Livehaftig

HUNTER & TRANCE Double Release Show

~ Mannheim, 7er Club, 06. August 2021 ~


Wir können uns wirklich glücklich schätzen.

Ein Großteil der Mittelmeeranrainer leidet unter einer Hitzewelle mit Feuersbrünsten in apokalyptischen Ausmaßen. Gut anderthalb Autostunden von hier wurden ganze Orte von einer Flutwelle hinweggespült. Mit den Orten wurden Leben und Existenzen vernichtet. Einige unserer europäischen Nachbarn kämpfen schon wieder mit steigenden Fallzahlen. Selbst bei uns schauen manche schon wieder verunsichert auf die Inzidenzen. Da weiß man, dass man nichts weiß. 

Doch dazwischen entwickelt sich unser 7er zur Insel der Glückseligen. Hier kommen heute zusammen lokale Helden und ihre Fans. Da sind TRANCE, Pfälzer Urgesteine, wenn auch nur noch mit zwei Originalmitgliedern. Dazu kommen die „Söhne Mannheims“ von HUNTER, die heute ihr erstes Konzert spielen, nach 32 Jahren Bandpause.

Gestern Abend war ich noch kurz irritiert. Ein Post bei Facebook von der letzten Bandprobe der Jäger, doch da war nicht der Sänger zu sehen, den ich kürzlich beim Besuch im Proberaum erleben durfte. Heute wird es gewiss. HUNTER haben einen neuen Frontmann. Christian Haas, auch als „Keule“ bekannt, hat sich in vier Bandproben das heutige Programm draufgeschafft. Warum Rusty Wayman ausgestiegen ist, fast spurlos verschwunden gar, man weiß es nicht. Sicher ist, die Show stand auf der Kippe. Ich werde unten nochmals kurz darauf zurückkommen, erst einmal geht es um die Show heute.

                  

Pünktlich wie gewohnt meldet sich Gastgeber Fish, um uns zu begrüßen und kurz später startet auch schon das Intro.  Und danach geht es auch gleich los. ´Call Me What You Want´, ´Way To Nowhere´, ohne Kompromisse rocken sich die Monnemer Jungs (mit Landauer Unterstützung) durch ihr neues Album. Keule, der Mann am Mikro, im 7er vor allem bekannt durch AC/ID, mit denen er hier regelmäßig den Laden rockt, macht einen sehr guten Job. Obwohl die HUNTER-Songs live schon eine heftige AC/DC-Schlagseite haben, singt er eben nicht diesen Stil. Er macht das Beste aus der Lage, imitiert nicht Rusty, den Interpreten auf dem Album ´The Return´, macht nicht auf Bon oder Brian. Damit fährt er verdammt gut.

So geht es durch das fast komplette aktuelle Album, neun von elf Tracks hiervon stehen in der Setlist. Es kommt dann auch sonst, wie es kommen muss, Mitsingspiele, die ersten Haare fliegen. Die ersten Fans recken die Fäuste. ´The Wheels Turn On´, sozusagen. Allerdings drehen sie dann auch kurz darauf durch. Mr. Brandy ist schon ein hervorragender Gitarrist, aber muss in der heutigen Zeit noch ein Gitarrensolo sein? Da sackt, ganz kurz nur, die Stimmung. Aber, ´Watch Out For Metal´, und gleich steigt der Stimmungspegel wieder. Darauf die erste Überraschung. Mit ´Black Hole´ wird ein Stück des Debüts aktiviert, mit dem ich eher nicht gerechnet hätte. Ein starkes Instrumental mit richtig geilen Leads, da hätte es im Nachgang das Solo tatsächlich nicht gebraucht.

Mit ´Talk Of The Town´ folgt die erste Single und ´Celebration Time´ markiert das vorläufige Finale. Doch die Zugaberufe des ausverkauften 7ers sind zu laut um überhört zu werden. So betreten Keule, Steven Brandy, T.H., Jay Youngblood und Mosh Herrmann noch einmal die Bühne. Als Zugabe gibt es einen zweiten Track vom Debüt. ´Crusaders Of Hell´ bringt eine Note Epik ins Set der Jäger. Die lassen sich nochmal richtig abfeiern. So freuen sich HUNTER sicher schon auf die Wiederholung. Am 17. Oktober gibt es an gleicher Stelle ein Zusatzkonzert, natürlich auch wieder mit den Kumpels von TRANCE.

Die sind nach einer kurzen Getränkehol- und Wegbring-Pause auf der Bühne. Die Urgesteine um die verbliebenen Urmitglieder Markus Berger (Gitarre) und Thomas Klein (Bass) haben mit ´Metal Forces´ mal einen richtigen Hammer in die Plattenläden gehievt. Es sind heute hier einige Stimmen zu hören, die das aktuelle Werk jetzt schon in den Jahresbestenlisten verorten. So stark die Scheibe auch ist, auf eines kann sie den Hörer nicht vorbereiten. Was der aktuelle Sänger Nick Holleman auf der Bühne abzieht, es ist kaum mit Worten zu beschreiben. Ein Dopsball, eine Flipperkugel auf Speed, Nick springt und tobt, singt und schreit. Manche Schreie hält er so lang, mir würde da wohl die Luft ausgehen. Gut, dass der Sangesgott aus Breda so viel Luft hat. Blau angelaufen wäre er wohl weniger ansehnlich und noch weniger gut zu hören.

