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MELVINS – Bad Moon Rising

~ 2022 (Amphetamine Reptile) – Stil: Sludge/Stoner Rock/Experimental ~


Ob nun gut oder schlecht für sie – die MELVINS werden für immer mit einer legendären Popkultur in Verbindung gebracht werden, die gerade in den letzten 30 Jahren dermaßen umfangreich aufgearbeitet wurde, dass es fast schon zur Häresie geworden ist, diese in Frage zu stellen. Die Story von Buzz Osborne & Co. ist natürlich eng mit dem Aufstieg von Seattle, Grunge und insbesondere NIRVANA auf eine Weise verflochten, die die Band praktisch als Katalysator für alle drei gleichzeitig positioniert.

Der Glanz des Grunge-Mythos ist eben derart blendend und überschattet die Tatsache einfach, dass die MELVINS, sowohl im Geiste wie auch im Klang, nie für den Alternative Rock-Weg geeignet waren, den ihre benachbarten Weggefährten eingeschlagen hatten. Ihre Vorliebe für Noise und das Experimentelle ließ sie weitestgehend im Underground, weshalb es auch absolut Sinn hat, dass die Band eine langjährige Beziehung zu Mike Pattons „Ipecac“ pflegt und auch mit anderen, eigensinnigen, unabhängig denkenden Labels wie beispielsweise „Alternative Tentacles“ oder eben „Amphetamine Reptile“ kooperiert hat.

Die MELVINS haben jedenfalls bereits eine lange Tradition bei „AmRep“ und veröffentlichten dort zwei reguläre, höchst experimentelle Alben mit ´Prick´ (1994) und ´Honky´ (1997), während zahlreiche Special Releases im Kleinformat, darunter vor allem etliche EPs, gerade in den letzten rund 20 Jahren gefolgt waren. ´Bad Moon Rising´ ist nun also das erste vollständige Album unter Tom Hazelmyers Label-Banner seit 25 Jahren – und es ist ein wahrer Killer, und gemeinsam mit ´(A) Senile Animal´ von 2006 ihr womöglich stärkstes Werk seit den glorreichen 80ern und 90ern!

 

 

Das rund 14-minütige ´Mr. Dog Is Totally Right´ eröffnet dann auch gleich brillant, ein wie KYUSS im Delirium klingendes, mal waberndes, mal stampfendes Epos, bei dem EARTH-Mastermind Dylan Carlson beeindruckend als Gastgitarrist unterstützt. Das ebenfalls grandiose ´Never Say You’re Sorry´ folgt alsbald und hat einen starken Industrial-Vibe, komplett mit einem fantastischen, sich wiederholenden und dissonanten Riff, das den Song vorantreibt, bevor er sich in eine sludgige Goth-Hymne verwandelt. ´My Discomfort Is Radiant´ hingegen ist eher im Post Punk verortet, ein harter, treibender Song, wie man ihn vor allem aus der ´Houdini´-Phase kennt.

´It Won’t Or It Might´ setzt mit einer verschwommenen, fast schon Shoegaze-ähnlichen Atmosphäre fort, und fällt leicht ab, während der funkige Groove von ´Hammering´ und die untypischen, beinahe schon Alternative Rock ähnlichen Melodien der ausgenommenen Klasse dieses Albums eine weitere Dimension hinzufügen. Das hart rockende, vertrackte ´The Receiver And The Empire State´ gibt letztlich den perfekten Closer, mit seinem energiegeladenen Noise Rock-Vibe und den deftigen Beats.

Nach der Beinahe-Rückkehr zur alten Form mit ´Working With God´ im letzten Jahr beweisen die MELVINS einmal mehr, dass sie immer noch vitale Musik zu veröffentlichen imstande sind, und es lädt fast schon zu Freudensprüngen ein, sie mit einem so lebendigen, lauten und eingängigen Album nach 25 Jahren wieder auf „Amphetamine Reptile“ erleben zu dürfen. Play it LOUD!

(9,5 Punkte)

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