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KULT KOMPASS Mai 2024

Hallo Freunde der mitreißenden Klänge,

selbst kurz vor der Sommerpause geht den Musikschaffenden nicht die Puste aus und uns somit nicht die Vorräte, um Euch mit neuen und kleinen Reviews den Mund wässrig zu machen, so dass Ihr ebenfalls nicht daran vorbeikommt, zumindest einiges anzutesten. Die Monatsherrlichkeit sowieso.

Enjoy und Peace!

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

 

 

Q u i c k – R e v i e w s


AMYL AND THE SNIFFERS – U Should Not Be Doing That / Facts (Single)
2024 (Rough Trade) – Stil: Punk Rock

Drei Jahre waren die wackere Australierin und ihre drei wackeren australischen Mitstreiter mit der Verbreitung ihres Erfolgsalbums ´Comfort To Me´ beschäftigt. Jetzt gibt es zumindest eine Single mit dem rotzigen Ohrwurm ´U Should Not Be Doing That´, der mit Unterstützung eines Saxofons sofort zu gefallen weiß und die Vorfreude auf ein nächstes Album stark anheizt.

Konsequente Fortführung des bisherigen Sounds mit einigen neuen Elementen, so könnte ich es ausdrücken. Sehr stark wie auch das eher straighte und punkige ´Facts´ auf der B-Seite. Unverkennbar. Absolut keine Abnutzungserscheinungen bisher bei der wahnsinnigen Energie, die die Band mitbringt und verbreitet, wie es auch das witzige und dynamische Video deutlich macht. Bitte mehr!

(9 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/amylandthesniffers


ANCIENT REMAINS – Burn It All
2024 (Independent Release) – Stil: Thrash Metal

Die Youngstern von ANCIENT REMAINS kommen aus Australien, genauer Brisbane, und haben die Band schon 2019 gegründet. Legen aber jetzt erst eine beeindruckende EP namens ´Burn It All´ vor. Der kurzweilige 4-Tracker ist zwar tendenziell dem Thrash Metal zu zuordnen, wildert aber auch im klassischen Heavy Metal sowie beim Metalcore. Bei diesem allerdings nur äußerst spärlich, aber dennoch fühlbar. Die Heavyness und Energie ist beachtlich.

Dazu teils groovende Gitarrenläufe, die nicht unerheblich an die frühen Neunziger erinnern und somit Truppen wie D.R.I. auf den Plan rufen. Die vier Tracks strotzen nur so vor Energie, Wildheit und Kick As-Attitüde mit Old School-Faktor. ANCIENT REMAINS liefern Mucke, die in der Zeitschleife hängen blieb, aber in Anbetracht der Tatsache, dass man 2024 kaum noch diese groovende Mixtur hört, aber auch exotisch rüberballert. Sehr gefällig und aussagekräftig.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/theancientremains/


ANVIL – One And Only
2024 (AFM/Soulfood) – Stil: Heavy Metal

Seit dem 2016er Album ´Anvil Is Anvil´ liefert die kanadische Legende im Zwei-Jahres-Rhythmus. So auch ´One And Only´, dem was-weiß-ich-wievielten Album. Aber weit über 20 sind es wohl inzwischen. Allerdings hat mein Interesse an der Band in den letzten 20 Jahren enorm abgenommen. Zum einen, weil man sich musikalisch konstant wiederholt, und zum anderen, weil man irgendwie das Gefühl hat, man hält einen Sterbenden im künstlichen Wachkoma am Leben.

Und so gibt es meinerseits nicht unerhebliche Vorurteile, die zum Teil dann auch bestätigt werden. Gerade die Mid-Tempo-Nummern sind vorhersehbar und klingen wie ein Aufguss der vorherigen Alben im immer gleichen Schema. Das ist zum Teil schon lahm und vor allem zu schlicht. Eine Nummer wie ´Feed Your Fantasy´ klingt sogar unverschämt nach ALICE COOPER. Auf der Haben-Seite gibt es dann schnelle, schnittige, typische ANVIL-Speeder wie ´Blind Rage´, ´Fight For Your Rights´, ´Gold And Diamonds´ und ´Dead Man Shoes´. Aber auch hier wenig überraschendes, aber zumindest hat man das Gefühl, hier brennt die Hütte und ein Energieschub hat im Studio eingeschlagen. Bleibt die Frage, warum soll ich mir ein neues ANVIL-Album kaufen, das genau das liefert, was es schon auf den letzten Stinkern gab? Weil man in einer Zeitschleife hängengeblieben ist? Weil es ANVIL ist? Weil man sowieso alles gut findet?

