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LINDA GAIL LEWIS – Early Sides 1963-1973

~ 2022 (Cleopatra Records) – Stil: Country/Boogie/Rockabilly ~


Linda Gail Lewis ist die Schwester von Rock’n’Roll Legende Jerry Lee Lewis und hat ihn auf vielen seiner Tourneen und auch im Studio von 1961 bis Ende der 70er Jahre begleitet. Sie ist Jahrgang 1947 und ist immer noch aktiv. Sie hat vor Jahren auch mit Legende Van Morrison und Neo-Rockabilly Star Robert Ira Gordon zusammengearbeitet. Hier werden allerdings 18 alte Aufnahmen, die zwischen 1963 (da war sie noch im jugendlichen Alter) bis 1973 vor allem als Singles entstanden, veröffentlicht.

Die Zusammenstellung klingt natürlich tief nach Oldie-Kiste, aber es sind doch ein paar Perlen versteckt. Linda steigt gekonnt mit ´C.C. Rider´ ein. Das haben auch später Eric Burdon und andere interpretiert. Forsche Bläser, ein hackendes Piano, das Linda auch sehr gut wie ihr Bruder beherrscht, und darüber die sympathische, frische und doch schon trotz des jugendlichen Alters reife Stimme von Linda.

Die Songs sind zwischen 2 und 3 Minuten und haben nicht unbedingt sehr großen Tiefgang, aber vor allem die Boogie-Rhythmen machen Spaß. Begleitet wurde sie von Ikonen wie Elvis-Gitarrist Scotty Moore oder Country-Sänger und Schauspieler Jerry Reed. Beim Upbeat in ´Break Up The Party´ werden auch Chöre eingesetzt und die scheppernde Gitarre spielt ein Solo.

Schmelzende Balladen wie ´Small Red Diary´ mit dicken Streichern dürfen natürlich auch nicht fehlen. Schon besser der schmissige Boogie ´Baby (You’ve Got What It Takes) ´ gemeinsam mit dem großen Bruder Jerry Lee eingespielt und im Duett eingesungen. Ganz tief in die Country-Ecke auf den Spuren von Rosanna Cash und anderen ist dann ´My Heart Was The Last One To Know´. Na ja, meine gewisse Abneigung gegen puren Country (wenn‘s nicht auf der Outlaws-Schiene ist) ist leider fest in mir verankert. ´Louisiana´, trotz schöner Melodie, macht wenig Boden bei mir gut, auch weil es ein bisschen an Doris Day erinnert. Auch ´Gather ‚Round Children´ taucht im Country unter.

´What Is Love´ ist dann trotz Country-Anleihen ein netter Song und auch der eher ruhige Titel ´Before The Snow Flies´ mit Bruder Jerry Lee. ´Working Girl´ ist noch besser, weil relaxed gesungen und mit starker Melodie plus hier passenden Violinen. Irgendwo auch an Elvis erinnernd. Aber hier klingt Linda sehr erwachsen, kann sich von den Klischees der damals in dem Metier aktiven Sängerinnen und dem „Kleinen Schwester Image“ etwas abheben. Auch das emotionale ´Ivory Tower´ und der Abschluss ´I Should Have Not Fallen In Love With You´ erinnern an die Roots von Pop- und Rockmusik.

Interessante Zusammenstellung, wenn es einen auch rockgeschichtlich nicht gerade umhaut. Wer sich einmal in die Oldie-Ecke begeben will, ist hier richtig.

(Ohne Wertung)