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RAVEN – Leave ´Em Bleeding

~ 2022 (Steamhammer) – Stil: Heavy Metal ~


Auch wenn die Speed sowie Thrash Metal-Szene ohne RAVEN in der heutigen Form anders aussehen würde, stellt sich die Frage, was dieser Release soll?

Über RAVENs Geschichte zu philosophieren, Fehler zu analysieren etc,, das braucht man nicht. RAVEN waren mal ein wichtiger Einfluss, heutzutage, auch wenn es bitter klingt, spielen die Wahlamerikaner nicht wirklich mehr eine gewichtige Rolle in der Metal-Szene.

Im Falle ´Leave`Em Bleeding´ muss man sich zudem die Frage stellen: Für wen ist dieses Album gemacht? Sechs Songs von Veröffentlichungen der letzten sieben Jahre und ein paar Bonus-Bömbchen, die den Zwölf-Tracker vervollständigen. Im Falle des Bonusmaterials kann man ja noch Verständnis aufbringen. Da wäre eine coole Cover-Version von ´Space Station #5´, oder die THIN LIZZY Nummer ´Bad Reputation´, die sogar recht gelungen ist.  Ein Outtake der ´ExtremNation´-Session namens ´Malice In Geodieland´ ist auch ganz nett, aber das wirkt alles zu halbgar.

Kurzum, als Überbrückung zum nächsten „echten“ Studioalbum verzeihlich. Ob bei den heutigen Preisen allerdings selbst die Die-Hard Fans dafür den Geldbeutel zücken, sei mal dahingestellt.

Seltsamer Release.

Jürgen Tschamler

 

 

 

RAVEN sind richtig alte Haudegen wie ANVIL und einige wenige andere Überlebende. Der große Durchbruch ist ihnen nie gelungen, aber sie haben eine überschaubare, aber treue Supporter-Schar. Ihr Sound ist originell und pendelt seit ihrer Gründung Anfang der 80er Jahre irgendwo zwischen traditionellem Metal, NWoBHM und Speed Metal. Und die Gallagher Brüder John und Mark sind immer noch dabei. Nur die Drummer haben immer wieder gewechselt.

Die ersten drei Alben zementierten Anfang der 80er Jahre ihren guten Ruf in Metal-Kreisen, mit ´Stay Hard´ schwächelten sie dann aber entgegen dem Titel. Aber besonders das Doppel Live-Album ´Live At The Inferno´ hatte und hat Klassikerstatus. Nach zehn Jahren Pause Anfang des Jahrtausends gibt es seit ´Walk Through Fire´ 2009 wieder regelmäßige Veröffentlichungen. Und das sei schon verraten ´Leave ‚Em Bleeding´ ist 100 % RAVEN. Das habe ich jetzt aber auch gar nicht anders erwartet.

´Top Of The Mountain´ startet gleich gnadenlos. Leicht chaotischer schneller Metal mit dem typischen, oft sirenenhaften, Gesang von John. ´Metal City´ ist schleppender und richtig heavy mit eingängigen Refrain . ´The Power´ ist ein Nackenbrecher, bei dem Drummer Mike Heller und die Gallagher Brüder um die Wette kloppen. ´Destroy All Monsters´ stürmt weiter nach vorne.

Und das war für mich schon früher ab und zu ein kleiner Stolperstein, warum RAVEN nie ganz oben auf meiner Liste waren. Es wird ziemlich gleichförmig gekloppt und gebangt. Es fehlt etwas an Abwechslung und an den überraschenden Ideen . Das wird allerdings mit den unerschöpflichen Energiereserven, die nie auszugehen scheinen, kompensiert. Und mit ´Battle March/ Tank Treads´ und ´Necessary Evil´ versucht man, wenigstens in der Geschwindigkeit zu variieren. ´Crash Bang Wallop´ ursprünglich 1982 bei „Neat Records“ auf einer EP veröffentlicht, ist in einer Live-Version auf dem Album zu finden, die klar macht, dass die drei gestandenen Metal-Helden auch live nach wie vor stark sind. ´Malice In Geordieland´ zeigt hohen Mitgrölfaktor und den RAVEN’schen Humor.

Spannend wird es dann für mich bei ´Bad Reputation´. Ja, genau, eine Coverversion meiner Lieblings-Band THIN LIZZY. Da bin ich kritisch, aber RAVEN ziehen sich ganz gut aus der Affäre. Nah am Original und mit viel Power wie LIZZY anno 1977. Selbst das Drumming ist ganz gut auf der Spur von Oberdrummer Brian Downey und die Doppelgitarren klingen ordentlich. ´Rock This Town´ ist dann ein weiterer RAVEN-Nackenbrecher und dann gibt es noch das genannte ´Stay Hard´ in einer Live-Version.

´ Leave ´Em Bleeding´ wird wahrscheinlich nicht viele neue Anhänger gewinnen, dafür ist es zu sehr in den 80er Jahren verwurzelt. Außer ein paar Retro-Metaller finden den Zugang. Verdient hätten es die Gallagher-Brüder. Denn sie sind immer noch gut in Form und halten konsequent an ihrem Sound fest – ohne jegliche Kompromisse. Das Cover verdeutlicht den metallischen Einsatz der Band bis zur und über die Grenzen hinaus ganz gut, auch wenn DANKO JONES schon einmal so was ähnliches veröffentlicht hat.

(7,5 Punkte)

Harald Pfeiffer

 


(VÖ: 30.09.2022)