(ganz knappe 7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/anvilmetal


MARTIN BISI – Your Ultimate Urban Fantasy
2024 (Black Freighter Records) – Stil: Alternative/Experimental/Indie/Kraut Rock

Martin Bisi ist als Gründer des „BC Studios“ in Brooklyn über vier Jahrzehnte hinweg zur Legende geworden. Produktionen mit Brian Eno, John Zorn, Herbie Hancock, SONIC YOUTH, SWANS oder THE DRESDEN DOLLS sprechen für sich.

Mit der EP ´Your Ultimate Urban Fantasy´ nimmt er den Hörer auf eine Klangreise durch die Gegenwart oder Zukunft unserer Großstadtstraßen, durch Manhattan, Berlin und Williamsburg. Seine Musik entspricht dabei der poetischen Kunst des Jazz und Krautrock.

´Transit Hub Extraordinaire´ ist jedoch mehr KRAFTWERK und ´Master Plan For Retaking Williamsburg´ mehr eine livehaftige Improvisation á la NEU, da sind ´Manhattan Local Train ´ und ´No SUN In Berlin TEMPELHOF´ schon realitätsnäher erdacht, mehr VELVET UNDERGROUND.

(8 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/profile.php?id=100063650613295


JASON BLAKE – Subsequent Ruins
2023 (7d Media records) – Stil: Rock/Experimental

Warr-Gitarrist Jason Blake, bekannt vom instrumentalen Trio AZIOLA CRY, hat sein ambitioniertestes Werk veröffentlicht.

Allein mit seiner Warr-Gitarre bewaffnet, Schlagzeuger Marco Minnemann als Rhythmus-Hilfe im Schlepptau, spielt er duftversprühende Melodien zum Anlocken, denn ´Subsequent Ruins´ ist die musikalische Umsetzung des Rattenfängers von Hameln in sechs Akten.

Innerhalb von sechs Liedern summt er die Ratten einsammelnden Melodien aus dem Blickwinkel der durch soziale Medien verwahrlosten Gegenwart. Die Rhythmen sind komplex, die Gitarre im Fripp’schen Stil gehalten.

Für Freunde des satten und modernen Progressive Sounds ein Fest der Sinne. Nur nicht zu nah an die Saiten der anlockenden Warr-Gitarre kommen.

(8,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/jasonblakewarr


BODYGUERRA – Invictus
2023 (Fastball) – Stil: Hard Rock

´Blood And Stones´ ist ein kraftvoller Opener mit viel Melodie. Was bei der Kölner Gruppe gleich auffällt, ist der Gesang von Frontfrau Ela, der sicher nicht überall unumstritten sein wird. Ich finde, das gibt den Songs etwas Originelles. BODYGUERRA setzen ganz auf klassischen Hard Rock mit leichten Blues- oder Southern Rock-Elementen. Das ist oft unterhaltsam.

Es gibt aber auch Durchschnittliches wie ´Troublemaker´ oder Cindy Laupers ´She Bop´. Glücklicherweise auch Höhepunkte wie ´Twilight´, das melodische, von der Wahwah-Gitarre von Guido Stoecker eingeleitete ´Time Goes By´ oder den treibenden Hard Rock Blues ´C’mon Tell Me´. Kann man Antesten. Solider Hard Rock.

