mit Philip Lynott von THIN LIZZY wie zwei Brüder pflegte, ist natürlich schon in anderen Biographien geschrieben worden. Laut Shapiro hätte Philip gerne Garys musikalisches Talent gehabt und Gary hätte gerne Philips Charisma, Aussehen und natürliche Führungsqualitäten besessen. Die verschiedenen Versionen von Garys Abgang auf der „Black Rose-Tour“ in den USA werden noch einmal hervorgehoben, was zu vier Jahren absoluter Stille zwischen ihm und Philip führte, bis 1983 in Hammersmith sich Philip und Gary (und Scott Gorham) versöhnten.

Gary wollte immer der weltbeste Gitarrist sein, war teilweise sehr konkurrenzorientiert, was Musiker wie MOUNTAINs Leslie West, aber auch seinen FLEETWOOD MAC Mentor Peter Green teilweise nervte. Gary war gleichzeitig von einer sehr großen Unsicherheit geprägt. Da er keine Noten lesen konnte, war er gegenüber klassisch geschulten Musikern wie Don Airey erst sehr misstrauisch, obwohl er – ähnlich wie Jimi Hendrix – mit einem absoluten Gehör ausgestattet, sofort jeden Song intuitiv spielen konnte. Er war als sein größter eigener Kritiker nur selten zufrieden. Er konnte ein richtiges Arschloch sein, aber auch sehr witzig und liebenswert. Weniger bekannte Episoden wie seine erste GARY MOORE BAND, die starken G-FORCE oder COLOSSEUM II werden endlich ausführlich vorgestellt. Er spielte so laut, dass der Bühnenabschnitt zwischen seiner Gitarre und seinem Amp von den Mitmusikern „Todeszone“ genannt wurde. Darunter litt irgendwann auch sein Gehör.

Seine schwierige Kindheit hat auch seine starke Eifersucht in Beziehungen zu seinen Freundinnen geprägt. Interessant auch die Berichte von Bassist Craig Gruber, der Gary zu Zeiten von ´Victims Of The Future´ für seine Disziplin und seine Rolle als Bandleader lobte – ganz anders als das negative Gegenbeispiel RAINBOW mit Ritchie Blackmore und Ronnie James Dio, das mit Drogenexzessen, Hass unter den Musikern, Undiszipliniertheit und willkürlichen Tourmanagern als Leadern von Craig beschrieben wird. Das allgegenwärtige Koks hasste Gary wie auch Schludrigkeit bei Mitmusikern. Gary war ein absoluter Perfektionist und mochte es gar nicht, wenn Bassisten und Schlagzeuger live anders spielten als auf Platte und mit irgendwelchen „Fills“ daherkamen. Da wurde er noch im Konzert sehr deutlich und vergraulte damit schnell Cozy Powell oder Neil Murray. Mit Schlagzeugern ging er sowieso hart ins Gericht, weshalb letztendlich keiner auf ´Wild Frontier´ vertreten war.  

 

Gary und Albert Collins

 

Mehr soll jetzt gar nicht verraten werden. Insgesamt ein sehr spannendes und fesselnden Buch über 500 Seiten, das auch mir, als Gary Moore Supporter seit ´Black Rose´ und ´Back On The Streets´, also seit über 43 Jahren, viele neue Facetten von Gary gezeigt hat. Sehr gut recherchiert, fast keine Fehler und mit vielen Zeitzeugen fertiggestellt. Gut und spannend zu lesen, mit ausführlicher Statistik und Informationen zu Garys Equipment (Gitarren, Verstärker, Effektgeräte). Es wird auch noch einmal deutlicher, warum Gary letztendlich zum Blues gekommen ist und viele Hard Rocker und Metal-Fans damit vor den Kopf gestoßen hat.

Zum Abschluss ein Zitat, dass Gary gut trifft (nicht wörtlich übernommen):

Auf die Frage, wie er nach einer aufregenden Show wieder zum Relaxen kommt, antwortete Gary: „Ich nehme meine Gitarre in die Hand und spiele…“.  

 

 

             

Gary Moore – Die offizielle Biografie

Verlag: Hannibal
Seitenzahl: 504
Erscheinungstermin: 7. Juli 2022
Deutsch
Abmessung: 238mm x 173mm x 42mm
ISBN-13: 9783854457268