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TREVOR RABIN – Rio

~ 2023 (Inside Out) – Stil: Progressive Rock ~


Trevor Rabin stammte ursprünglich aus Südafrika. Sein Ruf als Gitarrist wurde schnell überregional bekannt und er brachte nach seiner Übersiedlung nach England drei Soloalben heraus. Nachdem verschiedene Anläufe unternommen wurden, den Gitarristen und Sänger in eine Supergroup zu integrieren, geschah dann das, wofür Trevor Rabin bis heute bekannt ist. Er spielte mit YES das kommerzielle Erfolgsalbum  ´90125´ ein. Ein klarer Stilbruch zum bisherigen YES-Material, was nicht an ihm alleine lag. Ich gebe zu, auch ich war damals von dem Album begeistert, das harte ´Owner Of A Lonely Heart´ ist bis heute ein absoluter Alltime-Klassiker. Die alten YES-Fans waren nicht alle begeistert, aber der kommerzielle Touch wurde unter Mitwirkung von Trevor auch auf den Nachfolgern zunächst beibehalten.

Trevor machte dann andere Projekte, hörte zwischendrin ganz auf und war 2017 zum 50. Geburtstag wieder mit YES unterwegs. Mit der einen YES-Formation namens „YES, featuring Jon Anderson. Trevor Rabin, Rick Wakeman“, denn es gab ja noch die anderen YES mit Steve Howe. Egal. Nach dem letzten Studioalbum ´Jacaranda´ 2012 und diversen Soundtracks und einer Live-Platte ist Trevor mit ´Rio´ wieder im Geschäft und hat zehn Songs eingespielt und vor allem auch eingesungen. Bis auf vokale Unterstützung und das Schlagzeug wurde fast alles von ihm selbst aufgenommen.

Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen, klingt irgendwie wie YES. Das wäre nicht einmal falsch. Zumindest der Musikstil geht in Richtung YES, das heißt progressiver Rock, meist eher melodisch und sanft als hart wie `Owner….´. Gitarrenriffs gibt es selten, es dominieren neben Trevors hohem und angenehmen Gesang vertrackte Rhythmen, viele Keyboards, Chöre und Gitarrentöne, die sich an die Keyboards oft anpassen. ´Big Mistakes´ ist zu Beginn noch mit der härteste Song, da er von einem Gitarrenriff geleitet wird. Und ist auch eher eingängig und endet mit hartem Gitarrensolo. Die meisten anderen Songs sind softer, aber immer technisch sehr anspruchsvoll und bieten viele musikalische Entdeckungen. Wie das mit einem interessanten Gitarrenmotiv, das vom Keyboard übernommen wird, beginnende ´Push´. Trevors Gesang ist hier in der Ton-Höhe nicht weit weg von Jon Anderson, klingt aber natürlich schon anders. Trotzdem klassischer Progressive Rock. Einer der besten Songs, sein Motiv erinnert mich etwas an ´Quadrophenia´.

Das von akustischer Gitarre dominierte ´Oklahoma´ zeigt die technische Finesse von Trevor Rabin und erinnert mehr an den Prog der 70er Jahre als an die 80er und wird mit sanften Vocals eingesungen. Schöner Song. ´Paradise´ hat dann eine gewisse „Radiotauglichkeit“, wie man früher so schön sagte, und ist auch sehr melodiös aufgebaut. Und es kommt zum Banjo- und Dobro-Einsatz. ´Thandi´ ist deutlich komplexer als die beiden vorherigen Songs. Und rockt zu Beginn wieder mehr. ´Tumbleweed´ klingt mit seinen Chören irgendwo zwischen QUEEN und GODLEY & CREME. ´Egoli´ arbeitet auch mit viel vokalem Einsatz. ´Toxic´ enthält halsbrecherisch schnelle Soli und klingt mit seinen vertrackten Rhythmen damit schon wie KING CRIMSON. Zumindest bis die Chöre einsetzen. ´Hills´ ist ein verstörender Abgang mit dunklen Chören zum Schluss.

Man sieht Trevor huldigt dem progressiven Rock in allen Variationen, ohne sich dem Stil komplett zu unterwerfen. Für alle, die zeitlosen und technisch anspruchsvollen Rock mögen, ohne den musikalischen Faden ständig suchen zu müssen. Heißt: an eingängigen Melodien und Strukturen lässt es Trevor bei aller musikalischen Finesse meist nicht mangeln. Es gibt einen roten Faden, der die Songs zusammenhält. Wer um den Progressive Rock schon immer einen Bogen gemacht hat, sollte das auch hier tun. Es gibt das Album übrigens in allen möglichen Versionen, auch viel Vinyl.

(8 Punkte)

 

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