(7 Punkte – Harald Pfeiffer)


CHAKORA – Fractured Fate
2024 (M&O Records) – Stil: Groove Metal / Nu Metal

Ohne unnötige Umwege mit pumpendem Bass, harten Riffs und rauem, gewaltigen Gesang kommen die deutschen CHAKORA beim starken Opener ´Jesus´ zur Sache. Heavy und trotzdem mit den notwendigen Hooks und Melodien und immer wieder mit eingesetzten Mosh-Parts startet die Band. Dabei gibt es gesanglich deutliche Parallelen zum Nu Metal.  Nicht jeder Song ist ein Hit, manches ist mir zu lange geraten, auch wenn lyrisch psychedelische Zwischenspiele fast in jedem Song für eine gewisse Abwechslung sorgen, wie in den guten ´The Invicible´ und ´PTSD´ mit Saxofoneinlage. In der zweiten Hälfte klingt einiges allerdings noch etwas unfertig, außer dem starken ´Somebody Else´, das auf doppelte Gitarrenmelodien setzt, das Schlagzeug klingt hier leider produktionstechnisch ziemlich schwachbrüstig. In der musikalischen A-Note sehr gut, die Originalitäts-B-Note hängt noch etwas hinterher.

(7 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/chakora.home


DEATH WISHLIST – You Are Next
2024 (Area Pirata) –  Stil: Punk/Hardrock

DEATH WISHLIST stammen nicht aus Großbritannien oder Skandinavien, sondern aus Italien, und präsentieren mit ´You Are Next´ ihr Debütalbum. Dabei hauen sie mit großer Energie eine Mischung aus Rock’n’Roll und 77er Punkrock heraus.

In Viareggio fanden sich Sänger Cosimo Crott, Gitarrist Jacopo Giannetti, Bassist Leonardo Tomei sowie die Gitarristen Andrea Marchetti und Gianfilippo Mei zusammen, um sich sozialkritisch über die Welt auszukotzen, natürlich im Sinne der SEX PISTOLS und etwas jüngeren Datums im Sinne von BACKYARD BABIES und HELLACOPTERS.

„Der Bandname DEATH WISHLIST“, so Sänger Cosimo, „bedeutet ‚die Liste der Menschen, die ich gerne tot sehen würde‘, eine Idee, die während der Covid-Ausgangssperren geboren wurde.“ Eine Liste, die in den letzten Monaten wahrscheinlich erweitert werden konnte, denn der Name soll sie immer an solch gesellschaftliche Ungerechtigkeiten erinnern, als „unerträgliche Gesetze, die vorgeben, die Ansteckung zu bekämpfen“ galten.

(Michael Haifl) 


ALISTAIR GREENE – Standing Out Loud
2024 (Ruf Records) – Stil: Blues Rock 

Auf das Wesentliche konzentriert und trocken ist der Blues Rock von Alistair, der u.a. bei ALAN PARSONS aktiv war, schon einige Alben veröffentlicht hat und auf der Spur von Größen wie Rory Gallagher oder Stevie Ray Vaughan unterwegs ist. Auch der klassische Southern Rock taucht in seiner Musik auf. Das ist alles sehr gut gespielt, aber auch meist vorhersehbar und gesanglich für meinen Geschmack etwas eintönig.

Dabei gibt es durchaus Höhepunkte wie den ´Trouble Blues´, das melancholische ´Rusty Dagger´ oder den Titelsong. Auch die ´Bullfrog Blues´ Version geht in Ordnung, verblasst aber selbstverständlich neben der Rory Gallagher Version. Für Genrekennerinnen und -kenner durchaus als musikalischer Tipp verwendbar.

(7 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/AlastairGreeneOfficial


GURU GURU – The Incredible Universe Of Guru Guru
2023 (Repertoire Records) – Stil: Krautrock/ Worldmusic/Fusion

Nach weit über fünf Dekaden veröffentlichen GURU GURU mit ´The Incredible Universe Of Guru Guru´ keine weitere Kompilation, sondern in der Besetzung Mani Neumeier (Schlagzeug, Gesang), Roland Schaeffer (Gitarre, Saxophon, Gesang), Peter Kühmstedt (Bass, Gesang) und Zeus B. Held (Keyboards, Synthesizer, Gesang) überraschenderweise nochmal ein nagelneues Studioalbum, das zu überzeugen weiß.

