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BETH ORTON – Weather Alive

~ 2022 (Pias/Partisan Records) – Stil: Rock/Electronic ~


Beth Orton war und ist eine Hoffnungsträgerin für individuelle Musik und die Verbindung verschiedener Stile. Mit Alben wie ´Trailer Park´ verband sie elektronische Musik mit Folk und anderem auf eine einzigartige Weise. Sie arbeitete mit Musikern wie THE CHEMICAL BROTHERS oder William Orbit zusammen. Beth Orton hat auch einen sehr eigenen Gesangsstil. Ihre Musik ist meist sanft, meist im Fluss. Eher introvertiert, klingt sie manchmal wie aus einer anderen Welt. Zumindest aus einer anderen Welt als der derzeitigen chaotischen. Sechs Jahre nach ihrem letzten Album ´Kidsticks´ hat sie mit ´Weather Alive´ ein neues und ihr insgesamt siebtes Album veröffentlicht.

Ihr Gesang klingt dunkel und hell zugleich. Schon beim Opener und titelgebenden Song lässt sie sich und der Musik über sieben Minuten Zeit und verzichtet auf allzu gängige Songstrukturen. Auch ´Friday Night´ kommt in leichten Wellen. ´Fractals´ ist dann erstmals zupackender und rhythmischer mit Bläsern und erinnert etwas an die großartige Fiona Apple. Das bleibt aber die Ausnahme.

Die meisten der acht Songs sind eher über fünf Minuten lang und Beth kümmert sich wenig um „Airplay“, bleibt aber trotzdem immer zugänglich und im musikalischen Gedächtnis haftend. ´Haunted Satellite´ ist etwas kürzer und wieder deutlich fragiler als der vorherige Song und gesanglich in hohen Tonlagen angesiedelt. Auch das folgende ´Forever Young´ entführt in ihre eigene musikalische Welt, verzaubert und lullt einen gleichzeitig ein. Eine Option für die Hörerin / den Hörer auf Wohlklang, ohne nur schön und nett zu sein. 

Leichte Brüche und Dissonanzen sind immer wieder auffindbar und variieren die Musik zusätzlich. Selbst im schönen ´Lonely´, sicher dem eingängigsten Song. Der ist allerdings gemäß dem Titel auch von einer gewissen Traurigkeit und von Depressionen geprägt, die etwas Angst machen. Das hymnenhafte ´Arms Around A Memory´ klingt deutlich kathartischer, wofür auch der zusätzliche Gesang im Hintergrund sorgt. 

Das – wie der Opener – über siebenminütige ´Unwritten´ beschließt ein organisches, intimes Album, auf dass man sich einlassen muss. Wenn das gelingt, taucht man in die feine, gefühlvolle Welt von Beth Orton ein, wo es viel zu entdecken gibt.

(8 Punkte)