~ 2020 (Drag City) – Stil: Neo-Folk/Synthwave/Pop ~
JACKY LYNN ist das Alter Ego der Künstlerin Haley Fohr, die vor allem mit dem experimentellen Indie Folk von CIRCUIT DES YEUX bekannt wurde und nun nach drei Jahren wieder zu ihrem Soloprojekt zurückkehrt. In Begleitung aller drei Mitglieder von BITCHIN BAJAS (Cooper Crain, Rob Frye und Dan Quinlivan) wechselt ´Jacqueline´ vom Krautrock-beeinflussten Synthie-Pop des Vorgängers nun zu einer Melange aus Space-Disco-Sound und Neo-Folk.
Die erweiterte Besetzung ist wohl auch maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass das neue Album deutlich an musikalischer Tiefe gewinnt, die durch eine sorgfältige Musterung unterschiedlicher Klänge erreicht wird – ob nun schimmernde Disco, verträumte Americana oder zwielichtige Melancholien. Fohr ist zudem eine der wenigen Künstlerinnen, die in der Lage ist, Genreübungen mit der gleichen Attraktivität zu meistern wie ihre „ernsthafteren“ Projekte.
So bietet ´Jacqueline´ Musikstücke mit vielen unkomplizierten, synthetischen Swings, die für eine Party bestens geeignet sind.
´Shugar Water´ beispielsweise ist eine der poporientiertesten Nummern, weckt Erinnerungen an die TALKING HEADS, NICO oder ABBA und versprüht eine ungeheure Menge an glamiger Energie. Das schimmernde, mit Vocoder geschnürte ´Diamond Glue´ taucht sogar unerwartet in den Late-Night-Electro-Funk ein und besitzt einen der eindringlichsten Grooves des Albums. Das ist beinahe schon wahre Ohrwurm-Zauberkunst und die zahlreichen Ebenen an Arrangements, die in die Songs eingeflossen sind, harmonieren auch prächtig mit den poetischen und bildreichen Texten.
´Jacqueline´ ist zwar zweifellos eine klare Weiterentwicklung und wirkt auch wesentlich ehrgeiziger als sein Vorgänger, klingt aber immer noch wie die Arbeit eines experimentellen Nebenprojekts. Ist es nun Pop? Oder Neo-Folk? Vielleicht aber doch eher Synthwave? Ganz sicher einfach nur alles davon, aber vor allem eben auch eine Art Reise in eine immersive Traumwelt und für eine postmoderne Ära bestens geeignet.
(7 Punkte)
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