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GENE VINCENT – We Sure Miss You

~ 2021 (Bear Family) – Stil: Rock’n’Roll ~


Vincent Eugene Craddock, besser bekannt als Gene Vincent, wuchs mit Country, Rhythm & Blues, Gospel und Beethoven auf. Mit 17 brach er die Schule ab und ging zur Navy. Infolge eines bis heute ominösen Motorrad-Unfalls im Juli 1955 konnte zwar sein linkes Bein gerettet werden, aber er musste an diesem fortan eine Stahlummantelung tragen und kämpfte sein Leben lang mit Schmerzen.

Im September kam Elvis Presley nach Norfolk, ein einschneidendes Erlebnis für den jungen Vincent. Er wurde aus der Navy entlassen und gründete unter dem Namen Gene Vincent and His Blue Caps eine Rockabilly-Band. Sein großer Hit ´Be-Bop-A-Lula´ aus 1956 war anfangs sogar nur die B-Seite seiner ersten Single, erzielte aber durch Radiostationen die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Es folgten weitere, zahlreiche Ohrwürmer. Als er aufgrund eines Streits mit den US-amerikanischen Steuerbehörden 1959 Richtung England aufbrach, schien sein Stern zu sinken.

 

Doch in einer TV-Show trat er am 15. Dezember 1959 stilprägend ganz in Leder und mit Handschuhen auf. Aufgrund seiner einzigartigen Bewegungen um den Mikrofonständer, die durch die Einschränkungen seines Beines zustande kamen, nannte man ihn den „Cat Man“. Für die Teddy-Boy-Bewegung wurde er zum großen Idol.

Auf einer weiteren Tournee durch England saß er am 16. April 1960 bei einem Unfall mit der Rockabilly-Legende Eddie Cochran und der Songwriterin Sharon Sheeley im Taxi. Vincent brach sich die Rippen und verletzte sich erneut an seinem Bein, Sharon Sheeley erlitt einen Beckenbruch und Eddie Cochran erlag am nächsten Tag seinen Verletzungen, nachdem er aus dem Auto geschleudert wurde. Gene Vincent komponierte allerdings weiter und ging immer wieder auf Tour. 1962 stand er mit den BEATLES auf einem Billing in Hamburg. Er tourte 1963 mit den OUTLAWS und deren Gitarristen Ritchie Blackmore in Großbritannien. Am 12. Oktober 1971 starb er an einer Kombination aus einem geplatzten Geschwür, inneren Blutungen und Herzversagen. Er wurde nur 36 Jahre alt.

Gene Vincent hatte zwischen 1956 und 1961 allein in den britischen Top 40 acht Songs geparkt. Sein Einfluss auf die internationale, aber besonders auf die britische Musik-Szene war immens. Seine Bühnenauftritte waren Vorbild für unzählige Punkrocker. Er wurde in die Rock and Roll Hall of Fame und die Rockabilly Hall of Fame aufgenommen und allein durch den 1956er Spielfilm „The Girl Can’t Help It“ (dtsch. „Schlagerpiraten“) in jedem Wohnzimmer bekannt.

Seine Fans lieben den wegweisenden Rockabilly-Musiker bis heute wie einen Gott des Rock & Roll. Daher legen „Bear Family Records“ zum 50. Todestag eine besondere Kompilation auf. Auf einer 10-inch werden zwölf seiner Hits präsentiert, unter anderen ´Well, I Knocked Bim Bam´, ´Bluejean Bop´, Dance To The Bop´ und natürlich ´Be-Bop-A-Lula´. Doch die Feier hört anschließend nicht auf. Während der Anhänger im großformatigen und reichlich bebilderten Booklet blättert und die Mega-Autogramm-Postkarte betrachtet, läuft im CD-Player der ebenfalls beigefügte Silberling mit den zwölf Hits der 10-inch und weiteren 22 Höhepunkten, also insgesamt mit 34 Liedern aus Gene Vincents Schaffen. Ja, da kann schon mal ein Tränchen die Backe hinunterlaufen, wenn ´We Sure Miss You´ in den Händen gehalten wird und aus den Boxen wummert.

 

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