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FRANK ZAPPA – Waka/Jawaka

~ 1972/2022 (Zappa Records/Universal Music) – Stil: Jazz / Fusion ~


Das vierte Soloalbum ´Waka/Jawaka´ von Frank Zappa erschien im Juli 1972. Da das Frontcover „Hot Rats“ erwähnt, ist es auch unter dem Titel ´Waka/Jawaka – Hot Rats´ als Fortsetzung des 1969er Werkes bekannt.

Obgleich dieser Nachfolger nicht im direkten Anschluss erschien, so ließ er doch die Rock-Prämisse wieder hinter sich und wagte sich erneut auf das Experimentierfeld des Fusion. Allerdings ohne Captain Beefheart oder Sugarcane Harris an seiner Seite suhlte sich die Musik von Frank Zappa neuerlich im Jazzrock- und Big Band-Sound. Denn der Meister schien den Fusion-Sound von ´Hot Rats´ auf eine Bigband ausweiten zu wollen.

Dem beschwerlichen Weg zu diesen Aufnahmen gingen allerdings zwei folgenreiche Ereignisse voraus. Während ihres Auftritts am 4. Dezember 1971 im Schweizer „Casino de Montreux“ wurde das Equipment der MOTHERS OF INVENTION zerstört. Es war das denkwürdige Feuer, das in dieser Nacht das Casino niederbrannte und im Klassiker ´Smoke On The Water´ von DEEP PURPLE verewigt wurde.

Doch die Schicksalsschläge rissen nicht ab. Eine Woche später spielten THE MOTHERS mit geliehenem Equipment im „Rainbow Theatre“ in London. Während der Zugaben des Konzertes wurde Frank Zappa von einem Zuschauer in den Orchestergraben gestoßen, weil seine Freundin Zappa zu sehr anhimmelte. Mit schweren Kopfverletzungen und Brüchen sah sich Frank Zappa im Rollstuhl wieder und konnte ein halbes Jahr keine Konzerte mehr spielen. Sogar seine Stimme verlor ein Drittel ihres Umfangs, da der Kehlkopf zerquetscht worden war.

In diesen Tagen, Wochen und Monaten der Rekonvaleszenz kreierte er mit Session-Spielern und wenigen MOTHERS-Mitstreitern die beiden jazzorientierten Werke ´Waka/Jawaka´ und ´The Grand Wazoo´.

 

Zur Feier des 50. Jahrestags der Veröffentlichung von ´Waka/Jawaka´ erscheint das Album ebenso wie sein Nachfolger ´The Grand Wazoo´ in schwarzem und farbigem Vinyl – auf 180g in einem originalen Packaging und All-Analog-Mastering.

Beide Werke sind auch zusammen in einem 4-CD-/1-Blu-Ray-Set mit Alternativen Takes, Outtake Versionen, Alternativen Mixen und Live-Aufnahmen zu erstehen.

Allerdings ist in diesem Fall Vorsicht geboten, denn hier sind fatalerweise die originären Album-Songs ausschließlich auf der Blu-Ray im Dolby Atmos- und Dolby TrueHD-Mix anzuhören.

 

Als Herzstücke des Werkes präsentieren sich das 17-minütige ´Big Swifty´ auf Seite A und das 11-minütige Titeltstück ´Waka/Jawaka´ zum Abschluss der B-Seite. Die beiden Lieder dazwischen sind zu Beginn der B-Seite zwar nicht weniger lieblich, jedoch weniger extravagant und bleiben noch im Blickfeld der MOTHERS OF INVENTION.

´Your Mouth´ ist ein kindlicher Blues, der von Kris Peterson und Sal Marquez gesungen wird und vom Tenor-Saxofon von Joel Peskin und Bariton-Saxofon von Mike Altschul im jazzigen Rock-Umfeld des Werkes gehalten wird. Die halluzinierende Geschichte ´It Just Might Be A One-Shot Deal´ in einem trippig langsam aufbrechenden Country-Song-Rahmen singen Janet Ferguson und Sal Marquez, während die Musik mit Akustikgitarre, Slide Gitarrist Tony Duran ebenfalls am Gesang, Bassist Alex Dmochowski am Gesang und Jeff Simmons mit der Hawaii-Gitarre den gewohnt verblüffenden, einzigartigen Frank Zappa-Spaß in die Backen pustet.

Mit der langen Eröffnung ´Big Swifty´, die die gesamte A-Seite ausfüllt, begibt sich Frank Zappa unaufgefordert in die Löwenhöhle des Fusion, dessen Raum von seinen Gitarren, die sich passend zum Siebzigerjahre Jazzrock einen frischen Gitarrenton zugelegt haben, und den Trompeten von Sal Marquez exquisit ausgefüllt wird. Schließlich gibt es viele Neider, die ihn in den Sphären eines Miles Davis sehen und ihn aus der Höhle wieder vertreiben wollen. Doch jedes offene Ohr für Fusion-Sounds erkennt die Brillanz der Improvisation und der solistischen Darbietungen, die Virtuosität und die Komplexität, und wird dennoch weitaus mehr vom finalen Titeltrack ´Waka/Jawaka´ angetan sein. Mit Posaunen von Billy Byers und Ken Shroyer, Bariton-Saxofon von Mike Altschul sowie ordentlichen Tastenklängen am Piano und Mini-Moog von Don Presto und obendrein Aynsley Dunbar am Schlagzeug kann bei der über zehnminütigen Jazz-Improvisation nichts verrutschen.

´Waka/Jawaka´ war für Frank Zappa ein wegweisendes Werk und der heißeste Scheiß, der jemals aus einem grünen Wasserhahn quoll.

(9,5 Punkte)

 

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