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DANAVA – Nothing But Nothing

 ~ 2023 (TeePee Records) – Stil: Heavy/Hard Rock ~


Das Label ist mir schon genehm, spricht es doch für erdigen Hardrock, Südstaatenspirit, genügend Schmutz unter den Fingernägeln und eine Liebe zur Tradition. Etwas Punk, Rock’n’Roll, Doom und Stoner ist hier sicher auch ab und zu präsent. Unter anderem die in den späten 80ern auf den Plan geratenen, aber ganz deftig nach 70er US Rock duftenden RAGING SLAB hatten bei „TeePee“ einen Run um die Jahrtausendwende. Auch THE SKULL, mit ex-TROUBLE Leuten, unter anderem Sängerlegende Eric Wagner (RIP), dazu die Heavyrocker ATOMIC BITCHWAX sind mir ein Begriff. Sleazerock, Doom, Wüstenrock, Heavyrock, das passt schon. Kann also nur passen.

Und die tatsächlich schon lange aktiven Lederjackenrocker DANAVA, eine Empfehlung meines Buddies Ray Dorsey, ehemals Chaos / Chaos Realm Fanzine, passen da gut ins Bild, obgleich hier noch mehr der 80er Heavy Metal-Sound regiert. Sie kommen ursprünglich vom eher 70er beeinflussten Hardrock. Jaulende Leadgitarren auf Dauerbetrieb, ein feister treibender Groove, ein knirschend schmutziger Sound der Riffs, coole Gesangsmelodien mit lässigem Ausdruck schaffen Bilder von aufgemotzten Camaros, tanzenden blonden Schönheiten mit über dem freien Bauchnabel verschnürten Hemden und Blue Jeans mit knapp unter dem Po-Ansatz abgeschnittenen Hosenbeinen, langen staubigen Landstraßen und vor Testosteron übersprühenden Jünglingen. MOUNTAIN, GRAND FUNK RAILROAD, man kann an so manche Kultband denken. Nicht innovativ, aber geil und bestens für einen ungezwungenen Moment im Leben des in grauen Alltag eingebundenen Erstweltsklavenbürgers gemacht. Drei Alben gibt es 2006, 2008 und 2011. Dann ist (Grand) Funkstille.

Kommen wir zu Album Nr. 4 nach zwölf Jahren Pause. Das Cover von ´Nothing But Nothing´ sagt schon alles. Eine in Orange und Rot brodelnde vulkanische Apokalypse und ein Totenschädel ohne Unterkiefer, der aus diesem Inferno auftaucht und den Vordergrund einnimmt. Das ist machtvoll, das verspricht ein eruptives Erlebnis. Und DANAVA halten ihr Versprechen.

Erstmal liegt der Platte ein Poster mit der Band bei. Vier langhaarige Typen in Lederjacken und schwarze Jeans gekleidet, drei davon mit modischem Retrometalschnurrbart. Einer trägt ein IRON MAIDEN-Shirt. Und nach dem Aufsetzen der Nadel bricht auch schon das wunderbare Inferno los. Die Gitarren feuern grandiose Leads und dampfende, schwungvolle Riffs über die jeweils komplette Spieldauer eines Stückes ab, immer eindringlich, immer auch lässig und cool, gerne eher bodenständig, aber dann zuweilen fantastische Melodien präsentierend, die Dir umgehend den Verstand ausknipsen. Und diese Harmonien werden gerne, gerade beim irrsinnigen Instrumental ´Season Of Vengeance´ mehrstimmig im Affentempo gespielt. Der Bass pumpt derweil die kleinen Unebenheiten voll, bollert aber auch gern seine eigene Melodienvariation dazu und ist zugleich mit dem tosenden und treibenden Schlagzeug verwoben. Mann kann jedem Instrument zuhören und dessen eigene Welt entdecken. Der Sänger hat diese helle, mittelhohe Art, wie sie oft in den aktuelleren Retroproduktionen zu finden ist. Er klingt sicher nach anderen Leuten, weiß jedoch zu gefallen. Auch wenn die Songs heavier und wilder sind, seine 70er Hardrock / Classic Rock Stimme mit leichter OZZY Intonation holt mich ab und sollte das auch mit Euch tun.

Mein erstes Highlight ist der Seite Eins abschließende Hammer ´Enchanted Villain´, ein machtvoller, meist mittelschneller Headbanger mit kurzen Synthesizereinschüben, waghalsigen Leadgitarren und dunklen, zuweilen bedrohlichen, immer aber packenden Melodien mit klassisch metallischem Ansatz. Und nicht, dass die drei Songs davor keine Highlights wären, aber der hier setzt noch einen drauf. Sabbernd vor besinnungsloser Lust kauere ich vor dem Plattenspieler und versuche, die LP unfallfrei umzudrehen.

