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CRIPPLED BLACK PHOENIX – Banefyre

~ 2022 (Season of Mist) – Stil: Dark Post Rock ~


Das Feuer brennt. Eine alles durchdringende Kälte und eine tiefgreifende Wut hat die Menschheit erfasst. CRIPPLED BLACK PHOENIX blicken auf die Welt und finden nur noch Hoffnungslosigkeit, bei aller sozialen Ungerechtigkeit nur noch Bitterkeit vor. Ein dunkler Schleier hat sich über die Gesellschaft gelegt, der schon immer auf der Musik von CRIPPLED BLACK PHOENIX lastete. Das exzentrische Musikerkollektiv um Multiinstrumentalist/Songwriter Justin-Greaves erhebt aus diesem Grunde auf seinem neuesten Werk die Stimme für alle Menschen, die ungleich und anders sind, die in ihrer Hoffnungslosigkeit an den Rande der Gesellschaft gedrängt werden.

´Banefyre´ enthält dreizehn Kompositionen, die ein psychedelisch rauchendes Fest für den Crooner im Endstadium samt letzter Kippe im Mundwinkel feiern, gewöhnliche als auch epische Endzeit-Balladen für die Gegenwart und die Zukunft. Dark und Post Rock werden eins, werden schlicht CRIPPLED BLACK PHOENIX.

Dementsprechend hat die Band personell aufgerüstet und neben Sängerin/Lyrikerin Belinda Kordic noch den schwedischen Sänger/Gitarristen Joel Segerstedt integriert. Gitarrist Andy Taylor und Klavier-/Synthesizer- und Trompetenspieler Helen Stanley gehören daneben ebenfalls zur Stammbesetzung.

Düster und fiebrig ist die Atmosphäre, in der Entwicklung anders als seine Vorgänger. Schließlich liegt in der Wiederholung der künstlerische Tod.

´Banefyre´ tritt cineastisch in das Bewusstsein, denn das Werk bewegt sich auf mehreren Ebenen und gestattet etwa Geräuschen und Schreien, parallel zur Musik durch die Szenerie zu laufen. Letztlich lässt das Werk den Hörer nach gut 100 Minuten ebenso verstört zurück, wie dieser das Album zu Beginn wahrgenommen hat.

Ein gesprochener Monolog für die Ausgegrenzten und Andersartigen, ´Intro/Incantation For The Different´, eröffnet das Feuer. Gespenstisch lodert ´Wyches And Basterdz´ mit dem Gesang von Belinda Kordic für die Hexen von Salem, ehe der hypnotische und repetitive Chorgesang von ´Ghostland´ einsetzt. Auf Schwedisch singen sie „I evighet vi vandra, utan mål oändlighet“ und bereiten den Pfad für diese mächtige, jedoch ziellos genannte und ewige Wanderhymne vor.

Anschließend wird es wieder äußerst britisch, denn ´The Reckoning´ könnte sich auch als Trinklied erweisen, doch viel zu metallisch und schmerzhaft ist die Aura, die ebenfalls durch Geigenstriche anschwillt und von Joel Segerstedts Gesang getragen wird. Eine ebenartige Schönheit haucht Belinda Kordic sogleich in die leichten und dunklen Momente eines ´Bonefire´. Dann dürfen die Saiten endlich tirilieren und das dreizehnminütige ´Rose Of Jericho´ in einem wilden Crescendo glühen, natürlich aus der Ruhe heraus und von Stadiongesängen begleitet in die Höhe schrill schießend.

Die Gegenwart im Angesicht wabert ´Blackout77´ insofern 1977 durch die dunklen Straßen von New York und mahnt mit seinen wuchtigen Einschlägen. Doch ´Down The Rabbit Hole´ windet sich durch die nächsten, von Belinda Kordic gesungenen zehn Minuten, die sich in einem elegischen Gitarrenmeer auflösen. Vor diesem Moment schleusen sie allerdings noch urplötzlich eine WARLORD-Melodie ein. Nochmals sanft schmeichelnd tritt ´Everything Is Beautiful But Us´ aus der Finsternis ans Licht, bis sich der männliche Gegenpart in ´The Pilgrim´ zeigt.

Alles Klagen und Weinen zu Beginn des abermals zehnminütigen Epos ´I’m OK, Just Not Alright´ hilft nichts, die Welt ist schlecht, aber ein jeder muss positiven Blickes im beschleunigten Fall nach vorne schauen. Die Schwermut und Melancholie verflüchtigt sich im Laufe des fünfzehnminütigen ´The Scene Is A False Prophet´ sogar scheinbar ins Nichts, kämpft sich gleichwohl, die Gitarre erleichtert jaulend, mit kolossaler Schwere zurück. Die angesammelt Wut bricht sich dann in den letzten fünf Minuten Bahn. Schreiend und metallisch-industriell durch die Szene rasend, kennt ´No Regrets´ kein Halten mehr.

Die Welt steht in Flammen.´Banefyre´ ist der große apokalyptische Wurf zur Postapokalypse.

(8,5 Punkte)

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(VÖ: 9.09.2022)