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SATIN WHITE – Not Grayed At All

~ 2021 (Eigenproduktion) – Stil: Independent Rock ~


Das sind so diese speziellen Tage, wenn du dich gezwungen fühlst, ein Album ohne eigenes Verschulden dreimal am Stück zu hören. Erstmal nebenher, um zu wissen, was lange verschollen geglaubte Szeneköpfe heutzutage so treiben, dann weil man so überrascht von dem ist, was man gerade gehört hat und danach, weil man einfach mehr will. Es ist wie ein wunderbarer Traum in einer dieser herrlichen Nights In White Satin, aus denen du rundum glücklich aufwachst und dich danach sehnst, ihn nochmal oder ähnlich zu träumen.

Träume von Musik, die mehr als Metal ist ausserhalb gängiger Strukturen und enger Grenzen – so wie es LUNAR SHADOW, UNTO OTHERS und auch später diesen Jahres LORD VIGO tun. Doch SATIN WHITE bewegen sich noch viel freier und weiter vom Metal weg. Besonders traumhaft erweist sich die Tatsache, dass hinter diesem Werk als Sänger und Multiinstrumentalist ein alter Bekannter namens Carsten Kettering (ex-MEN OF WAR, ex-IVORY NIGHT, ex-ROSS THE BOSS) und an Gitarren und Backings Frank Schnitzer stecken und wenn wahre, harte Metaller auf neuen Wegen wandeln, dann kann man eine Überraschung erwarten. Versteht mich nicht falsch – I don’t like Metal, I love it… aber es gibt eben daneben auch vieles andere, was es wert ist, gehört zu werden.

 

 

Hierbei kommen mir gelegentlich neben dem entspannt Pop-Rockigen Feeling von POEMS FOR LAYLA unweigerlich die famosen NEW MODEL ARMY (´Wonderland´ & ´Like Anyone´) als auch spätere SKYCLAD (´I Feel Alive´ & ´Daydreamer´) in den Sinn, die beide voneinander auch aufgrund der sozialkritischen Texte nicht untrennbar weit voneinander entfernt musizieren.

Selbstverständlich gibt es lediglich Fragmente dieser Bands bzw. ihrer Stimmung zu entdecken, denn der Traum geht noch viel weiter… sogenannter „Funpunk“ bildet die Brücke von den RAMONES zu rockendem Britpop bei ´I’ll Be Here´, eine Postpunkversion der Syd Barrett PINK FLOYDs ruft euch ´Come On´ mit diesem intensiven, tiefen Gesang zu und endet wahrhaft episch und der ´Daydreamer´ schrammelt beinahe hitverdächtig luftig-locker durch eure Hirnwindungen. Das wunderbar atmosphärisch-ruhig beginnende ´Cry, Children´ bleibt schon beinahe als Indie-Hymne mit fantastischen Gitarren (die übrigens durchgehend einfallsreich, stimmungsvoll und songdienlich brillieren) im Ohr, es funkt und groovt dir ein MINDFUNK mit ´Heading For The Night´, ´Abused´ streift beinahe schon LACRIMOSA-Gefilde – natürlich mit weitaus angenehmerem Gesang, der über das komplette Album grösstenteils entspannt jedoch durchaus Akzente setzen kann.

´Come And Go´ entfacht den Traum von vergessenen DURAN DURAN Demos (wer mich und meine Faibles kennt weiss, dass dieser hinkende Vergleich ein Riesenkompliment darstellt), als diese in einer Parallelwelt zunächst Gitarrenrock statt New Wave machen wollten, bevor abermals ein epischer Refrain übernimmt. Zum Abschluss zieht ´A.I.´ nochmal alle Register inklusive versteckter 80er RUSH Sequenzen. Der Sound kommt ein wenig bassbetont sehr direkt aus den Boxen, geht aber absolut in Ordnung, Carsten ist ja immerhin in erster Linie Bassist (muahahaha – sorry, dieser Schenkelklopfer musste sein). SATIN WHITE lieben euch, denn auf Bandcamp hatten sie bereits zum Feste verschiedene Pakete geschnürt mit drei Bonustracks und verschiedensten Gimmicks für jeden Geldbeutel. Da soll nochmal jemand maulen, man könne seine Taler nur für überteuertes Vinyl raushauen.

Wieder einmal ein herrliches Plädoyer dafür, daß man sich niemals auf eine Musikrichtung limitieren und seinem Herzen folgen sollte, denn das ist es: Ein intensives, positives Herzensalbum, auf dem es unglaublich viel zu entdecken gibt und welches dir gerade in diesen Zeiten beim Hören mehr Power zurückgibt, als mancher wahr-metallische Schnellzug.

 

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