Der Opener ´Free Krautrock!´ ist ein instrumentales Kraut und Psychedelic Rock-Stück, bei ´Freedom´ kommen im Anschluss sogar gleich noch die Weltmusik- und Jazz-Elemente hinzu. Doch GURU GURU wollen in der Folge beweisen, dass sie mehr als nur Krautrock können und legen mit Rock (´Back To The Roots´), Funk (´Hold The Jelly´), Reggae (´Life Is A Gamble´) sowie Electronica (´Guru Guru’s In Da House´) eine variable Songpalette vor, die jedoch den Alten und Grauhaarigen unter der Jüngerschaft nicht jederzeit munden wird. Dennoch, und nicht erst durch eine neue Version des Klassikers von 1973 (´Elektrolurch Mutation ’23´), ein schöner Augapfel in der langen Bandgeschichte.

(7,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/gurugurugroove


PETER HAMMILL – Been Alone So Long: The Naked Songs-Tour, Bremen 1985
2024 (MiG Music) – Stil: Rock

Mit Peter Hammill kann der geneigte Hörer jederzeit, gestern wie auch heute, in ein eigenes Universum eintauchen. Da die Achtzigerjahre aus diesem Universum noch nicht allzu viel Live-Alben an die Öffentlichkeit gebracht haben, etwa ´Live At Rockpalast´ und ´The Margin´, sollte jeder aufgrund der Solo-Aufnahme ´Been Alone So Long: The Naked Songs-Tour, Bremen 1985´ in Begeisterung ausbrechen.

Den Peter Hammill der Achtzigerjahre will schließlich jeder noch einmal allein an der Gitarre oder am Klavier erleben. Er hat sogar auf dieser 24 Stationen umfassenden Tournee, die am 8. März 1985 von „Radio Bremen“ in Bremen mitgeschnitten wurde, einige weniger oft gespielte Songs sowie welche von VAN DER GRAAF GENERATOR auf seiner Setlist.

Ein echtes Erlebnis, das auch heute noch jeden Zuhörer zu einem Peter Hammill-Jünger werden lässt.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/peterhammillofficial


HIGH DESERT QUEEN – Palm Reader
2024 (Magnetic Eye Records) – Stil: Heavy-/Desert Rock

Die Truppe aus Austin, Texas, präsentiert mit ´Palm Reader´ ihr zweites Album und beweist gleichzeitig, dass Stillstand uncool ist und setzt somit auf dem neuen Album auch neue musikalische Akzente. War man auf dem Debüt noch markant psychedelischer unterwegs, zeigt sich auf ´Palm Reader´, dass das Quartett sich etwas mehr vom Doom, dreckigen Heavy Rock und auch klassischen Heavy Metal hat beeinflussen lassen.

Herausgekommen sind satte Heavy Rock-Nummern mit breitgefächerten Verbindungen und unkonventionellen Übergängen. Dass man den Desert Sound nicht ganz abgelegt hat, ist ebenso unüberhörbar, wie die Seventies Rock Einschläge. Der Band gelingt es, Spannung zu erzeugen und alles andere verstrahlt zu klingen. Auch wenn es mal sperrig wird, wie bei ´Time Waster´, bleibt der Fuß beim Hörer nicht still stehen. Dafür überzeugen Nummern wie ´Head´Honcho´ oder der Titeltrack mit gepflegter Heavyness und unbändigem Temperament. ´Palm Reader´ wirkt beim ersten Durchgang zerstreut, offenbart aber mit der Zeit einen angenehmen Tiefgang.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://de-de.facebook.com/highdesertqueen/


JÄST – Heartlight (Song)
2024 (Independent) – Stil: Hard Rock / AOR

Steven Wussow und Axel Ritt (früher GRAVE DIGGER) haben u. a. zusammen bei DOMAIN gespielt und wollen mit dem neuen Projekt JÄST den Rock zurück ins Radio bringen. Wer hört noch Radio? Egal. Mit der talentierten Sängerin Jessica Conte und Drummer Tim Breideband haben sie einen ersten Song aufgenommen, der jetzt vorliegt. ´Heartlight´ knüpft an die ordentlichen Rocksongs der 80er Jahre an und Gesang und Songwriting sind schon einmal ganz vielversprechend. Werten kann man natürlich erst, wenn mehr vorliegt.

