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ZLÓRTCHT – Welcome To The Zlórtchterhaus

~ 2023 (Witches Brew) – Stil: Raw Black Thrash ~


Die liebe Cheryl Schindler hat ein tolles Näschen für Underground Metal allerfeinster Güte. Es muss dabei nicht das Rad neu erfunden werden, aber Komposition, Leidenschaft bei der Performance und Spirit müssen stimmen.

Phil Howlett ist ein Musikverrückter aus Adelaide im Süden Australiens. Seine Playlisten, die er auf Facebook postet, sind ebenso legendär wie seine Doombands ROTE MARE oder LUCIFER’S FALL. Und nun kommt er mit ZLÓRTCHT. Der komische und beinahe unaussprechliche Name sagt noch wenig aus, aber es kann ja nur Doom Metal s…oooouf. Das hat gesessen. Kein Doom bzw. nur wenig Doom.

Phil hat hier fast im Alleingang das Album gemacht, welches HELLHAMMER in der Transformationsphase zu CELTIC FROST hätten machen können, wenn nicht alles innerhalb von wenigen Monaten damals 1984 passiert wäre. Ich bin ja kein Fan von Namedropping, aber Phil trägt seine Inspirationen sehr offen vor sich her. Sein Album klingt dabei schön rau und echt, gut gespielt, aber bewusst einfach komponiert.

Das macht nun gar nichts, denn er bringt soviel Wahnsinn und Abseitigkeit in diesen Urblackmetal rein, daß niemand zweifeln würde, hier ein Album von 1984 oder spätestens 1985 zu hören. Die Leadgitarren werden wohl von einem Mitmusiker eingespielt und sind herrlich entfesselt und chaotisch, zaubern aber durchaus kultige Melodien auf die abgedrehten Kultmetalnummern. Sie sind kauzig und doch so liebenswert dabei, daß ein Underground-Metalhead schlichtweg in Verzückung gerät. Der Sound klingt nach Demo, nach Heimaufnahme und trotzdem transparent. Phil arbeitet mit der Kraft von Komposition und Spielfreude. Da reichen relativ nackte Knochenskelette bei den Arrangements aus. So würde sich seine Musik auch live anhören. Irgendwo taucht beim Drumming sogar die ominöse „Cow Bell“ auf (we need more of that). Das heisere Geknurre ist schön räudig und fies, charismatisch und eindringlich. Da wird einem alten Extremmetal-Fan ganz warm ums schwarz verkohlte Herz.

Hier ist wieder das Fehlen jedweder Innovation ein möglicher Kritikpunkt, aber Phil macht es wirklich gut. Die Atmosphäre stimmt, das Hörgefühl ist wieder wie beim ersten Mal, als mir jungem Spund 1991 die frühen Thrash- und Deathmetal-Platten im Laden meines Vertrauens unterkamen und wegbliesen. Aber braucht man das denn? Es ist natürlich 2023, eine aktuelle Platte, die sich komplett am alten Keks orientiert. Aber frisch gebacken nach altem Rezept schmeckt mir. So wie Mamas Vanillehörnchen.

Ob zähflüssig wie kochender Teer oder brodelnde Lava oder eruptiv, furios und sich fast überschlagend vor Lebensfreude, ZLÓRTCHT ist die Essenz des 1984er Blackmetal, der mit Doom und Punk liebäugelt. Und diese liebenswerte Garstigkeit kann man nur dann hinbekommen, wenn man mit der verkorksten Seele viel zu tief drinsteckt. Phil macht es nicht, um jungen Hipsterspunden zu gefallen. Er macht es aus Liebe zur Musik der anderen Seite.

(8,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/Zlortcht/
https://zlrtcht.bandcamp.com/album/welcome-to-the-zl-rtchterhaus