BLANK MANUSKRIPT – Krásná Hora
~ 2019 (Independent/Just For Kicks Music) – Stil: Avantgarde Rock ~
Am dreizehnten Tag schuf Gott den Musiker, am vierzehnten das Konzeptalbum, von dem sich die Musiker von BLANK MANUSKRIPT nicht abbringen lassen. Das erste Werk, ´Tales From An Island – Impressions From Rapa Nui´ (2008), schilderte eine Liebesgeschichte in einer Gesellschaftssituation der Osterinseln. Ebenfalls fiktiv die Handlung der EP ´A Profound Path´ (2013) sowie des Nachfolgers ´The Waiting Soldier´ (2015) über menschlichen Identitätsverlust im Gestern und Heute.
´Krásná Hora´ untersucht in einem Sozialexperiment den Mensch unter Menschen, in einem Zeitalter der totalen Vernetzung und der Abkapselung des einzelnen Individuums. Die Divergenz zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft wird immer größer. Und BLANK MANUSKRIPT instrumentieren die schaurigsten Erzählungen: über ein lebendiges Baby im toten Mutterleib (´Embryo´), angsteinflößende Kindes-Phobien in der Dunkelheit (´Achluphobia´), über den Kampf Jugendlicher zwischen den Werten der Alten und den Idealen der Jungen (´Pressure Of Pride´), den Verlust von Gemeinsamkeiten innerhalb einer Beziehung (´Shared Isolation´), die Einbuße der eigenen Identität beim Verschmelzen mit der Gesellschaft (´Alone At The Institution´) und das Ende des Lebens (´Silent Departure´) sowie die Trennung aller sozialen Kontakte beim Übertritt ins Jenseits (´The Last Journey´).
Eigene Grenzen setzen sich BLANK MANUSKRIPT scheinbar weder im Konzept – zur Vorbereitung trafen sie sich zu Sessions auf einem tschechischen Bauernhof und gingen den sozialen, menschlichen Faktoren auf den Grund – noch in der musikalischen Ausführung. Schwer schwingend rufen sie die Jünger von BLACK SABBATH auf die Fährte, doch Bläser tragen die Musik schnell in Richtung des Canterbury-Prog, die heimischen Vorbilder NOOM nicht vergessend. Verhallend im Gesang, leichtfüßig im Artrock. Träumerisch, aber bisweilen traumhaft schön. Zu Guten Abend, Gute Nacht wacht die Formation auf und überrascht mit Indie Noise Pop zum Chorgesang und dem Übergang in ein trommelndes Orchester. Bläser rufen, Flöten sprechen und kündigen Prog Rock mit allem Drum und Dran, sowie PINK FLOYD an. Saxofon-Solo im Angesicht des feurigen Instrumentariums, die Geigen-Striche stürmen zur Beruhigung herbei. Ambient- und Kammermusik bieten die Herrschaften gleichfalls auf. All dies verbindet der avantgardistische Ansatz, der sich unverbraucht und neoterisch zeigt.
(8 Punkte)