Livehaftig

THUNDERMOTHER, AMULET, SEVEN SISTERS, BLIZZEN, WARFIELD

~ 3. Oktober 2019, MS Connexion Complex, Mannheim ~


Tag der Deutschen Einheit. Bah. Wir treten zum sechsstündigen Metal-Marathon an und geben das Motto vor: Metal bis die Füße abfaulen. Oder eben der offizielle Slogan des Abends: „The New Wave Of Heavy Metal“. Fünf Bands, alle grundsätzlich Old School und doch so verschieden.

WARFIELD steht als Opener Punkt 18 Uhr auf der Bühne und rumpelt mit seinem Old schooligen Thrash Metal durch die Gehörgänge. Wo die Einflüsse herkommen, ist nicht zu überhören: Bay Area. Man weiß als Fan, was einen erwartet. Experimente bleiben aus, vertrautes zerpflückt die Gehörgänge. Der Mix aus hoher Aggressivität und teils speedigen Elementen gefällt.

Der Sound ist ein bisschen matschig, aber akzeptabel. Bewegungsreiches Stageacting und jugendliche Power machen Spaß und so sind die knapp 35 Minuten flugs rum. Guter Anheizer, der an diesem Abend aber der einzige Vertreter des Thrash Metal ist. Bleibt nur die Frage, wo ist das vierte Bandmitglied geblieben? Ist man zum Trio geschrumpft?

BLIZZEN sind ja in der Untergrundszene keine Unbekannten mehr und haben mit `Genesis Reversed` vor drei Jahren ein hörenswertes Album abgeliefert. Zeit für ein neues, kann man da schlicht behaupten. Wann sieht man schon mal VENOMs Cronos, einen jungen Mustaine und Danny Lilker von NUCLEAR ASSAULT auf der Bühne zusammen jammen? Zumindest aus der Ferne hat man das Gefühl, die drei Herren auf der Bühne vereint zu sehen. Die Fantasie lässt es zu….

Die Hessen zeigen umgehend, wo ihre Stärken liegen. Souveräne, doppelte Gitarrenläufe, coole Melodien und den Anspruch, bewährtes gut zu liefern. Gut kommt auch, dass man sich nicht musikalisch zu eingeschränkt aufgestellt hat, was dahingehend resultiert, dass man neben speedigen Nummern auch mal härtere Mid-Tempo Bömbchen liefert. Acht Songs lang eine fette Breitseite klassischen Metal – da kann man nix falsch machen. `Peace Is For The Weak`, `Skid Into Death`, `Masters Of Lightning` oder `Gone Wild` sind äußerst gefällig.

Ein guter Mix aus EP- und LP-Material. Überraschenderweise gibt es mit `Paradise Awaits` auch ein Track vom nächsten Album. Bewegungsreich untermauert man seinen eigenen Spaß am Auftritt, auch wenn die Stimmung bei den Anwesenden erst noch aufkommen muß. Aber am Ende des Sets gehen BLIZZEN als Sieger hervor. Guter Auftritt und musikalisch ein Weichensteller für die folgenden SEVEN SISTERS.

Der britische Vierer SEVEN SISTERS lieferte mit seinem letztjährig veröffentlichten zweiten Album `The Cauldron And The Cross` einen echten Hammer ab. Inzwischen hat man sich auch live einen exzellenten Namen erspielt und so waren die jungen Briten bei vielen hinter vorgehaltener Hand das Highlight des Abends. Als ob die Band es zu wissen scheint, legt man von der ersten Sekunde an erstklassig los.

Die Gitarren brennen sich in die Gehörgänge, die Melodiebögen reißen einen mit. Die Briten verstehen ihr Handwerk, Heavyness und Melodien gehen Hand in Hand. Einzig der Gesang geht etwas unter, ist etwas zu leise im Gesamtkontext auszumachen, leider. Die Gitarre von Graeme Farmer brennt konstant. Überhaupt ne coole Sau dieser Farmer. Mit seiner Sonnenbrille kommt dieser Wanne-be-Rockstar dabei nicht mal kindisch rüber.

