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SUFFERSYSTEM – Disintegration Of The Individual

~ 2024 (Black Blood Records) – Stil: Death/Thrash Metal ~


Es beginnt mit dem unsäglichen „This is a promotion song“ Gequatsche, mindestens dreimal pro Song. Damit ja die Stücke vom EPK nicht unerlaubt im Internet auftauchen. Das haben nicht einmal METALLICA letztes Jahr gebracht, Hut ab, Black Blood Records. Muss ich nun annehmen, dass die reguläre Kaufversion auch derartig verunstaltet ist und vom Erwerb abraten?

Also ein „Fuck Off“ an die Label Promo-Abteilung für diesen idiotischen Quatsch, der vor 25 Jahren vielleicht mal aktuell war. Eigentlich bespreche ich solche Nervpromos nicht.

SUFFERSYSTEM sollen aber nicht durch das Gebaren ihrer Promospacken leiden. Dafür ist die Musik einfach zu schön, äh, hässlich, naja, schön hässlich oder hässlich schön. Ihr Deathmetal schreit über 30 Jahre später nach 1991 oder 1992, nach verwarzten Club-Bühnen, verschwitzten Kids im Rausch des Gewalttanzes mit den coolsten Patches auf der Kutte und Shirts von den angesagten Killerbands der Stunde.

Der verspielte, rohe und doch anspruchsvolle Deathmetal des Duos ist so altbacken, wie er erfrischend auf meine Seele einwirkt. Besonders die oft melodischen und furiosen Soli erschaffen im Paket mit den massiven Riffs eine unweltliche Atmosphäre. Düster und morbide tobt sich Song für Song eine Erinnerung an die glorreichen Zeiten unserer Jugend durch unsere Seele.

Geil ist der Sound hier, lebendig, echt und roh. Die Musik hat Feuer und dampft vor Lust. Tempowechsel und neue Passagen bestimmen das Bild. Dadurch bekommt das Album eine erzählerische Wirkung, wobei am Ende der Aspekt der physischen Freude am Deathmetal überwiegt. Mann, sind die HEAVY.

Und sie können so herrlich makabre Düstermelodien zwischen den ordentlich brutal sägenden Riffs platzieren, dass hier kleine Hymnen entstehen. 1991 ist natürlich inzwischen weit fort und es sind viele Deathmetal-Helden gekommen und auch wieder gegangen. Und so ist die Musik der Ruhrpöttler sicher frei von innovativen Momenten. Aber auch bereits dagewesene Klänge können ja begeistern, wenn man sich auf sie einlassen kann. Genuss ist das oberste Gebot vor der musikalischen Revolution.

SUFFERSYSTEM wirken oft in ihren kompositorischen Gesten vertraut. Aber durch ihre Schmissigkeit bleiben die Stücke doch Recht rasch kleben und entfalten ein machtvolles Potential.

Dieser Deathmetal Stil kommt ohne das extreme Geknüppel vieler Amibands aus, aber die ebenso scharfkantigen wie rostig schmutzigen Riffs säbeln Dir förmlich die Bauchdecke auf und ziehen Dein Gedärm heraus. Und wenn dann auf einem treibenden und extrem düsteren Akkordgeschrubbe eine abgeflogene Leadgitarrenmelodie als entfesseltes Solo erscheint, zieht es Dir noch das Gehirn aus der aufgesägten Hirnschale. Dieses Album hat etwas äußerst Verdorbenes an sich.

Ich glaube zwar, dass das Drumming hier vom Computer kommt, aber ich kann mich irren. Die Rhythmusfiguren sind immer etwas komisch und scheinen im Mix unterzugehen. Glauben wir mal an das Gute im Metaller und hoffen auf ihre Echtheit.

Diese leichten Makel sind alle keine. Die Songs sind so böse und cool. Insbesondere der Gesang ist echt. Man könnte meckern, kann aber auch genießen. Ein paar Mal gehört und das Album schickt sich an, für immer bei einem zu bleiben. Ist für eine neue Platte eines nach bald 40 Jahren fast vollständig ausgeloteten Genres eine ordentliche Sache.

Ich gebe da gerne 8 Punkte, weil sie die Traditionen ehren und auch noch gut genießbar sind. Und catchy.

 

https://www.facebook.com/Suffersystem/


(VÖ: 15.03.2024)