PlattenkritikenPressfrisch

KARIBOW – Age Of Amber

~ 2021 (Independent) – Stil: (Prog) Rock ~


 

Viele Musiker wurden erst im Seuchenjahr 2020 so richtig aktiv. Andere wie KARIBOWs Oliver Rüsing stehen konstant unter Strom. Dass bis zur aktuellen Veröffentlichung von ´Age Of Amber´ dennoch drei Jahre seit dem letzten regulären Studioalbum ´MOnuMENTO´ vergehen mussten, liegt an dem Arbeitseifer des Selfmade-Proggers Oliver Rüsing, der unterdessen sogar seine frühen Werke ´Supernatural Foe´ und ´Three Times Deeper´ neu eingespielt hat.

´Age Of Amber´ führt bereits beim Anblick des Coverartworks in die Welt des Bernsteins, dem seit Urzeiten eine lindernde Heilwirkung nachgesagt wird. Seine Strahlkraft soll uns zudem Harmonie und Glückseligkeit schenken. Und KARIBOW, unter der Ägide von Multiinstrumentalist Oliver Rüsing (Gesang, Gitarren, Drums, Bass, Piano, Keyboards), beschenkt seine eingeschworene Hörerschaft mit einem weiteren Doppel-Album und einem losen Konzept über eine Spielzeit von 110 Minuten hinweg.

 

 

KARIBOW preist in der siebenminütigen Eröffnung ´Bodhisattva´ sogleich die Herrlichkeit zum Frohgemut, zum Mitsingen und zum Mitpfeifen an („Glorious  …“). Gast-Gitarrist Philipp Dauenhauer veredelt den Song, wie auch das feurig schnelle, prägnant kurze und völlig enthusiastische ´Wrecked B.I.L.´, mit einem seiner Soli. Das gerne zart und von Oliver Rüsing früher oder später tiefer gesungene ´Secret Birth Of Something New´ nimmt den Hörer hernach spätestens mit seinem aufkommenden Elan gefangen. Einen seiner vielen Saxofon-Auftritte hat Andy Pendant in ´Nations´, das mit seinen zwei, kurzerhand deutsch gesungenen Verszeilen in die Nähe von TRAUMHAUS rückt. Die Power-Ballade ´Flawless´ fordert ein Duett von Oliver Rüsing und Nic Koray heraus. Aber echte und sentimentale Gefühle entstehen erst mit Klavier und Streichern in ´When The Air Stands Still´, die aufgerüttelt allerdings gleichfalls in ´Falling Apart At The Seams´ aufkommen. Das elfminütige Finale des ersten Streichs läutet ´The Animal´ ein, in dem KARIBOW durch die Gäste Joe Cairney (COMEDY OF ERRORS, GRAND TOUR) und Philip Stuckey (STUCKFISH) am Mikrofon unterstützt wird.

Das achtminütige ´Making Amber´ entfacht wie sein Pendant auf dem ersten Silberling wieder das Feuer des progressiv gefütterten Rock („… in amber.“). Anschließend spielt Dave Bainbridge (IONA, THE STRAWBS, LIFESIGNS) in ´Counting Clouds´ die Athmo-Gitarre. Die Perkussion frohlocken in ´Renaissance´ und die seelische Regung in der großen Ballade ´Camouflage´. Mit gemeinsamen Kräften lassen KARIBOW sowie Sängerin Monique van der Kolk (MAYBE VIOLET, ex-HARVEST) und Sänger Jean Pageau (MYSTERY) ´Sinking In Time´ erbeben. Das Finale des zweiten Streichs setzt das viergeteilte und 23-minütige ´Ambrosia´. Der erste (´Your Heavenly Words´) und zweite Akt (´Sibling Of The Moon´) wird gesanglich von André Saint (GRACE AND FIRE) unterstützt. Im Anschluss an Akt 3 (´Sibling Of The Dawn´) und Akt 4 (´Helios´) stellt sich plötzlich in diesem erneut großartigen Werk die Frage: kein Licht? – kein Ambrosia? – noch ’n Gedicht (von Oliver)?

 

 

In einer Welt voll Eitelkeit, da macht alsbald sich Unglück breit
wenn Wenige nach all den Jahren noch Frieden mit den Göttern wahren.
Des Sonnenkönigs heil’ge Pferde zieh’n fort vom Himmel und der Erde.
Bald sagt der Mond: „Ich brauch‘ dein Licht.“
Die Dämm’rung spricht: „Verlass‘ mich nicht.“
Doch Übermut auf allen Seiten lässt Helios ins Dunkel reiten,
denn der Ambrosie gilt Stärke mehr als die menschlichen Gewerke.
Der stolze Mensch, die Welt besiegt, im Schatten itzt darniederliegt.
Statt aufrecht sind nun Jung und Alt still …und kalt.

 

(8 Punkte)

 

https://www.facebook.com/Age.of.Amber/