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KRYPTOGRAF – The Eldorado Spell

~ 2022 (Apollon Records) – Stil: Psychedelic Heavy Okkult Rock ~


Ein KRYPTOGRAF ist ein Gerät (oder ein Mensch) mit dessen Hilfe Informationen verschlüsselt werden. Enthält die Musik von KRYPTOGRAF verschlüsselte Botschaften? Im digitalen Zeitalter ist man ja nicht mehr auf Backward Messages beschränkt. Schließlich existiert ja auch die Verschlüsselung von Informationen in Bildern, auch Steganographie genannt, warum also nicht auch in Musik? Technisch sicherlich kein Problem, denn auch hier versteckt man nur Daten in Daten. Oder wird die Botschaft doch eher im Cover transportiert. Die Dynamik auf diesem würde es auf jeden Fall hergeben. Aber warum heutzutage noch Botschaften verstecken? Die Texte der Songs sind doch vermutlich okkult genug. Zumindest lassen Titel wie ´Asphodel´, ´Lucifer´s Hand´, oder ´When The Witches´ darauf schließen. (´Asphodel´ oder Asphodel Meadows, auf Deutsch der Asphodeliengrund, ist eine der drei Unterwelten in der griechischen Mythologie, in der die Toten als Schatten hausen, bevor sie sich irgendwann verflüchtigen.)

Aber das ist ja auch alles egal, denn es kommt auf die offensichtliche Botschaft in der Musik an und die ist zwar nicht neu, aber gerade aktuell bietet die Rückbesinnung in eine Zeit, in der das Motto „Make Love Not War“ lautete, einen Moment der Besinnlichkeit.

Diese Zeit dürften zwar selbst die Eltern der Musiker von KRYPTOGRAF kaum erlebt haben, aber vielleicht haben die vier norwegischen Jungspunde in den Plattenkisten ihrer Großeltern gewühlt und sich an den Werken von URIAH HEEP, JETHRO TULL, FLEETWOOD MAC, NAZARETH und ja, auch BLACK SABBATH berauscht. Oder aber die Antwort ist viel profaner und in ihrem Heimatort Bergen gibt es einen guten Oldie-Sender.

 

 

Tatsache bleibt auf jeden Fall, dass die Band mit den psychedelischen Elementen spielt, die den Rock der späten 60er und frühen 70er geprägt hat. Ein Paradebeispiel dafür ist eines meiner Lieblingsstücke auf dieser Scheibe mit dem Titel ´The Spiral´. Ein schleppendes Doom-Riff, verzerrte Gitarren und ein mit starkem Hall unterlegter Gesang. Das alles ist so Proto-Doom-mäßig, dass man, falls man nichts näheres über diese Band weiß, sich nicht darüber wundern würde, KRYPTOGRAF auf einem Konzertplakat aus dem Jahre 1972 als Vorband von z.B. PENTAGRAM wiederzufinden…oder aber umgekehrt. Das darauffolgende ´When The Witches´ hingegen betont mit seinem Gitarrenspiel die progressiv psychedelische Seite der Musik von KRYPTOGRAF und erinnert in einigen Momenten an URIAH HEEP um das Jahr 1972. Und um nun auch noch JETHRO TULL irgendwie unterzubringen, braucht man sich eigentlich nur das kurze instrumentale Interludium ´Wormwood´ anzuhören.

Ansonsten gibt es auch Stücke wie den Opener ´Asphodel´, der anfänglich von einem hart und trocken gespielten Riff dominiert wird, im Mittelteil auf progressiv folkigen Pfaden, inklusive eines zuckersüßen Chores, wandelt, aber insgesamt die rockige Seite von KRYPTOGRAF betont. Von ähnlichem Kaliber sind auch die nachfolgenden ´Cosmic Suicide´ und, wenngleich etwas düsterer, psychedelischer und härter, auch ´Lucifer’s Hand´. Treibend, aber aufgrund der recht sauber gespielten Twin-Gitarren auch durchaus beschwingt, entfaltet insbesondere ´Weeping Willow´ gekonnt eine unheimliche, um nicht zu sagen „okkulte“ Stimmung.

Das kurze auf einer Akustikgitarre gespielte ´Across The Creek´ beendet dann die erste Hälfte des Albums mit einer Gesamtspielzeit von etwas über 45 Minuten und geleitet den Hörer auf das Titelstück ´The Eldorado Spell´, welches das psychedelischste Stück dieses Albums ist und seine Wirkung nicht unwesentlich aus der im Hintergrund mit jazziger Schlagseite gespielten Trompete bezieht. Im Anschluss daran wird, wie bereits oben erwähnt, der psychedelische Aspekt der Stücke durch massive Doom-Riffs ergänzt, bevor die Scheibe mit dem gesanglich folkig verträumten ´The Well´ zum Ende kommt, welches mich an WISHBONE ASH zu Argus-Zeiten denken lässt.

Insgesamt also ein bunter Potpourri an Songs mit Einflüssen aus längst vergangenen Dekaden, obwohl die Band sich erst 2019 zusammenfand. Bei ´The Eldorado Spell´ handelt es sich im Übrigen, nach dem selbstbetitelten Debüt von 2020, erst um das zweites Album der Band.

Eine Besonderheit von KRYPTOGRAF offenbart sich bereits beim Opener. Bis auf den Bassisten betätigen sich nämlich alle Musiker mehr oder weniger gleichzeitig als Sänger, was naturgemäß bei den gelungenen Chören besonders zu Tage tritt.

Wenn man sich auf diesen zugegebenermaßen etwas wilden Ritt einlässt, so wird man wirklich gut unterhalten. Also ich wurde und werde. Deshalb auch von mir

(8.5 Punkte)

 

 

Über das in der Heimatstadt von KRYPTOGRAF ansässige Label „Apollon Records“, oder über die ebenfalls unten angegebene Bandcamp-Seite der Band, kann eine CD, oder wahlweise eine in weißem oder gelbem Vinyl und jeweils auf 375 Exemplare limitierte LP, oder die reguläre LP in schwarzem Vinyl erworben werden.

KRYPTOGRAF sind:
Vegard Strand – Gitarre/Gesang
Odd Erlend Mikkelsen – Gitarre/Gesang
Eirik Arntsen – Schlagzeug/Gesang
Eivind Standal Moen – Bass

 

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https://kryptograf.bandcamp.com/album/the-eldorado-spell
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