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DEEP PURPLE – Now What ?!

~ 2013 (Edel Records) – Stil: Hardrock ~


Also, eigentlich beschleicht mich hier der Gedanke, ich trage mit dieser Rezension in der Streetclip-Gemeinde quasi Eulen nach Athen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass gute 90% von Euch diese Scheibe eh schon auf dem Schirm hatten/haben und ja eh sich jeder eine eigene Meinung bildet.

Na ja, trotzdem tue ich die meinige hier mal kund. Ich falle (mal wieder) gleich mit der Tür ins Haus und fange mit dem Fazit an (mache ich in letzter Zeit ja gerne, merke ich gerade): ´Now What ?!´ ist die beste DEEP PURPLE-Platte, die zu erwarten war. Und die beste seit ´Perfect Strangers´. (Wa? Meint der das ernst?) Ja, Herrschaften. Vollkommen. (´Purpendicular´ war ein guter Neuanfang, alles seither ganz nett.) Und das nicht in einer ersten Euphorie, aus Nostalgie heraus oder sonstewie, sondern nach gut fünf Wochen Dauerrotation, zwei Wochen sacken lassen, und jetzt seit letzter Woche nochmal rauf und runter. Nach gefühlten 100 Durchläufen. Es wird mir nicht müssig.

Und: Ja, die Platte ist so gut. Und warum das so ist (meiner Meinung nach), das führe ich hier gerne aus: Weil die Platte rockt wie Sau. Nicht mehr ganz so ungestüm, rau und schweinisch wie zu Zeiten, als die Herrschaften noch junge hungrige Heißsporne waren, aber wieder wesentlich mehr als auf den letzten Platten. Weil man den alten Herren den Spaß anmerkt/anhört. Weil sie jammen wie eigentlich bisher nur in Konzerten (und deren Tonkonserven)! Weil man hört, dass vieles aus diesen Jams gekommen ist und auch in der endgültigen Albumversion dort gelassen wurde. Weil in diesen Parts (und auch beim strukturierten Rest) Ian und Roger grooven wie keine andere Fraktion auf diesem Planeten. Weil sich Steve und Don die Bälle zuspielen wie weiland Ritchie und Jon. Weil überhaupt das die Platte des jetzt endgültig die großen Vorgänger-Fußstapfen füllenden Don Airey ist, der dem geneigten Rocker eine dermaßen furiosest aus den Boxen fauchende Hammond um die Ohren orgelt, dass es einen nicht nur mit diesen schlackern lässt, sondern auch die Erkenntnis bringt, dass es keine stilvollere, ehrenvollere und ergreifendere Würdigung und Verneigung vor dem großen Meister an den Tasten geben kann (Danke, Don, dass du kannst und gemacht hast, danke Bob Ezrin und den Rest der Mannschaft, dass ihr ihn gelassen habt! – Sie wären echt blöd gewesen, hätten sie nicht… der Schüler hat mit dem Meister gleichgezogen). Weil über allem ein Ian Gillan mit tadelloser Gesangsleistung und tonaler wie inhaltlicher gleichzeitig Verschmitztheit und Grandiosität thront. Weil sie proggen wie auch seit den Anfangstagen nicht mehr (´Above And Beyond´ und ´Uncommon Man´ haben einige ELP-Vibes, das Anfangsriff von ´Apres Vous´ könnte von KANSAS aus der ´Song For America´-Phase sein). Weil der Sound trotz all der 70er/80-er Referenzen in Komposition und Arrangement und trotz analoger Wärme trotzdem „modern“ klingt und ordentlich batscht. Und – das ist die Hauptsache, mit der ja alles steht und fällt – weil die Songs einfach Champions League sind. Kein „Oh lass uns mal ne neue Platte machen und ein paar Ideen zusammenbasteln“, sondern Lieder mit Hand und Fuß, in die wunderbar besagte Jam-Parts eingeflochten sind. Und eine Bandbreite, wie sie seit den 70ern nicht mehr so stringent vorhanden war. Ich ziehe hier jetzt bewusst keine Referenzen oder Vergleich raus, nenne auch keine Anspieltipps.

Denn mein letzter Grund ist: Weil sie einfach elf supergeile Songs drauf gehauen haben. Und fertig. Keine halbgare Ausschussware, mit der 90% aller anderen Bands bis zur Schmerzgrenze der CD-Kapazität (plus Bonus-Track, den keiner braucht) die Zuhörer nerven. Mal ehrlich, wer von uns hat in den vergangen Jahren nicht schon des öfteren gedacht: Tja, hätten sie einfach die neun oder zehn guten Nummern drauf gemacht, wärs n Knaller. Aber dann noch bis Track 16 mit Quark auffüllen macht aus einem möglichen Klassiker halt nur noch ne ganz ordentliche CD. So. Schluss jetzt. Die 10%, die die Platte noch nicht haben sind ja jetzt vielleicht auf den Geschmack gekommen. Die, die anderer Meinung sind geben dem Teil ja vielleicht nochmal ne Chance. Glaubt mir, es ist es wert!