              

Auch hier ab es noch einen kurzfristigen Wechsel. Gitarrist Joris van Rooij ist kurz nach Erscheinen des Albums ausgestiegen. So ist Kalli Coldsmith zur Stelle. Der kennt die neuen Stücke sowieso, war er doch für die Produktion zuständig. Dass Hans Dampf in allen Gassen Neudi an den Drums sitzt, sozusagen der Bulldozer an den Kesseln ist, dürfte sich ja in den letzten Jahren herumgesprochen haben.

Mit fünf  „alten“ Gassenhauern bringt die Truppe das Volk erstmal auf Betriebstemperatur. Die ´Heavy Metal Queen´ entwickelt sich zur ´Sensation´, ´We Are The Revolution´ wird ausgerufen. Zu ´Break Out´ wird ein kleines Dankeschön ausgesprochen an die Kollegen des gleichnamigen Presseerzeugnisses. Nach ´Confession´ folgen dann Auszüge des aktuellen Albums. 

´Death Machine´ bekommt ein paar Mitsingspielchen spendiert. Auch das folgende ´The Fighter´ beweist, das neue Material steht den Klassikern in nichts nach. So geht es Schlag auf Schlag. Alte Hits und neue Hits, die Stimmung nähert sich dem Siedepunkt. Alle Arme gehen nach oben. Ich kann mir vorstellen, der Blick von der Bühne sieht fast so aus, wie in normalen Zeiten. Bis in die letzten Tischen wird gebangt, gesungen und gefeiert. Jeder feiert seine Highlights, selbst von Altfans gibt es keine Meldung, ihnen würden wichtige Lieder fehlen. So wird gefeiert, etwa ´As Long As I Live´. ´Storm And Thunder´ fegt über die Köpfe des Publikums hinweg, trotz klarem Himmels. Mit ´Loser´ folgt noch ein Höhepunkt des Debüts, ´Shock Power´ beendet vorerst das Set.

Jubel, Applaus, Zugaberufe, die Reaktionen an den Tischen sind überwältigend. Bei dieser Lautstärke lässt sich keine Band lange bitten. So kehren TRANCE zum Encore zurück. ´Baby Child´, eines der schönsten Lieder des Debüts und ´Live & Heavy´ vom 2017er ´The Loser Strikes Back´ runden den Abend ab. Dass das Personal vom 7er rumgeht, die Leute erinnert, sitzen zu bleiben, senkt kaum den Pegel. 

So geht ein spannender Abend zu Ende. Natürlich sind Autogrammjäger, Selfieknipser und Merchkäufer noch eine weile beschäftigt. Bei TRANCE steht der Plattenfirmenboss persönlich am Stand. Er wirkt erfreut, mit beiden Bands einen guten Griff getan zu haben. Wenn ich die Verkäufe hier beobachte, da geht einiges über den Tisch. Auch der TRANCEsche Backkatalog wird von den anwesenden Fans komplettiert. Natürlich werden auch Verabredungen getroffen, für die nächsten Konzerte und vor allem auch für den Zusatztermin im Oktober.

 

 

Noch einmal zurück zu Rusty Wayman, dem Sänger von HUNTER. Plötzlich, aus heiterem Himmel war er weg. Einfach so. Unauffindbar. Neue Telefonnummer, die Wohnung verlassen, der Job gekündigt und bei der Band hinterließ er auch keine Nachricht. Bis heute weiß niemand, was vorgefallen ist. Das hat vielleicht nicht sein müssen. Wer in Not ist, sollte versuchen sich Hilfe zu holen.

In unserer Reihe „Me(n)tal Health“ haben sich vor allem Ute und Jessi mit diesen Themen beschäftigt und folgenden Infotext zusammengestellt:

Falls sich beim Lesen dieses Berichts unangenehme Gefühle bei Dir eingestellt haben oder du dich verunsichert fühlst, weil du vielleicht gerade selbst in einer Krise steckst, dann solltest du dies unbedingt ernst nehmen! Es hilft immer, mit jemandem darüber zu reden, die Telefonseelsorge ist 24/7 anonym und kostenfrei für dich da nach dem Motto „Sorgen kann man teilen“:
Rufnummern: 0800 / 111 0 111     –     0800 / 111 0 222     –     116 123

Falls dir das lieber ist, kannst du dich hier mit jemandem per email oder Chat austauschen: https://online.telefonseelsorge.de/

Tagsüber gibt es bundesweit das kostenfreie Angebot des Info-Telefon Depression: 0800 3344533, wo du weiterführende Infos zu Anlaufstellen in deiner Nähe erhältst.

In akuten Krisen wende dich jedoch bitte an deinen Arzt oder Therapeuten, bzw. die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112.

Österreich: www.telefonseelsorge.at

Schweiz: www.143.ch


Für die Bilder danke ich Anima Nigra Photography