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ERIC CLAPTON – Nothing But The Blues

~ 2022 (Reprise) – Stil: Blues ~


1994 hat Eric Clapton während der ´From The Cradle´-Tournee diese 17 Songs (auf dem hochpreisigen Luxus-Boxset gibt es noch mehr) eingespielt. Das damalige Album wurde hochdekoriert, verkaufte sich millionenfach und jetzt liegt diese Live-Aufnahme in sehr gutem Sound zum ersten Mal vor.

Darauf gibt es natürlich Songs des damaligen Albums (alles Coverversionen), wie ´Motherless Child´, aber auch weitere Blues-Klassiker wie ´Every Day I Have The Blues´, ´Have You Ever Loved A Woman´ oder ´Crossroads´, legendär in der Fassung von CREAM. Und die Aufnahmen zeigen einen Eric Clapton, der hier dem Blues ohne Pop-Kompromisse huldigt. Alleine die brennende Gitarre und der inspirierte Gesang auf ´Have You Ever Loved A Woman´ machen deutlich, dass die Kritik, die ja auch immer wieder bei Eric mal mehr oder weniger berechtigt aufkommt, hier absolut fehl am Platze ist. Guten Blues kann man auch spielen, wenn man nicht bettelarm ist (das ist jetzt absolut keine neue Erkenntnis).

Mit ´Blues All Day Long´ von Jimmy Rogers (klassischer Chicago Blues, im Original von 1954) beginnt es gleich unprätentiös und bodenständig. Auf ´Standing ’Round Crying´ gibt es eine ordentliche Portion Slide-Gitarre und auch der Gesang von Eric, hin und wieder kritisiert, kommt hier sehr gut rüber. Klar, Howlin´ Wolf ist er nicht, das versucht er beim Klassiker ´Forty-Four´ aber auch gar nicht zu sein, denn da würde er schnell an seine stimmlichen Grenzen kommen. Besser das entspannte ´Early In The Morning´ oder der Klassiker ´Five Long Years´, da passt der Gesang wieder besser und kommt den gitarristischen Höchstleistungen nahe. Da darf Eric auch „I got a job in a steel mill, Shucking steel like a slave, Five long years, every Friday I come…“ singen. Geht ja eigentlich auch nicht um die harte Arbeit, sondern schlechte Erfahrungen mit Frauen. Da kann Eric vielleicht mitreden. Außerdem, wer die Biografie von Eric kennt, Sohn einer 16-jährigen Mutter und eines schon vor der Geburt verschwundenen kanadischen Soldaten, aufgewachsen bei den Großeltern, die ihn im Glauben ließen, seine Mutter wäre seine große Schwester, der stellt nicht in Frage, dass Eric einen Bezug zum Blues hat. Egal, der Song von Eddie Boyd ist auf jeden Fall ein weiterer Höhepunkt der Doppel-LP.

Auch ´Crossroads´, im Original von Blues-Gitarren-Godfather Robert Johnson 1936 eingespielt, wird locker aus der Hüfte geschossen. Klar, bei CREAM war mehr Spektakel dahinter. Mit ´Malted Milk´ und dem schon angesprochenen ´Motherless Child´ kommen dann zwei akustisch basierte Titel, die auch Rory Gallagher veredelt hätte. ´How Long´ schließt mit geschmackvoller Slide-Gitarre an. Spätestens mit ´Sinners Prayer´ kann Eric wieder in vollem Umfang mit Gitarre und Gesang glänzen. Wie er hier in das kurze, aber effektive Gitarrensolo findet, ist schon spektakulär. ´Someday After A While´(You’ll Be Sorry)´ leitet dann sehr stark zum oben schon gelobten, knapp siebenminütigen  ´Have You Ever Loved A Woman´ über, an dem sich auch andere Blues-Epigonen wie Stan Webb und seine CHICKEN SHACK schon erfolgreich versuchten. Das ist wirklich purer Blues. Beim ´Groaning Blues´ am Schluss packt Eric noch einmal alles aus seiner hochkarätigen Gitarrenwerkzeugkiste in den siebenminütigen einwandfreien Vortrag. Nix „Slowhand“, die Gitarre brennt lichterloh.

Ja, irgendwie hat man vergessen, dass der gute Eric zwar nicht Gott, aber einer der stärksten Blues-Gitarristen der Rock-Geschichte ist, zumindest auf den Höhepunkten seiner Karriere. Und 1994 war so ein Höhepunkt. Und er hat hier auch eine starke Band im Rücken, die sich immer zugunsten des Protagonisten im Hintergrund hält, aber feine Akzente setzt. Das starke Live-Album gehört ohne Zweifel zu den besten Live-Alben von Eric und reiht sich irgendwo, nicht weit hinter dem für mich nach wie vor unantastbaren ´Just One Night´ ein.

(8,75 Punkte)