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WHITESNAKE – Flesh & Blood

~ 2019 (Frontiers Music) – Stil: Hardrock ~


David Coverdale veröffentlicht mit WHITESNAKE 2019 ein neues Album und seine Anhängerschaft drückt nicht nur in den Sozialen Medien schiere Begeisterung aus. Kein Wunder, es könnte schließlich eines der letzten seiner Art sein, wird die britische Sangeslegende in diesem Jahr immerhin 68 Jahre alt. Doch von Altersmilde und Abstinenz ist bei Mr. „Here I Go Again“ nichts zu spüren. Seit Jahrzehnten fest liiert, präsentiert sich David Coverdale auch mit strahlend weißen, dritten Zähnen quietschfidel und als heißer Gigolo. Glücklicherweise kennt er seine gesanglichen Grenzen und zeigt gerne mal lieber weißen Soul statt ein schwarzes Loch in hohen Stimmlagen.

Acht Jahre nach dem letzten regulären Studioalbum ´Forevermore´ versprühen dreizehn junge Kompositionen abermals den Geist und die Kraft von WHITESNAKE. Die Mannschaft um Coverdale – die Gitarristen Joel Hoekstra (NIGHT RANGER, FOREIGNER) und Reb Beach (WINGER), Bassist Michael Devin und Schlagzeuger Tommy Aldridge – scheint perfekt eingespielt, so dass niemand erste Ausfallserscheinungen befürchten muss. Am schmackhaftesten mundet der Schlangen-Cocktail allerdings immer dann, wenn das Quintett nicht den alten Zeiten nachtrauert. Ein ´Good To See You Again´ und das Update ´Trouble Is Your Middle Name´ folgen der Siebzigerjahre WHITESNAKE-Ära Micky Moody/Bernie Marsden nämlich nur gutklassig. Ein gefühlvoller Coverdale wandert in ´Always Forever´ einmal sogar auf den Spuren von THIN LIZZY. ´Shut Up And Kiss Me´ wäre ein erfrischender Opener geworden und steht ebenso wie ´Get Up´ dem Spätwerk von David Lee Roth in nichts nach.

Selbst zu den glamourösen Achtzigern gelingt der Spagat aus der Gegenwart nicht unbedingt, obgleich das Coverartwork auf diese Jahre abzielt. ´Hey You (You Make Me Rock)´ verfängt sich in den späten Achtzigern und beinhaltet schöne DEF LEPPARD-Shouts. Bei Songs wie ´When I Think Of You (Color Me Blue)´ und ´Flesh And Blood´ geht der Schlange dennoch bereits recht früh das Gift aus. Kostbarer sind dagegen die Kompositionen ´Gonna Be Alright´ sowie die Balladen ´Heart Of Stone´ und ´After All´, die allesamt an die COVERDALE/PAGE-Liaison erinnern. „David Coverversion“, wie ihn Robert Plant, Sänger von LED ZEPPELIN, aufgrund dieser einmaligen Zusammenarbeit dereinst nannte, rückt diesmal jedoch nicht gar so nah an das Plant´sche Timbre ran. Den Schlusspunkt darf der melodische Hardrocker mit orientalischer Bestäubung ´Sands Of Time´ setzen.

WHITESNAKE stehen für Musik, die längst in den Schallplattenrillen versandet sein sollte. Dessen ungeachtet bleibt die Weiße Schlange äußerst lebhaft. Vielleicht nicht gar so vital wie ihre Altersgenossen von URIAH HEEP und DEEP PURPLE, aber weiterhin mit Leidenschaft gesegnet.

(7,5 Punkte)