
FIR CONE CHILDREN – Gearshifting
2025 (Blackjack Illuminist Records) - Stil: Alternative Rock/Dreampunk/Shoegaze/Garage Rock/Jangle Pop
Alexander Leonard Donat alias FIR CONE CHILDREN präsentiert uns ein musikalisches “Coming-of-Age”-Abenteuer auf drei Rädern. ´Gearshifting´ ist rau, herzlich, überdreht, verliebt und ein bisschen unsicher. Denn mittendrin erleben wir zwei Pubertiere auf der Überholspur.
Das elfte Studioalbum des Ein-Mann-Dreampunk-Projekts FIR CONE CHILDREN erzählt nicht mehr nur von Spielplatzabenteuern, sondern von den Kämpfen zwischen kindlicher Freude und den Herausforderungen der Pubertät – untermalt von rauen Gitarren, echtem Shoegaze-Sound und eingängigen Melodien. Es ist das bislang emotionalste, lauteste und reifste Kapitel von FIR CONE CHILDREN.
In den zehn Songs steckt ein Gefühl, das man als Vater nur zum Teil versteht, aber tief fühlt. “Ich will nicht groß werden, aber warum ändern sich trotzdem alle Farben?”, könnte das Motto des Eröffnungssongs ´Let’s Calm The Senses´ sein. Denn wenn die Pubertät anklopft, bringt sie eine Menge Selbstzweifel mit. Ein Kind versucht, die Tür zuzumachen, während das einstige Lieblingsspielzeug plötzlich komisch wirkt. Chaos ist schon im Zimmer, und es summt.
Wieso summt es? “Ich bin verrückt, aber weiß nicht warum!”, könnte daher der erste Gedanke von ´Madness!´ sein. Alle Gefühle wirbeln durcheinander, das Spiegelbild ist täglich neu. Und mitten drin tanzt ein Teenager, der einfach muss. Willkommen in der wilden Phase zwischen Lachen, Weinen und Haargel-Desastern.
“Die Bühne bebt. Die Stimme zittert. Und Papa weint.”, wenn die Tochter zu ´Your Voice´ ihre Stimme erhebt. Ein erster Auftritt, Mikro in der Hand, Herz am Rasen, die Tochter singt – und der Vater merkt: Sie ist kein Kind mehr. Der Stolz macht Gänsehaut und aus Angst wird Mut. Aus Papa wird Publikum.
Obwohl, auf Papa kann man auch mal verzichten. “Couch, Chips, Serienmarathon – bis der Schlüssel im Schloss klickt.”, ist die Maxime bei ´Now Is Now´. Da zwei Schwestern auch manchmal die Faulheit genießen, sofern die Eltern weg sind. Dann regiert Netflix. Ein Buch liegt verkehrt herum bereit, das Grinsen ist fast nicht zu bremsen. Hausaufgaben? Klar. Gleich. Vielleicht.
“Der Berg ruft – und der Schulranzen wiegt eine Tonne.”, oder anders gesagt: ´Ghost In The Frame´. Das Rad quietscht, etwas spukt im Rahmen, und trotzdem geht’s weiter. Zwischen Pausenbrotresten und Schulstress kämpft das Kind gegen den Druck. “Gearshifting” wird zur Lebenseinstellung.
´Spelling Your Name´ verkommt zur Trauerbewältigung. “Du bist weg – aber überall bist du doch.”, ein geliebter Mensch ist nicht mehr da, doch sein Name bleibt überall. Ein Lied über Trauer und die Erinnerung, die alles zusammenhält.
“Mit Sonnenbrille ist man eine ganz andere Person.”, tönt es aus ´Swedish Shades´. Neun Jahre alt und schon eine Style-Ikone. Die Kleine probiert Sonnenbrillen an und merkt, dass Haltung etwas mit dem Look zu tun hat. Jeder Schritt wird zum Catwalk – und das Lächeln ist breiter als die Gläser.
