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GAVIAL – Vor

~ 2023 (Exile on Mainstream) – Stil: Psychedelic Rock / Psychedelic Blues ~


Tatsächlich aus Dresden kommen die vier Rockmusiker von GAVIAL, die sich dem psychedelischen Blues verschrieben haben und sehr international klingen. Das soll ein Kompliment sein. Tatsächlich hat die Band unter dem Namen TOURETTE BOYS schon drei im Selbstvertrieb veröffentlichte Alben und einige weitere Split-Veröffentlichungen in der Bandgeschichte stehen. Warum jetzt ein Namenswechsel vorgenommen wurde, dazu habe ich keine Info gefunden. Egal, war wahrscheinlich nicht mehr politisch korrekt, der Erstname.

GAVIAL beginnen akustisch instrumentiert und klingen eher nach der weiten Landschaft des Südens der USA als nach der sächsischen Heimat. Die Assoziationen sind Wüste oder düstere Motels, wo dem Wahnsinn der Langeweile entgegengetreten werden muss. ´Modern Times´ erinnert dann ordentlich an MADRUGADA. ´Bridges´ zeigt eine gewisse Ambivalenz zwischen Sanftheit und Düsternis. Die Songs nehmen sich Zeit, der Bass treibt die Band voran, die Gitarren sind klassisch mit viel Hall ausgestattet. Sänger Benjamin Butter hat eine interessante, dunkle Stimme, die die Melancholie und Unruhe in den Songs verstärkt.

 

 

Nicht jeder Song kann gleich im Gehirn haften blieben, ´Circles, Part II´, an den Opener ansetzend, beginnt etwas schleppend mit viel instrumentalen Schleifen. ´Wheel´ ist wieder greifbarer, in seiner hypnotischen Eindringlichkeit. Gespannt war ich dann auf das über zehnminütige ´Passing´. Eine psychedelische Tortur, geheimnisvoll beginnend wie eine Mischung aus ´The End´ und PINK FLOYD. Was aber recht hoffnungsvoll startet, verliert sich für mich etwas im Fragmentarischen und ist dann doch für den wirklichen Inhalt etwas zu lang. Schade, aber vielleicht benötigt der Song viele Durchläufe. ´Famethrower´ kann da mit einer festeren Struktur und dem hypnotischen Beat wieder mehr überzeugen und endet im kleineren Chaos wie einst VELVET UNDERGROUND.

Insgesamt hat die Dresdner Band ein durchaus konkurrenzfähiges Produkt im dunklen, psychedelischen Rockbereich vorgelegt. Teilweise wäre bei einigen Songs noch etwas mehr Konsequenz wünschenswert gewesen, aber das Album kann zu einem guten Teil der Spielzeit mein Interesse gewinnen. Interessant ist das Cover. Auf den ersten Blick ein genreübliches Stillleben. Auf den zweiten Blick gezeichnet von Agonie und Siechtum. Gerne antesten.

(7,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/Gavialband/


(VÖ: 19.05.2023)