(Ohne Wertung – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/profile.php?id=61556364389245                

 


KNIGHTS OF THE REALM – Darker Than Leather
2024 (Playground Music) – Heavy Metal

Dass skandinavische Musiker und hiervon speziell schwedische Musiker nicht ausgelastet sind, zeigt sich immer wieder an den vielen Projekten und Bands, in denen manche Musiker beteiligt sind. KNIGHTS OF THE REALM ist auch so eine Kiste. 2021 hat man sein gleichnamiges Debüt veröffentlicht und schiebt nun einen Nachfolger an die Startlinie.

Musiker wie Magnus Henriksson von ECLIPSE, Drummer Lars Sköld von TIAMAT, Bassist Mats Rydström von AVATARIUM sowie Sänger Marcus von Boisman, der aktuell bei TANK trällert, bilden das Line up von KNIGHTS OF THE REALM. Geboten wird satter Heavy Metal mit leichtem Old School-Flair und tendenziell einem Mix aus Heavy ECLIPSE und sehr späten TANK. Dazu melodische Aspekte der schwedischen Schule, das alles gut verpackt in solide Songs, mit dem einen oder anderen Ohrwurm-Refrain. Die Gitarrenarbeit ist schlicht, aber dafür knallig und heavy. Die elf Tracks offenbaren keine Neuigkeiten, bieten allerdings klasse Songs, die stabil im Gehör hängen bleiben. Treibende Tracks wie ´Mean Machine´, ´Burn´, ´Power Of Evil´ oder ´Killer Machine´ können sich schon fast den Schuh des Power Metal anziehen. Lohnenswerte Scheibe für Fans von klassischem Heavy Metal mit nicht unerheblicher Power Metal-Schlagseite. Top.

(8,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://sv-se.facebook.com/knightsoftherealmofficial


LILAC VEGETAL – Lilac Vegetal
2024 (Grazil Records) – Stil: Doom the Noise

Wo einst die totale Leere vor sich hin vegetierte, macht sich nun der Noise von LILAC VEGETAL breit. Hier entfalten sich auch die Sprösse des Doom, Stoner und Drone, des Rock und Experimental Rock.

Aus Niederösterreich haben David Schrittwieser, Maximilian Zeller und Tobias Pöcksteiner einige Takte außer der Reihe mit mehrstimmigem Gesang gekreuzt und so das Licht als auch die Finsternis zum Leben erweckt.

Obwohl die Musik von LILAC VEGETAL schon für sich allein gesehen geil und abgefahren ist, geben sich noch die österreichische Jazzvirtuosin Astrid Wiesinger für ein Saxophonsolo und der slowenische Keyboarder Alen Grižonič für ein Hammondorgelsolo die Ehre.

Für neue und absonderliche Klanglandschaften sind ab sofort LILAC VEGETAL die erste Anlaufstelle und allererste Wahl.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/lilacvegetal


MEANWHILE PROJECT LTD – Sir Mandrill
2024 (Kapitän Platte) – Stil: Progressive Rock

Marcus Adam und Marcell Birreck starteten das Projekt im Jahr 2012 in Köln. ´Sir Mandrill´ ist das dritte Album. Und ja, ich war schon überrascht, denn nach dem kurzen Intro erinnert ´Overbalanced´ an selige GENESIS-Zeiten, als der exzellente Peter Gabriel noch sang. Diese Phase von ´Trespass´ bis zu ´The Lamb Lies Down On Broadway´ ist noch heute meine liebste Progressive Musik. MEANWHILE PROJECT LTD kopieren das jetzt nicht, aber durch die gesangliche Nähe zum jungen Peter Gabriel gib es immer wieder angenehme Erinnerungen so bei ´Refilled´. Die Band kann aber auch rockiger wie bei ´Bob Ross´ oder dem recht eingängigen ´Without Any Diving Suite´. Bei ´Mr. Singh´ klingt der Gesang zunächst dann auch einmal wie bei Neil Young, bleibt aber im orchestralen Kontext. Der Titelsong strahlt Exotik und erstaunliche Musikalität aus. ´Substitute´ zum Abschluss ist ein sehr schöner und melancholischer Schlusspunkt.

