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HIGHDELBERG – Highdelberg

1976/2025 (MiG Music) - Stil: Krautrock / Psychedelic

Eine Scheibe, die echt nach altem Rauch und Qualm schmeckt? Verrückte Krautrock-Lieder, die langsam vor sich hin glimmen und dabei gut riechen? All das wird dem Kraut-Raucher 1976 von HIGHDELBERG geboten.

Das Aha-Erlebnis zur Gründung von HIGHDELBERG hat Ax Genrich, der Gitarrist von GURU GURU, kurz nach seinem Abgang bei den Kult-Krautrockern. Statt sich ins Privatleben zurückzuziehen, bringt er die Besten der deutschen Underground-Szene im Studio von Conny Plank zum Jammen zusammen.

Somit halten die Krautrock-Größen Mani Neumeier (GURU GURU), Helmut Hattler, Jan Fride, Peter Wollbrandt (alle KRAAN) plus Dieter Moebius & Achim Roedelius von CLUSTER/HARMONIA unter dem Bandnamen HIGHDELBERG mehrere Sessions ab. Mehr Kompetenz auf einem Haufen gab es 1975 nicht zu bestaunen.

Der Opener ´Der Platzhirsch´ haut gleich in die Vollen. Ax Genrich lässt die Gitarre Holz sägen, während Mani Neumeier mit seinen frechen Trommelschlägen den Beat anfeuert – und der Gesang schwirrt einfach nur verrückt davon. Die ´Odenwaldpolka´ ist ein folkloristischer Spaß und gut als Soundtrack für ein mit Marihuana betäubtes Dorffest geeignet. Helmut Hattler schiebt den Bass wie einen Traktor um den Maibaum, Ax Genrich spielt mit Verzerrer Polka.

Kurzerhand schwebt ´Wapitis Rückkehr´ zwischen jazzigen und psychedelischen Klängen, ehe mächtige ´Kosmische Phyrze´ acht Minuten lang durch Gitarrendelay, Cluster-Synth-Träume und lockere Rhythmen driftet, kosmisch und gleichzeitig verspielt, ganz nah am Avantgarde-Jazz und am Space-Rock. Für den über Feld und Wiesen reitenden Hanfbauern ist ´Super Normal Rider´ ein ironischer Boogie mit einer ordentlichen Portion Experimentierfreude auf deutschem Waldboden.

Noch absurder wildert ´A National Affair´ mit Banjo, Country-Sound und kruden Texten irgendwo zwischen Appalachian Mountain Jam und Kraut-Bunker. Da kann das Zwischenspiel ´No Matter No. 769´ nur hysterisch mit der Gitarre durch den Stereoklang hüpfen und im Rhythmus wie ein kaputter Funk-Motor vor sich hin tropfen, so dass der Abschluss ´Saure Drops & Süßer Wein´ mit einer fast schon verkatert wirkenden Stimmung, einem Lächeln im Gesicht und ein bisschen Asche auf dem Ärmel in die weite Welt hinauszieht.

´Highdelberg´ ist nur eine Momentaufnahme aus der Blütezeit des deutschen Undergrounds, nur eine spontane Sammlung von Ideen, die das Unperfekte, das Augenzwinkernde ausleben. HIGHDELBERG ist für Krautköpfe, die auch mal grinsen dürfen.

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