Doch jetzt erst einmal Sommerferien, Poolleiter, Batik-Shirts. Schule? Nächste Woche. Heute gibt’s nur Limo, Lachen, kindlichen Trotz und ´Ball On Lawn´. Wenn der Ball beim Nachbarn landet, bleibt man eben auf dem Dach, frei nach dem Lehrsatz “Der Ball ist weg – also bauen wir uns ein Baumhausleben.”
Und dann noch “Zwei Mädchen, eine Katze, ein Deal: Streicheln gegen Schnurren.”, für den ´Perfect Trade´. Luna, die alte Katze, hat die Schwestern voll im Griff. Sie bietet Wärme, verlangt Aufmerksamkeit. Ein zärtliches Lied über Fürsorge, Tierliebe und das stille Band zwischen kuschelweich und Verantwortung.
Allerdings steht inzwischen der Abschied von der vertrauten Grundschule an, und mit ihm die Angst und Hoffnung auf einen Neuanfang. “Neue Schule, neues Ich – und ein bisschen Französisch.”, philosophiert ´Life Rearranges´. Très bon, ruft die Zukunft. Und das Kind radelt los – allein, aber bereit.
´Gearshifting´ ist der Soundtrack einer Veränderung, die nicht aufzuhalten ist, pubertär, poetisch und punkig. Die Songs fühlen sich an wie liebevolle Tagebucheinträge eines Vaters, der seine Kinder nicht festhalten, aber intensiv begleiten möchte. Zwischen Zuckerschock, Selbstzweifel, Katzenfell und Zimmerchaos wird das Album zum kleinen Lobgesang des Werdens.
(8 Punkte)
Fiktives Mini-Interview mit dem Pubertier
Hey, danke, dass du dir die Zeit nimmst. Wie geht’s dir so… mitten im Gearshift?
Augenrollen. Joa, irgendwie komisch und gut. Gestern wollte ich noch ne Doku über Schmetterlinge schauen – heute schrei ich ins Kissen, weil mein Eyeliner nicht sitzt. Lacht. Aber der Song ´Madness!´ beschreibt es gut: „Ich bin verrückt, aber weiß nicht warum!“
Was war der schwierigste Moment im Albumzyklus?
´Let’s Calm The Senses´. Da kam die erste Welle. Nicht vom Meer, sondern vom “Ich-will-nicht-erwachsen-werden”. Und diese Wespen! Die sind wie die Pubertät – überall, nervig, und du weißt nicht, woher sie gekommen sind.
Gibt es auch einen Lieblingsmoment?
´Your Voice´. Da habe ich gemerkt: Ey, ich kann was! Ich hab gesungen, gezittert wie ein Faultier im Fitnessstudio, aber Papa hatte Tränen in den Augen. Hab’s gesehen, auch wenn er schnell woanders hingeschaut hat. 😏
Und wie läuft der Alltag so? Alles easy?
Easy?! Lacht bitter. Es gibt Tage, da bin ich ´Now Is Now´. Chips, Serien, Couch – das Leben ist perfekt. Und dann kommt die Schule wie ein schlecht gelaunter Drache und fragt, was ich „heute gelernt habe“. pfff.
Was sagen deine ´Swedish Shades´ zu all dem?
Die sagen: „Geh einfach weiter. Lauf cool. Auch wenn du innerlich wie Pudding bist.“ Und ganz ehrlich – sie machen echt was mit dir. Mit Sonnenbrille fühle ich mich wie ein Popstar auf Klassenfahrt.
Noch letzte Worte?
Grinst. ´Life Rearranges´. Und ich auch. Täglich. Aber hey – solange die Musik läuft und die Katze schnurrt, ist alles halb so schlimm. Und wenn nicht, mach ich halt lauter.
(Der Raum riecht inzwischen stark nach Chips, irgendwo läuft “Find Me In Paris” in Dauerschleife. Das Pubertier verschwindet jedoch wortlos mit Kopfhörern im Nebel aus Gitarrensounds.)
https://blackjackilluministrecords.bandcamp.com/album/gearshifting
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