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HOLLINGSHEAD – Stay Dead

~ 2020 (GMR Music) – Stil: Classic Progressive Avantgarde Metal ~


Hereinspaziert, hereinspaziert – kommen, hören, staunen. Was HOLLINGSHEAD auf dem Jahrmarkt der Besonderheiten zu bieten haben, ist schon eine Sensation, die ich in dieser Form noch nicht zuvor erlebt habe. Sie wollen eine Tür zu einer anderen Dimension mit dem Schlüssel der Vorstellungskraft öffnen und das haben sie bei mir auf folgende Weise geschafft:

Ich befinde mich inmitten eines Sturmes aus Metal und klassischen, progressiven Sounds, teils theatralisch, teils äußerst emotional, als es passiert. HOLLINGSHEAD rollen heran und nehmen mich mit auf die Reise zurück in die Zukunft in ihrem ureigenen DeLorean DMC-12, auf dessen Flügeltüren zum einen die Namen VOIVOD und auf der anderen Seite SAVATAGE in großen Lettern prangen. Im Kofferraum stapeln sich Orgel, Moog, Mellotron und elektrisches Piano, um all die Sounds der für mich bedeutendsten GENESIS-Ära (1970-1974) reproduzieren zu können. Auf dem Beifahrersitz erblicke ich ROGER WATERS, dieser DeLorian wird angetrieben von einem VAN DER GRAAF GENERATOR und somit ist klar: meine Reise wird eine besondere sein.

´And While Waiting For the Sky To Open´ I feel no fear, only joy – denn diese unglaubliche Mischung kann man nur geniesßn. So würde es wahrscheinlich klingen, wenn VOIVOD ihre ´Outer Limits´ bis zu den 70er GENESIS ausgedehnt hätten, auf Schrägheit und Geschwindigkeit verzichtet hätten und der zum ´Moonbeam Rider´ transformierte Roger Waters ihnen seine Ideen zu einem Konzeptalbum vermacht hätte, nachdem er die wahnsinnig-emotionalen Momente Jon Olivas seit ´Streets´ in sich aufgesogen hätte. Hier und da klingt neben den Old-GENESIS Sounds VAN DER GRAAF GENERATOR (ohne Saxofon) als auch MARILLION speziell in manchen Keyboard-Solo-Passagen heraus.

Nein, nein, nein! Das ist nicht nur etwas für das übliche Prog-Klientel, dies hier gestaltet sich überaus schwer und durchaus metallisch! Aus all diesen Einflüssen formen HOLLINGSHEAD einen ureigenen, mächtigen, mystischen Heavy-Sound, der besonders vom intensiven Gesang lebt, der sich krude, roh, intensiv, verzweifelt, wahnsinnig, episch und noch vieles mehr auslebt. Alles außer langweilig oder zu harmlos, wie es allzu oft bei ansonsten großartigen Neoprog-Bands zu bemäkeln war und ist. Die Stimmungen der Songs durchleben ebenso alle Stimmungslagen, sie packen, nehmen mit, fesseln und verzücken.

Aus der Gesamtheit des Werkes spezielle Passagen herauszupicken oder Songs zu sezieren, überlasse ich euch selbst. Einfach zuhören und verzaubern lassen. Nur ein kleiner Ausblick: Besonders mächtig gestalten sich die chorartigen Keys bei ´The Valley´ in einer Art, wie sie einst den Tanz von GENESIS mit dem ´Moonlit Knight´ zur Kür krönten. Tut euch selbst einen Gefallen und achtet darauf, dass ihr die CD-Bonustracks ´Burn With Me´ und ´The Traveler’s Prayer´ ebenfalls im Tank habt, es wäre zu Schade, wenn dieses magisch-majestätische Werk auseinandergerissen wäre, denn diese beiden Songs gehören zwingend dazu.

Und wer hat sich dies alles nun erdacht? Die Schweden mal wieder – Mastermind ist der Tastengott Carl Westholm (CANDLEMASS, AVATARIUM, JUPITER SOCIEATY, KRUX u.v.m.), seine Reisegefährten sind Drummer Fredrik Haake (u.a. BADGE, MELDRUM, ROGER MANNING, ANDY SUMMERS u.v.m.), Johan Niemann am Bass (u.a. EVERGREY, THERION, MIND’S EYE) und zuletzt fand man in Gidon Tannenbaum (u.a. MOTHER KASABIAN, OBRERO) den passenden Sänger, um diesem außergewöhnlichen Emotionskosmos gerecht zu werden.

Kurz vor Jahresende könnt ihr alle eure Bestenlisten noch einmal kräftig umkrempeln, wenn ihr euch die Zeit nehmt und diese unbeschreiblich einzigartige Metalspritztour in die Vergangenheit der progressiven Musik mitmacht, wo vielleicht nicht alles besser als heute war, aber alles andere als vorhersehbar und bekannt. Zufriedener und wissender leben, ´Stay Dead´ erleben.

 

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