Basser Adam Thorpe wieselt wie von Hummeln gestochen auf der Bühne herum und ist ständig am Grinsen. Kein Wunder auch, denn die Anwesenden feiern SEVEN SISTERS lautstark ab. Vom erwähnten zweiten Album brillieren ganz klar `Blood And Fire`, `Turning Of The Title` sowie `Once And Future Kings`. `The Cauldron And The Cross Part I‘ sowie Part II zieht sich gegen Ende des Sets dann doch ziemlich arg hin. Auch wenn die Stücke äußerst abwechslungsreich aufgebaut sind, wirken diese doch eindeutig zu lang. Die immer wieder auflodernden IRON MAIDEN-Einflüsse kommen gerade bei den schnelleren Stücken gravierend zur Geltung. Dennoch, SEVEN SISTERS haben eine echte Vollbedienung in Sachen Heavy Metal abgeliefert. Daran müssen sich jetzt ihre Landsmänner AMULET messen lassen. Es steht eh die Frage im Raum, warum AMULET nach SEVEN SISTERS auf die Bühne dürfen, ist doch deren aktueller Stellenwert in der Szene markant kleiner.

AMULET sind ja bekannt dafür, ihren britischen Heavy Metal mit vielfältigen NWoBHM-Einflüssen zu verbinden. Das kommt auf den Alben gut durch, gerade die erwähnten NWoBHM-Einflüsse prägen jene Songs. Auch wirkt man geschmeidig und melodiedurchflutet trotz doppelläufiger Gitarrenduelle. Live ist das was ganz anderes. Da wirkt nichts geschmeidig, da zieht man voll heavy vom Leder und auch die NWoBHM-Facetten finden sich kaum noch im Sound. Die Briten sind deutlich zu hart im Vergleich zu dem was man von den Alben her kennt. Das klingt alles nicht schlecht, aber das, wofür die Band ursprünglich steht, geht weitgehend unter.

Keine Frage Sänger Federico Mazza beherrscht sein Geschäft. Der Rest der Truppe steht dem nicht nach, auch wenn einer der beiden Gitarristen heute nicht am Start ist und der Produzent des zweiten Albums `The Inevitable War` dafür mit der Band auf der Bühne steht. Harter optischer Kontrast, das nur nebenbei. Die Band gibt alles, mit dem Wissen, dass ihre Landmänner gerade zuvor voll abgeräumt haben. Aber so ganz klappt das nicht. Dazu wirkt man etwas zu eindimensional.

Mit `The Statanist`, `Burning Hammer`sowie `Siege Machine` von erwähntem Album steigt man ein. Danach überraschend `Running Out Of Time` vom ersten Demo. Dann ein kurzer Schwenk zum Debüt mit `Mark Of Evil` sowie `Talisman` und `Bloody Night`. Elf Songs liefert man während des Auftritts, der zwar gut aber nicht mitreißend ist.

Beim Headliner steigt mit dem ersten Ton die Stimmung, auch wenn die meisten Fans sichtlich platt sind. Knapp fünf Stunden Livemusik am Stück ist schon ein Kraftakt für die Fans. THUNDERMOTHER ist das egal, sie feuern aus allen Rohren ihren AC/DC-durchtränkten Heavy Metal Rock`n`Roll.  Bandleaderin/Gitarristin Filippa Nässil ist ohne Wenn und Aber Mittelpunkt der Band, ebenso auf der Bühne.

Dagegen kann auch Sängerin Guernica Mancini nicht mithalten, die sich aber in ihrer Rolle als zweitwichtigste Figur auf der Bühne gut abzufinden scheint. Es gibt ja nicht wenige in der Fangmeinde die Originalsängerin Clare Cunningham hinterhertrauern. Darüber darf gestritten werden, aber Guernica macht einen guten Job.

Bassistin Majsan Lindberg ist eher die Unauffällige und nur selten dringt ein Lächeln durch. Die Mädels lassen nichts anbrennen, Geben Gas, mehr Gas und rocken die Bude komplett. Mit `Whatever` vom letzten Album steigt man ein, zieht mit dem zweiten Song `Cheers` zum Debüt und geht mit `Revival` zum aktuellen gleichnamigen Album zurück. Schnell hat man die Meute vor der Bühne auf Partytemperatur.

Man liefert einen guten Querschnitt durch die bisherigen drei Alben und beendet mit `Shoot To Kill` und `FFWF`, mit eingebautem BEASTIE BOYS-Part vom legendären `Fight For Your Right`, einen fulminanten Auftritt der vor Power und guter Laune nur so sprüht. Rock`n`Roll, direkt zwischen die Augen. Verschwitzt, dreckig und voller Frohsinn – was will man mehr.
Kurz nach dem Auftritt finden sich die Damen schon am Merch-Stand wieder und geben Autogramme und posen für Fotos. Da lässt man sich nicht lange bitten.