Das ganze Album ist sehr spannend und abwechslungsreich und klingt für mich sehr „britisch“. Es ist nicht zu verkopft, kann aber sicher vor allem die progressiven Hörerinnen und Hörer erreichen. Zu diesem schönen Werk kann man der Band auf jeden Fall gratulieren. Gibt es auch nummeriert als Vinyl in gelb und schwarz.

(8 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/meanwhileproject.ltd


NEAR DEATH EXPERIENCE – Brief Is The Light
2024 (M&O Records) – Stil: Gothic Rock / Doom

Sehr dramatisch und düster kommen die Songs dieser französischen Band aus der digitalen Konserve. Insbesondere der Gesang von Anne Soazig Couëdel ist sehr herausfordernd und deshalb aber auch etwas Besonderes. Für einige vielleicht besonders schräg, für andere genau die richtigen Töne für eine düstere Scheibe. Ich finde ihn interessant, auf Dauer schon etwas schwierig zu konsumieren. Ich mag allerdings ganz gerne Gesang, der etwas anders ist.

Das Debüt der Band handelt auch von Gewalt gegen eine Frau, die im Koma landet und es werden ihre Nahtoderfahrungen geschildert. Nicht gerade leichte Kost. Musiker ist Mathieu Bonfardin, der Gitarre, Bass, Schlagzeug und Klavier im Alleingang bespielt. Songs wie ´No Tomorrow´ oder ´A Voice In The Dark´ haben gerade durch den Gesang eine besondere Note. Bei ´The Neverending Journey´ wird es dann erst ruhig, bevor Thrash-Elemente und Gothic-Traurigkeit wieder den musikalischen Pfad aufnehmen. Durchaus mal reinhören, wenn man auf dunkle Musik steht.

(7,25 Punkte – Harald Pfeiffer)


NIGHTMARE – Encrypted
2024 (AFM/Soulfood) – Stil: Heavy Metal

Frankreichs NIGHTMARE standen mal für soliden Heavy Metal made in France. Seit der Reunion 1999 fiel man aber eher durch konstante Line up Änderungen und musikalische Selbstfindung auf. Seit zwei Jahren hat man eine neue Sängerin. Barbara Mogore, und erneut hat man sich stilistisch verändert. Frau Mogores Stimme hat ihren Reiz, auch weiß sie variationsreich zu agieren, was wiederum auf den Stil der Band abfärbt, der sich durch die vielfältigen Einflüsse nicht exakt kategorisieren lässt.

Sinfonische Elemente finden sich ebenso im Soundgeflecht wie melodische Death Metal-Parts, abgerundet mit einer hohen Melodiedichte. Mit dem einst ursprünglichen Sound hat das nicht im Geringsten mehr was zu tun. Da hilft es auch nichts, dass man ´Eternal Winter´ von 2009 neu eingespielt hat. Durch den enorm modifizierten Gitarrensound und den dazugehörenden Elementen fällt er zwischen den ganz neuen Stücken und deren Ausrichtung kaum auf. Das Album hat seine Momente, gefällt immer wieder mal mit fetten Riffs und schönen Melodien – aber wer NIGHTMARE aus den frühen Tagen erwartet, wird geschockt sein. Ein neuer Bandname hätte das Problem eventuell leicht umschifft. So muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, mit allem aus den frühen Tagen gebrochen zu haben. Anderseits trifft das Liedgut aber den Puls der Zeit.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/nightmare.france/?locale=de_DE


SHARPNEL – In Gravity
2024 (Candlelight Records) – Stil: Thrash Metal

Wie schon auf dem 2020er Album ´Palace For The Insane´ zu erkennen war, haben sich die Briten vom ihrem harten, teils stumpfen Thrash Metal etwas gelöst und zeitgenössische Elemente in ihre Kompositionen einfließen lassen. Knapp vier Jahre später geht man diesen Weg konsequent weiter, entfernt sich noch deutlicher vom traditionellen Old School-Geballer und orientiert sich eher an Truppen wie TRIVIUM oder LAMB OF GOD. Die bissfesten Riffs werden rhythmisch-modern dezent unterlegt und shreddern teils im Groove.Modus.