Schon machen DANAVA wieder einen Aufstand, während ich mich über den Flughafen Narita in die Rock City einfliegen lassen will. Auch wenn sie mir drohen, dass ich um Mitternacht sterben würde, ich denke, dass ´At Midnight You Die´ eher dafür steht, dass alle Konventionen, Hemmungen und Dogmen der Gesellschaft zu Tode kommen, während der Hörer, in meinem Fall ich, von dem treibenden, coolen und gut gelaunt wilden Heavy Metal, der den Songtitel trägt, direkt ins schöne Leben getreten wird.

Neben den coolen Gesangspassagen gibt es hier unglaublich viele längere instrumentale Abritte mit allmächtiger Riffpower und hypnotisierenden, lustvoll aus allen Rohren abgefeuerten Leads und Harmonien. Verspielt, atemberaubend flott, technisch auf hohem Niveau gehalten. Nicht später als 1980 haben die Genreväter diese Stilistiken gefahren, aber bei DANAVA fühlt sich das echt und authentisch an.

Die Platte ist aber wirklich von 2023 und die Bandmitglieder sind zwischen 30 und Mitte 40. Und wirklich besser haben die meisten Bands aus der ursprünglichen Ära auch nicht geklungen. Auch von den Songs her. Dieser ursprüngliche Heavy Metal ist tatsächlich meine ultimative Lieblingsmusik und wenn ich aktuelle Bands in dem Stil erwische, die den Spirit frisch und leidenschaftlich weiterleben lassen, ist mir das am allerliebsten.

Dazu brauchen sie das nötige Quentchen Irrsinn, Hingabe und Dreck, ob von einer staubigen Landstraße oder einem stinkendem Großstadthinterhof ist dabei egal. Und mit der zweiten Seite ihrer Platte trumpfen sie richtig auf. Neben der europäischen NWoBHM-Welle (viele Amis rechnen da ja auch Bands aus anderen Ländern Europas dazu) hatte es ja zeitgleich und unabhängig eine frühe US Heavy Metal-Attacke gegeben, die hier von DANAVA hervorragend eingebunden wird. Und auch klassische europäische Einflüsse kommen ins Spiel, so beim tollen ´Strange Liller´ wo inmitten des Stücks machtvolle Chorgesänge eine mystische Atmosphäre schaffen und zum Ende hin den typischen NWoBHM-Refrain überlagern und in ein spaciges Durcheinanderpulsieren von analog anmutenden Synthesizern überleiten.

´Nuthin But Nuthin´, eine kleine Abwandlung des Albumtitels, ist dann mit einem Mal da und bringt mystischen Spacerock mit schwerem Heavy Metal der Endsiebziger zusammen. Das brodelnde Stück hat einen sehr strahlenden Refrain, bei dem unter der Gesangsmelodie wunderschöne Synthesizerläufe zwischen den Riffs umherperlen. Und viele Leads sind hier auch mit einem ollen Synthesizer gespielt worden. Das Hauptsolo aber bekommen die Gitarren. Und sogar mit zweistimmiger, sich steigernder Melodie zum Ende hin. Ja, alles schon dagewesen. Sogar schon 1979. Aber da ist wieder dieses unnennbare Element, welches den Hörer und Metalfan mit sich nimmt.

Am Ende des Albums steht dann ein sehr entspannter Song. Tschechisch? Heavy gerockt wird schon, aber in eher schleppendem Tempo mit immer wieder in der schieren Direktheit heruntergefahrenen Strophen. Tschechisch? Ehrlich? Ja. Ein Cover von Jiri Schelinger, Ende der 70er im Original. Man mag sich wundern, aber DANAVA machen das ganz wunderbar. Und die eruptiven Soli der Leadgitarre gibt es auch hier. Highlight am Ende bzw Highlights am Stück auf Seite Zwei und eine ebenfalls herrliche Seite Eins ergeben eine Schallplatte, die sich von allen klassischen Heavy Metal-Alben dieser Tage abhebt. Gerade von denen aus dem Mainstreambereich. Ich kann für die Songs, den vermittelten Spaß an Musik und Leben und den Genuss die Höchstnote geben, für die Abwesenheit von Innovationen und dem Festkrallen an 1979er Tugenden müsste ich wohl etwas abziehen. Aber mal ehrlich, wenn ganz traditionelle Bratkartoffeln richtig übergeil schmecken, gibt man als Genießer auch mal volle Punkte.

(10 Punkte)

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