MeilensteineVergessene Juwelen

HIGH PRIESTESS – High Priestess

~ 2018 (Ripple Music) – Stil: Spiritual Doom / Heavy Psych ~


Wir haben ja schon zum aktuellen 2020er Zweitwerk ein Review vom Kollegen Less. Nun finde ich, genau wie bei WAR CLOUD, die Musik auf dem Debütalbum auch so gigantisch, daß ich da einmal Partei ergreifen möchte. Die aktuelle CD hab ich nie gehört, aber dafür dieses gute Stück umso lieber. Keine Ahnung, wie und warum ich auf die Band gestoßen bin, wahrscheinlich durch Ray Dorsey vom „Chaos Fanzine“, später „Chaos Realm“, den feinen Herrn. Ich liebe seither „all things Ripple“, sprich alles, was das „Ripple Label“ an Musik raushaut. Mit Recht. Auch wenn manche Titel hier nur schwer zu kriegen und zudem etwas teurer sind, es lohnt sich. So geh ich auch auf HIGH PRIESTESS steil wie die Eiger Nordwand.

Geboten wird ein Heavysound, der zwar auf Doom basiert, aber mit vielen psychedelischen Elementen aufgepeppt wird. Die Sängerin liebt langgezogene, dunkle Zaubermelodien, die sie mit enormer Inbrunst schmettert. Viele Rhythmen haben einen hypnotischen Groove. Zusammen ergibt das bereits die Grundlage für ein Klangritual der Hohepriesterin.

Der Gesang ist tatsächlich eher beschwörend mystisch, die Engländer und Amis würden „Chanting“ sagen und verzaubernd auf Englisch heißt ja auch „enCHANTing“. Ihre Stimme ist dabei erhaben und kräftig, wobei sie schon an wenigen Positionen wie ein Dämon growlt und faucht. Wenn dann die Instrumente aus einem Doompart heraus auf einmal in einen Wirbel aus Rhythmen und eine vollkommen in Verzückung geratene sägende Gitarre übergehen, der sich in seiner Umdrehungszahl von Sekunde zu Sekunde steigert, bis er Deine Seele tief ins Universum hineinspuckt, mag zarter besaiteten Gemütern fast Angst und Bange werden. Aber noch öffnen sich die Portale zu anderen Dimensionen nur in Eurer Fantasie.

HIGH PRIESTESS sind instrumentale Hexer, auch wenn sie dies nur durch die absolut perfekte Abstimmung aufeinander zum Ausdruck bringen. Ansonsten sind die Stücke gut durchkomponiert mit einigen Parts, welche von längeren verspielten Jams geführt werden. Die Songs an sich sind auch länger, dafür sind es umso weniger.

Auf diesem Album brodelt es an allen Ecken und Enden, hier kocht die Atmosphäre förmlich und mit ihr wird Deine Seele durchgegart. Das ist absolut sexy. HIGH PRIESTESS sind von Klang und den Strukturen her klarer als die verwaschenen und verhuschten Kultbands WINDHAND und ELECTRIC WIZARD, heavier und doomiger als die Okkultrockgöttin JEX THOTH, beinahe unbluesig und wesentlich mystischer als der durchschnittliche Stoner Rock und zu psychedelisch und gleichzeitig hart rockend für eine reine Doomband.

Aber diese „zwischen allen Stühlen“ Mentalität macht mir die Band sehr genehm und erfrischend. Gebt ihnen Zeit, dann liefern sie komplette Klassiker.

(9 Punkte)