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SCHILLER – Morgenstund

~ 2019 (Sony Music) – Stil: Electro ~


Seit 20 Jahren musiziert Christopher von Deylen mit seinem Elektronik-Projekt SCHILLER auf der Erfolgsspur. Auch ´Morgenstund´ ist umgehend auf der Pole Position der deutschen Album-Charts gelandet. Sein sechstes Album, das diesen Platz an der Sonne erreicht hat. Und da der Volksmund von „Morgenstund hat Gold im Mund“ schwadroniert, muss Christopher von Deylen ein Frühaufsteher sein, der bereits in den frühen Stunden des Tages seiner Liebe zur Musik nachgeht.

Das zehnte Werk von SCHILLER soll einen Neubeginn darstellen, nach Erneuerung klingen. Die in Gelb getauchten Hände des Coverartworks öffnen sich zum Fangen, bilden ein Auffangbecken musikalischer Entdeckungen. Gleichwohl heißt es abermals bei und mit SCHILLER abschalten und zurücklehnen: „Guten Abend, herzlich willkommen in der neuen Welt von Schiller. Schließen Sie die Augen, entspannen Sie sich. Willkommen in der neuen Welt von SCHILLER.“

 

 

Erneut darf SCHILLER eine riesige Anzahl an Musikerkollegen begrüßen, die sich im Studio die Klinke in die Hand gaben. Überraschend bleibt daher ´Harmonia´, mit einem Gitarreneinsatz von Mike Rutherford (GENESIS), zu Beginn auf Nummer sicher gehend, auf schlichten SCHILLER´schen Bahnen. Zu minimalistischen Ambient-Klängen ertönt in ´Universe´ die Stimme von Tricia McTeague. Erst ein Rhythmus-Wechsel und ein Gitarren-Solo sorgen für ein längeres Aufhorchen.

Zwischen Chill-Out- und Synthie-Sound bleibt sich SCHILLER treu. Neben Edgar Froese, Klaus Schulze und Jean-Michel Jarre hat er sowieso Mark Hollis im Blut, nicht erst im Housebeat vom einschmeichelnden und somit hitverdächtigen ´Dreamcatcher´ mit Jhyve. Yalda Abbasi schenkt dem Lied ´Das goldene Tor´ einen orientalischen Touch, NENA dem romantischen Deutsch-Pop ´Morgenstund´ nichts Aufsehenerregendes, drückt dem Song keinesfalls ihren eigentlich unverkennbaren Gesang auf.

 

 

Jan Blomqvist trägt hingegen den internationalen Dance-Pop von ´In Between´ auf hörenswürdige Bahnen. Als Höhepunkt generiert sich die großartige Synth-Pop-Nummer ´Avalanche´ mit SCHWARZ sowie ´Lichtjahre´ mit Giorgio Moroder (siehe Foto). Interessant ist obendrein die Kooperation mit den reanimierten TANGERINE DREAM, deren Thorsten Quaeschning, seit 2005 bei TANGERINE DREAM, SCHILLER seit längerem kennt. TANGERINE DREAM waren Christopher von Deylens erste große musikalische Liebe, solche Musik wollte er immer selbst machen. Die 32-Minuten-Version von ´Morgenstern´ bleibt dennoch nur den Käufern der „Super Deluxe“- und „Ultra Deluxe“-Editionen vorenthalten. In den gewöhnlichen Editionen erklingt ein fünfminütiger Ausschnitt. Beide Versionen sind andererseits Editionen von einer gemeinsamen 60-minütigen Aufnahmesession.

Neil Tennant von den PET SHOP BOYS konnte Christopher von Deylen jedoch immer noch nicht zu einer Zusammenarbeit bewegen, bescheinigte er der Musik von SCHILLER aber schon vor Jahren einen „wonderful German Kitsch“. Und so verweilen wir weiterhin bei SCHILLER in sphärischen Klängen, denen er mit dem Auftreten namhafter Künstler ein Gesicht verleiht. Am Ende stellt die britische Sängerin Rebecca Ferguson die Frage nach der Liebe: ´Love´.

(7 Punkte)


Photocredit (1): Annemone Taake
Photocredit (2): SCHILLER-Giorgio-Moroder by Schiller-Factory