Hier passt alles, auch die teils melodisch ausgefallenen Refrains wirken nicht wie ein Fremdkörper, sondern runden die Stücke sauber ab. ´In Gravity´ positioniert die Briten neu auf der Tanzfläche und zeigt, man kann sich neu erfinden, indem man Thrash Metal, Death Metal und auch Metalcore verbindet und keinen abrupten Bruch zu seinen Roots vollführt, sondern zielbewusst Schritt für Schritt (also von Album zu Album) neue Wege geht.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/ShrapnelOfficial


SILVER HORSES – Electric Omega
2024 (Bad Reputation) – Stil: Hard Rock

Ursprünglich 2011 von Tony Martin (BLACK SABBATH) und dem italienischen Gitarristen Gianluca Galli als Sideprojekt gegründet, liefern 2024 SILVER HORSES ein drittes Album, bei dem sich TYGERS OF PAN TANG-Sänger Jacopo Jack Meille als Frontmann wiederfindet. Nicht überraschend wie sich herausstellt. Spielten Galli und Meille schon 1989 zusammen in Bands wie MAD MICE und MANTRA.

So finden sich auf dem dritten SILVER HORSES-Release einige MANTRA-Titel, die man neu arrangiert hat, zusammen mit einigen brandneuen Songs. Musikalisch liefert man klassischen, in Teilen modifizierten Hard Rock mit Einflüßen aus WHISTESNAKE, LED ZEPPELIN und Co. Ganz die klassische Kiste mit viel vertrautem und wenig überraschendem. Allerdings handwerklich Top gemacht.

Mit Meille als Sänger haben sie natürlich einen Mann am Mikro, der den Songs einen wiedererkennbaren Schliff verpasst. Wer Seventies Hard Rock mit wenig angestaubter Gitarrenarbeit mag, der wird Nummern wie ´The Big Wave´, ´Trapped In The Woods´, ´Bag Of Bones´ oder ´Black Hawk Dawn´ feiern. Für Hard Rock-Fans mit Retro-affiner Leidenschaft.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/profile.php?id=100059997323447


TAKE OFFENSE – T.O.Tality
2024 (MNRK Heavy) – Stil: Crossover

´T.O.Tality´ ist bereits das vierte Werk von TAKE OFFENSE und wieder einmal geht die Band aus Chula Vista, Kalifornien, ihren eigenen Crossover Weg aus Thrash, Speed Metal und Hardcore.

Sie lieben die Zeiten als jeder mit einem Skateboard unter dem Arm durch die Gegend lief, als George Lynch und Eddie Van Halen die Gitarrengötter und Bands wie CRYPTIC SLAUGHTER und SUICIDAL TENDENCIES der letzte Schrei waren.

Dennoch klauen sich TAKE OFFENSE bei ihren vierzehn Songs auch Riffs aus der Kiste von MEGADETH und SLAYER, Hauptsache mörderisch geil und irgendwie am Ende doch nach Kalifornien der Achtzigerjahre klingend. Ein echter Jungbrunnen.

(7 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/takeoffensezone


TROOPS OF DOOM – A Mass To The Grotesque
2024 (Alma Mater Records) – Stil: Death Thrash Metal

Nein, ich finde TROOPS OF DOOM sind keine Supergroup, wie manche in den Raum stellen. Das brasilianische Quartett ist schlicht eine hungrige Old School-Death Thrash Metal-Walze, bei der der ex-SEPULTRA Gitarrist Jairo „Tormentor“ Guedz das musikalische Zepter in der Hand hält. Nach drei EPs haute man 2022 ´Antichrist Reborn´ raus, das gute Ansätze hatte, aber nicht richtig zu überzeugen wußte. Jetzt, mit dem Nachfolger ´A Mass To The Grotesque´, ist man da angekommen, wo man wohl hin möchte. Bei einem wuchtigen Old School Sound, der sich als Tribut an die alte Zeit zeigt oder schlicht ein Relikt der Vergangenheit darstellt.

