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THE LIMIT – Caveman Logic

~ 2021 (Svart Records) – Stil: Heavy Rock/Rock`n´Roll/Punk ~


Ich habe mich letztens noch mit einem Freund über Bobby Liebling unterhalten. Wo ist der abgeblieben? Zwischen 2009 und 2016 war alles echt cool und Bobby viel mit PENTAGRAM unterwegs, dreimal hab ich sie in dem Zeitraum gesehen. War immer saugut. Dann der Rückfall ins alte Leben, privater Absturz, Knast. Geht uns nichts an, ist aber schade zu sehen, wenn ein Kultmusiker, dessen Fan man ist, nach einem guten Aufstieg wieder so einen Bauchplatzscher hinlegt. Ich mag Bobby als Sänger halt.

Und dann seh ich einen Artikel, der genau die gleiche Frage stellt wie ich. Und ja, Bobby ist aus dem Knast seit 2019 und es geht ihm gut. Und er macht neue Musik. 2021 erscheint eine neue Platte mit ihm, zusammen mit Sonny Vincent, u.a. von den US Punks THE TESTORS aus den 70ern bekannt, dazu Jimmy Recca, der in den 70ern bei den STOOGES und mit ehemaligen Mitgliedern gespielt hat, sowie den beiden DAWNRIDER (Doom aus Portugal) Recken Hugo Conim und Joao Pedro Ventura. Ein Werk von drei Endsechzigern mit einem Elan, der die meisten jungen Pop-Punks komplett wegbläst und zwei relativen Jungspunden mit alter Seele.

Geboten wird ein punkiger Heavy Rock, der besonders von Bobby Lieblings mittelhoher, eindringlicher Stimme lebt. Ein wenig doomy ist die Stimmung von Zeit zu Zeit, aber eigentlich drücken die beiden gut auf die Tube. So kommen alle Einflüsse auf den Tisch, die man damals sammeln konnte und werden zu einem wilden Rock‘n‘Roll komprimiert, der stilistisch zwar das Rad ein ebensolches bleiben lässt, aber den abgewetzten Reifen austauscht, hier und da die Schrauben wieder anzieht und auch auf neue Radlager baut, damit alles rund läuft. Nach dem krawalligen Opener ´Over Rover´ geht es mit dem treibenden, aber von den Melodien her sehr melancholischen Rocker ´Black Sea´ weiter und irgendwie sind die Strukturen und Abläufe, die Art, wie die Gitarrensoli inszeniert werden und natürlich die Attitüde, einem vertraut.

Aber dennoch bleibt alles kleben, weil da eben Bobby Liebling singt und seine einzigartige Stimme dich verzaubert. Oder nicht. Auch ´These Days´ ist so ein Punk-/Indie-/Heavy Rock-Mix, der irgendwo vor 30 Jahren aufgehört hat, innovativ zu sein. Aber es ist ein Song, der direkt ins Herz geht. Was 1992 die großartigen SOCIAL DISTORTION waren, das sind 2021 THE LIMIT. Ehrlicher, gefühlsintensiver Power Rock‘n‘Roll. Elemente von Rockabilly, Surf Rock und Psychobilly sind den beiden Wildfängen nicht fremd und so ist Abwechslung durchaus gegeben. Sie lassen einfach mal. ´Human vs Nature´ ist dieser Song, bei dem nicht Bobby Liebling singt, wie ich erschrocken feststelle. Aber warum erschrocken? Cooler, rotziger Gesang wird geboten, wer auch immer da singt, ich hab irgendwie keine Infos vorliegen und im Netz nicht wirklich was entdecken können. ´Fleeting Thoughts´ ist dann Hardrock, simpler, aber packender Hardrock. Entspannt, gerade im unaufgeregten Refrain, dennoch intensiv und wieder einprägsam.

Große Gesten sucht man hier und findet sie versteckt in den Arrangements, gerade bei der Gitarrenarbeit. Liebling beschwört schlichtweg nur alle alten Geister und Dämonen, die ihn und die Rock‘n‘Roll-Welt seit jeher heimsuchen, aber auch den Glauben daran, dass der Rock‘n‘Roll noch lange nicht am Ende ist. Gut so. Im grandios rockenden Mid-Tempo-Titelsong raubt er dir schlichtweg die Sinne, während der relaxte Heavy Rock mit einigen Intensitätsausbrüchen dir den Schwur ewiger Treue zu dieser Musik abringt.

Ich las, dass viele Momente auf diesem Album an THE TESTORS erinnern, dem kann ich nichts entgegnen, da ich da noch eine Lücke hab. Darf man, selbst als Musikliebhaber. Ich freue mich lieber daran, dass THE LIMIT fetten Heavy Rock‘n‘Roll auffahren, der traditionell, old fashioned und immer wieder erschreckend jugendlich mitreißend daherkommt. Auch wenn „Sir Lancelot“ bei aller Eingängigkeit und Einprägsamkeit auch nur den bewährten Mustern folgt.

Ich will aber diese Band nicht runterwürdigen. Ehrlich gesagt ist das hier einfach grandios für mich, weil ich und nur ich mich damit wirklich wohl fühle. Zuletzt hatte ich das wirklich bei ´Somewhere Between Heaven And Hell´ von SOCIAL DISTORTION. Punkrock/Heavy Rock‘n‘Roll muss eben Seele haben, eine eigene Seele. Dann ist alles gut.

Ich kann hier stundenlang mit Namedropping hantieren, aber das nützt nichts. Fakt ist, das Geld für dieses Album, Vinyl bei mir, hat sich gelohnt. Und wenn THE LIMIT dann mit ´When Life Gets Scorched´ noch aus dem Punk in den Post-Punk driften und wieder zurück, können sie nur gewinnen. Das Gute hier ist, sie klingen kaum neuer als 1992 und doch rotzig, unangepasst und wütend wie 20-jährige Straßenrocker. Hier dampft und glüht alles, inklusive Bobby Liebling.

Braucht man diese Platte? Braucht man überhaupt noch irgendeine Platte, die nicht komplett neue Musik bringt? Braucht einer ATLANTEAN KODEX, ENFORCER, KK‘S PRIEST? Wenn man sich mit der Musik wirklich gut und glücklich und ausgelassen fühlt, dann braucht man das und ich fühle mich so. Wird die Band damit reich und berühmt? Ich wünsche es ihnen.  Ab dafür, one, two, one, two, f…you.

(9 Punkte)

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