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THE TREMELOES – All For One And One For All

1992/2025 (MiG Music) - Stil: Pop

THE TREMELOES haben die Musikgeschichte zwar nie so auf den Kopf gestellt wie die BEATLES, aber sie standen immer am Rande der großen Bühne, bereit, sich den Hit-Scheinwerfer zu teilen, auch wenn der große Ruhm an ihnen vorbeiging.

1958 in Dagenham gegründet und zunächst als Brian Poole und THE TREMELOES unterwegs, gelang ihnen 1963 mit ´Do You Love Me´ der erste große UK-Hit, während die BEATLES gerade erst in die Charts stürmten. Als “Decca Records” im Januar 1962 die Audition zwischen der Liverpooler Band und den Londoner TREMELOES wählte, entschied man sich aus praktischen Erwägungen für THE TREMELOES – ein folgenschwerer Fehlgriff, der heute fast legendär wirkt.

Doch während Brian Poole und Alan Howard die Band 1966 verließen, blieben Rick Westwood, Alan Blakley und Dave Munden an Bord, ergänzt durch Chip Hawkes, und formten ein Quartett, das sich mit Hits wie ´Here Comes My Baby´, ´Silence Is Golden´ und ´(Call Me) Number One´ einen festen Platz in den britischen Charts sicherte.

Mit ´All For One And One For All´, ursprünglich 1992 aufgenommen und nach Jahren des Verschollen-Seins nun wieder veröffentlicht, treten THE TREMELOES in der späten Phase ihrer Karriere noch einmal in Erscheinung. Die Band bleibt sich dabei treu: britischer Pop mit sanften Harmonien, eleganten Melodien und eingängigen Arrangements, die allerdings nicht die Kanten der 60er besitzen. Dave Munden singt weiterhin kraftvoll, Dave Fryer übernimmt Leadvocals auf ausgewählten Tracks, Rick Westwood steuert seine markante Leadgitarre bei, während Joe Gillingham für Keyboards und zusätzliche Stimmen sorgt und Alan Blakley mit Rhythmusgitarre und seinen Arrangements die TREMELOES-typische Wärme auf das Album legt.

Der Opener ´African Lullaby´ ist das überraschendste Stück des Albums, weil er sich aus dem sonst recht gemächlichen britischen Pop-Korsett löst und einen Hauch rhythmischer Frische bietet. ´Jodie´ zeigt den typischen leichten Drive, während ´St. Tropez´ fast schon sommerlich-diskotauglich wirkt, ohne je aufdringlich zu werden. ´So Much To Say´ bleibt angenehm im Ohr, ein Musterbeispiel für die Fähigkeit der Band, eingängige Melodien zu schreiben, die harmonisch stimmen und sofort vertraut wirken. Die Coversongs wie ´I Shall Be Released´ von Bob Dylan oder ´Angel Of The Morning´ geben Einblick in die musikalischen Vorlieben der Band, wirken dabei aber sehr zahm und erinnern mehr an ein entspanntes Wohnzimmerkonzert als an eine Chart-Attacke.

Besonders spannend ist die Integration der sieben Bonus-Tracks, die bei der Wiederveröffentlichung hinzugefügt wurden. Stücke wie ´Rising Sun´ und ´One More Night´ zeigen, dass THE TREMELOES auch in dieser späten Phase der Bandgeschichte nicht einfach nur den alten Hits nachtrauern, sondern durchaus experimentieren wollten. Sie bieten einen zusätzlichen Reiz, der das Album für Fans und Sammler gleichermaßen interessant macht, auch wenn sie musikalisch weniger prägnant sind als die Klassiker der 60er.

Das Album lebt von der Kontinuität und der handwerklichen Präzision der Musiker. Man hört sofort, dass es sich um erfahrene Profis handelt, die ihre Stimmen und Harmonien kennen und einsetzen, um einen stimmigen Pop-Sound zu erzeugen. Gleichzeitig zeigt es, wie stark sich die Zeiten verändert haben: Wo früher Songs wie ´Silence Is Golden´ noch als kommerzielle Singles die Charts stürmten, geht es hier mehr um die Atmosphäre und die Harmonie, weniger um die krachende Eingängigkeit eines Hits. Dennoch ist die Band immer noch in der Lage, mit Melodien und Arrangements zu überzeugen, die warm, stimmig und charmant sind.

´All For One And One For All´ ist ein Album für die ruhigen Stunden, für Fans, die den sanften britischen Pop der 60er und 70er lieben, aber auch neugierig sind auf das Spätwerk der Band. Es beweist, dass THE TREMELOES selbst Jahrzehnte nach ihrem kommerziellen Höhepunkt noch eine eigene musikalische Stimme besitzen, die sich nicht hinter den großen Namen der Vergangenheit verstecken muss. Wer die Band nur aus den alten Hits kennt, wird überrascht sein von der entspannten Harmonie und der subtilen Experimentierfreude, die in diesem Album steckt. In seiner Gesamtheit ist es ein liebevolles Revival, das die TREMELOES als beständige, eingespielte und charmante Popband zeigt, die auch im 21. Jahrhundert noch hörenswert ist.

(7 Punkte)

https://www.facebook.com/TheTremeloes

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