Egal wie man es nennen möchte, der Death-Thrash-Mix wird konsequent und intensiv geliefert. Einflüsse von POSSESSED, KREATOR oder SLAYER finden sich immer wieder in den elf satt produzierten Songs, bei denen man zwar keinerlei Innovativen erkennen kann, dafür aber ein ausgewogenes Verhältnis von Aggressivität, Wut, fiesen Riffs und unbeschwerter Spielweise. Ausfälle nach unten oder oben gibt es nicht. Das Album wirkt wie eine Wand: unverrückbar. Mit der Zeit haben sich dennoch einige persönliche Favoriten etabliert: das recht abwechslungsreiche ´Gods Of Bizarre´, das rasende ´Denied Divinity´ mit unüberhörbarem SLAYER Einfluss oder eben die hackende Walze ´The Grotesque´. ´A Mass To The Grotesque´ liefert großartigen Old School-Death Thrash und braucht sich hinter den letzten Scheiben aus dem Hause SEPULTURA nicht verstecken. Back to the Roots!

(8,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://de-de.facebook.com/thetroopsofdoom/


VIOLETTE SOUNDS – Infinity
2024 (Lucky Bob Records / SPV) – Stil: Progressive Rock

Die Band hat schon länger eine Kooperation mit dem in der Schweiz im Exil lebenden Tibeter und Musiker Loten Namling aufgenommen. Das klingt dann vor allem wegen des Gesangs sehr originell. Aber die Musik ist nicht nur Beiwerk, sondern wandert wild zwischen Rock, Jazz, Blues und progressiven World Music-Elementen hin und her. Bei ´Panchen Lama´ steht der Rock im Vordergrund, beim Titelsong gibt es Fusions- und Blues-Elemente. ´Bodhisattva Heroes´ pendelt zwischen THE DOORS und Nick Cave. Es bleibt immer spannend, aber auch immer eine Herausforderung, dank des besonderen Gesangs von Loten.

´During A Day´ bietet Experimentelles und Fusions-Elemente. ´Milarepa Duo´ konzentriert sich auf die religiösen Gesänge. ´Birthday Song´ ist mit seinem Sprechgesang nicht unbedingt zugänglicher. ´Dr. Böhm´ integriert, wie auch andere Songs, Krautrock-Elemente, ´The Land Behind Your Mind´ ist bombastischer Rock an die Ende 60er-Jahre angelehnt. Eine Stunde lang gibt es spannende und sehr vielfältige Unterhaltung. Ob man das mag – insbesondere den besonderen Gesang – sollte jede und jeder selbst herausfinden. Denn das ist keine einfache Gebrauchsmusik.

(7,5 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/VioletteSounds


WAXLEGS – Horny Tears From Hell
2023 (Bretford Rec/Iron Shield Records) – Stil: Heavy Metal Punk

Aus den Untiefen der Berliner Subkultur springen uns WAXLEGS an. Ihr puristischer Mix aus Heavy Metal mit Punknote erinnert immer wieder an die Achtziger, ohne dass der Retroaspekt kreiert wirkt. Musikalisch ein Mix aus PLASMATICS, rohen TANK, etwas ACID, kleinanteiligen RAMONES Ansätzen und chaotischem Untergroundsound, wirkt man alles andere als konventionell.

Der Vierer um die blonde Frontdame hat genug Mittelfinger-Attitüde, um mit seinem Zwittersound in der Metal wie in der Punk-Szene zu bestehen. Neben gehobelter Wildheit kann man sogar geschmeidig, fast schon Radiokompatibel, wie ´Nightmares´ mit doomigen Facetten beweist. Aber das sind eher Ausnahmen. Vollgas-Nummern wie ´Killer´, das großartige, fast schon an ACID-erinnernde ´Acid Maniac´ oder ´Midnight Sun´ sind die wahren Bomben des Albums. Schräg, schnell, schäbig und total Untergrund – WAXLEGS haben das Zeug zum Kult.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)  – https://www.facebook.com/waxlegs


 
 
 
 
Bis zum nächsten Klick. Euer Michael und das gesamte SaitenKult-Team

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