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NORMAN GREENBAUM – Spirit In The Sky

1969/2025 (Craft Recordings/Concord) - Stil: Rock

Die späten Sechzigerjahre, eine Zeit wie ein schräger, bunter Traum. Eine Schatzkiste, vollgepackt mit verrücktem Folk, sonniger Psychedelia, bluesigem Rock und einem Schuss Spiritualität. Dieses Schmuckkästchen hieß ´Spirit In The Sky´ und war das Debütalbum von Norman Greenbaum, einem Typ aus Massachusetts. Es war eine echte Schatzkiste aus diesen blumigen Jahren, und total einzigartig. Denn wer bis heute dieses Werk auf seinen Titelsong ´Spirit In The Sky´ einfach reduziert, der irrt gewaltig.

Denn ´Spirit In The Sky´ hat so viel mehr zu bieten als nur diesen einen Song. Schon der erste Track, ´Junior Cadillac´, ein funkiger Rock-Song mit Bläsern, zeigt Norman Greenbaums Humor und sein Gespür für Groove. Der Song ist wie ein ironischer Western, in dem Cadillacs statt Pferde durch die Prärie fahren. ´Skyline´ entführt uns dann in verträumte Klangwelten, bevor ´Jubilee´ wieder zum fröhlichen Mitwippen einlädt, wie eine Hippie-Version eines Gospelzugs.

Ein besonders schönes Stück ist ´Alice Bodine´, eine traurige Ballade über eine verlorene Liebe, die fast schon an die Beatles erinnert. Norman Greenbaum bleibt dabei immer ehrlich, ohne jeglichen Kitsch. Seine Stimme klingt authentisch und zurückhaltend, wie ein Geschichtenerzähler am Lagerfeuer.

Die zweite Seite des Albums überrascht mit ihrer Fülle. ´Tars Of India´ mit seinem Gitarrenspiel, das an eine Sitar erinnert, und ´The Power´ mit souligen Bläsern zeigen Norman Greenbaums Lust am Experimentieren. ´Good Lookin’ Woman´ spielt charmant mit Rock’n’Roll-Klischees, während ´Milk Cow´ wie ein staubiger Country-Blues aus einer Kneipe klingt. Und dann kommt noch der letzte Song ´Marcy´, spacig, geheimnisvoll und fast wie ein verrückter Traum aus dem Sommer ’69.

Erik Jacobsen (LOVIN’ SPOONFUL) produzierte das Album und ließ Norman Greenbaum experimentieren. Er sorgte allerdings dafür, dass die Songs zumindest Struktur und Klarheit besaßen. Jeder Song benötigte etwas, woran man sich erinnern sollte, etwa einen Beat, eine Harmonie oder einen bestimmten Sound. Denn obwohl das Album ganz unterschiedliche Stile vereinte, wirkte es trotzdem wie aus einem Guss. Dies lag an Norman Greenbaum, an seiner Ehrlichkeit, seinem Gespür für Melodien und seiner ganz eigenen Art von Spiritualität, die nie aufgesetzt wirkte.

Doch bei aller Spiritualität begann die musikalische Reise von Norman Greenbaum nicht etwa in einer Kirche, wie man vielleicht denken könnte, sondern in den kleinen, verrauchten Clubs von Boston. Dort spielte er als Student Southern Blues und Folk. Nach dem total abgedrehten Hit ´The Eggplant That Ate Chicago´ mit seiner Band DR. WEST’S MEDICINE SHOW AND JUNK BAND beschloss Norman Greenbaum, es auf eigene Faust zu versuchen, und 1969 gelang es ihm – mit ´Spirit In The Sky´.

Dabei ist dieser glorreiche Song keinesfalls geplant entstanden, sondern war eher ein glücklicher Zufall. Die Idee kam ihm durch eine Grußkarte mit dem Titel „Spirit in the Sky“ und eine religiöse Fernsehsendung mit Country-Legende Porter Wagoner, in der ein einsamer Bergmann zu Gott findet. Dazu kamen noch Norman Greenbaums Erinnerungen an Cowboyfilme aus seiner Kindheit, sowie der Wunsch, mit seinen Stiefeln im Sarg zu liegen. Daraus wurde ein Song, der sich fast wie von selbst schrieb, in nur 15 Minuten. Der Text ist einfach, aber er berührt. Und dann dieses Gitarrenriff! Norman Greenbaum spielte es auf einer speziell umgebauten Fender Telecaster, mit einem selbstgebauten Fuzz-Effektgerät. Dieser Sound, zusammen mit den gospelartigen Stimmen der Stovall Sisters und dem treibenden Beat, kreierte einen Klang, den Norman Greenbaum selbst als „vorbestimmt“ bezeichnete.

Schon bei den ersten Aufnahmen hatte er das Gefühl, dass der Song einfach zu gut klang, um kein Hit zu werden. Und er sollte Recht behalten. Obwohl seine Plattenfirma zuerst zögerte („So was läuft doch nicht in den Top 20“), wurde ´Spirit In The Sky´ ein Hit, der um die ganze Welt ging. 1970 erreichte der Song Platz 3 in den USA und Platz 1 in Großbritannien, Kanada und Australien. Heute ist er mehr als nur ein Hit. Er ist ein Stück Popkultur und war bislang in über 60 Filmen und 30 Werbespots zu hören.

Die neue Vinyl-Version von “Craft Recordings” bringt das Album jetzt zurück, originalgetreu vom analogen Band. Der Sound klingt warm und lebendig, ja, man hört das Rauschen der Gitarrensaiten, das natürliche Zittern in Normans Stimme und das Brummen der Verstärker, alles klingt echt und direkt.

Wer also ´Spirit In The Sky´ nur als Song kennt, sollte sich dieses Album unbedingt anhören. Es ist mehr als nur eine Fußnote der Popgeschichte, es ist ein funkelnder Diamant aus den magischen Jahren zwischen 1968 und 1970. Verrückt, spirituell, menschlich und einfach einzigartig. Norman Greenbaum war nie nur ein One-Hit-Wonder. Er war (und ist) ein Musiker mit Herz, Humor und einem ganz besonderen Blick in den Himmel.

https://www.facebook.com/normangreenbaum4321

 

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