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GRAVETY – Bow Down

~ 2021 (Metal on Metal Records) – Stil: Epic Heavy Metal ~


Ah, ah, ah, einen Scheißdreck werde ich. Bin doch kein Bückling. Seite an Seite mit Euch Warriors marschiere ich gerne, ab in die Schlacht, die allerletzte, bei der sich Eisriesen und Asgards Götterelite gegenseitig die Rüben wegfräsen, während wir in Leder, Jeans und Shirts gewandet den Posern den Garaus machen. Woll?

Auch wenn ich jetzt gehässig sein könnte, wegen des Vornamens, aber der Kevin, den GRAVETY da an Bord haben, scheint eine Ausnahme zu sein und das mit dem Namen verbundene Klischee ad absurdum zu führen. Denn er hat mit seinem heroischen, mittelhoch angerauten Gesang hier einen entscheidenden Anteil daran, dass GRAVETY mit ihrem Epic Heldenmetal bei mir landen können. Obschon die Gitarrenfraktion sich auch ordentlich macht. Schön rau gespielt, mit wenig Schnörkeln und viel Dreck in der Zerre, dafür aber auch mit so manchem Solo, welches unter die Haut und direkt in die brennende Seele geht.

GRAVETY sind natürlich Heavy Metal, epische Kante dazu, durch und durch. Sie können mit solch ruppigen Portugiesen wie IRONSWORD und RAVENSIRE auf eine Stufe gestellt werden. Hymnische Gesangspassagen sind ihnen wichtig, aber der Kitsch, den manche Kapelle im Epicmetalbereich sich da auf die Fahne schreibt, geht ihnen zum größten Teil ab. Sie halten die Waage recht gut, was bodenständige Metalattitüde und den erzählerischen Aspekt mit größten Gesten angeht. Dabei kommen dann solche Monstersongs wie ´Tower Of Ghenjei´ raus, die viele flott galoppierende Heavy Metal-Momente, schon fast kriminell pompöse, aber mitreißende Refrains und ruhige, tatsächlich epische Momente von höchsten Gnaden vereint, tolle Gitarrenmelodien mit Wohlfühlgarantie für jeden Headbanger und gewaltiges Charisma offenbart.

Wäre es eigentlich gemein, die Band als grantige, böse Brüder von ATLANTEAN KODEX darzustellen? Ja, schon, weil GRAVETY sich auch ganz alleine behaupten können. Sogar schöne, halbballadeske Einlagen kommen vor und man erfreut sich wieder und wieder an diesen Gesangsmelodien mit einem Zauber nicht von dieser Welt.

Wenn ich manchmal auch denke, dass bei all den NWOTHM-Bands da draußen kaum mehr so richtig geiler Stoff dabei ist, für den ich mein Portemonnaie zücken möchte, Bands wie GRAVETY oder die Portugiesen HELLSPIKE überzeugen mich immer wieder, es doch zu tun. Trendfrei, mainstreamresistent, kompetent und leidenschaftlich, so spielen sie ihren traditionellen, wohlvertraut klingenden und doch erfrischenden Heavy Metal.

(8,5 Punkte)

Sir Lord Doom

 

 

Jah, jah, jah, da muss ich unserem Lord doch ohne murren und knurren obeyen und beipflichten. Auch ich bin kein Wurm. Der Kodex beginnt zu wackeln und zu zittern. Verneigt euch! Senkt eure Häupter und werdet zu Kindern des Grabes!

Auch wenn Ralf Moeller die dicken Muskeln des einzig wahren, fleischgewordenen steirischen Eichen-Conans nicht ausfüllen konnte, heißt das nicht, dass aus Germanien bzw. seinem kleinsten Bundesland nahe zum altehrwürdigen, legendären Burgunderreiche nicht ein heißer Anwärter im ewigwährenden Streit um den Thron des Epic Metal kommen kann.

Durch einen kräftigen Schluck aus dem großen Kessel des thrashenden Powerdoomes 2012 erwuchs das erste Lang-Epos ´Into The Grave´ und ließ nunmehr neun Jahre später einen gar mächtigen Krieger reifen – gestählt am Rad des Schmerzes, entronnen dem Baum des Leides – der die Schmiedekunst des glänzenden Edelstahls nun endgültig perfektioniert hat und die ungestümen Pfade auf der Suche nach dem Geheimnis des Stahles verlassen hat.

Wir freuen uns diebisch und verraten dem Recken nicht, dass er unbewusst des Rätsels Lösung mit seinem aktuellen Werk ´Bow Down´ nebenher bereits gelöst hat und das weitgehend ohne in den übermächtigen Schuh des MANIWAR schlüpfen zu wollen. Natürlich greifen GRAVETY auf die Genre-obligatorischen königlich-metallischen Galoppelrhythmen von Drums und Riffs zurück, die damals der Vater und seine Söhne The Fierce, The Black und The Wicked ersonnen.

Die Dramatik der Melodien wandelt jedoch besonders durch Kevins unvergleichliche Stimme und die oft klaren Gesangslinien zeitweise eher im Universum der flotteren WHILE HEAVEN WEPT, wobei die Trauer dem festen, zuversichtlichen Griff um das Schwert weicht. Unterstützend dazu erzählen die elektrischen Äxte ihrerseits melodisch von sagenumwobenen Mythen, anstatt sich planlos umherschreiend und hackend im Schlachtengetümmel zu verlieren, wie manch‘ übereifriger Gegner, der letztendlich sein unbedeutendes Blut mit dem letzten Atemzug in der Erde versickern sah.

Diese Scheibe läuft mir rein wie eine Flasche feinsten Burgunderweines und lässt die einstigen Reisen in atlanteanische Gefilde als nette Urlaubserinnerungen verblassen. Dazu erweist sich das storytragende Video zum Signature-Song ´Carry On The Flame´ – der übrigens eine tiefe Verbeugung vor Mark Shelton (R.I.P.) und dem Schaffen von MANILLA ROAD darstellt – von den sagenumwobenen WitchHunt Pictures abermals als Augenschmaus, von dem 96,66% aller Bands nur träumen können.

Mein persönliches Heldenepos 2021. Wer nicht gerade abgeschottet von der Erdenscheibe sein elendes Dasein in den Minen von Moria fristet, trägt fortan den Namen GRAVETY eingebrannt in seiner Brust und bewahrt sie auf der Liste der Bands auf kommenden, wahrhaften Festivals. In diesem speziellen Genre geht kaum mehr und halbe Schwerter taugen nichts, also öffne ich meine Waffenkammer und verleihe

(Neune)

Less Lessmeister

 

An eurer Seite kämpfen:
Kevin Portz – Gesang
Philipp Albert – Gitarre
Gernot Gebhard – Gitarre
Simon Schmitt – Bass
Lukas Didion – Schlagzeug