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MITSKI – Laurel Hell

~ 2022 (Dead Oceans) – Stil: Synth-Pop/Electronic Rock/Indie Pop ~


´Laurel Hell´ ist Mitski Miyawakis mit Spannung erwartetes sechstes Studioalbum, das nach einem längeren Rückzug der Künstlerin aus dem Rampenlicht nun endlich wieder ein Lebenzeichen von ihr zeigt. Bereits unmittelbar nach Ende der Tournee zu ihrem letzten Album, dem gefeierten ´Be The Cowboy´ von 2018, hatte der aufstrebende Indie-Star angekündigt, sich für längere Zeit von der Musik zurückzuziehen.

Das neue Album entsprang nun dem Impuls, eine ebenso komplexe wie auch auslaugende kreative Phase aufrechtzuerhalten, und bereits die erste Single-Auskopplung ´Working For The Knife´ vom vergangenen Jahr sorgte verdientermaßen für einiges an Aufsehen. Dunkel und shoegazig fängt es die Panik und schwindenden Möglichkeiten des jungen Erwachsenenseins ein – ein klarer Bezug auf Mitskis persönliche Situation, in der sie sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlte, trotz kreativer und emotionaler Erschöpfung produktiv zu bleiben.

 

 

Ansonsten finden sich gleich mehrere schnelle, fast tanzbare Beats auf dem Album, und Mitski entfernt sich damit auch ein gutes stückweit von der kühnen Eigenart von ´Be The Cowboy´, indem sie erkennbar geradlinigere Indie-Pop-Songs etabliert, die die dunkle, polierte Eingängigkeit von New Wave a la DEPECHE MODE oder TEARS FOR FEAS widerspiegeln. Songs wie ´The Only Heartbreaker´ etwa, schaffen eine befriedigende Balance zwischen Verletzlichkeit und polierter Nostalgie und ´Love Me More´, ein weiterer Track im Stil der 80er, ist noch überzeugender, vor allem, weil er auf Mitskis zerrissene Emotionen hindeutet, die ihre Breakout-Songs so unvergesslich gemacht haben.

Mitskis Gesang und stilistische Ausweitung erhalten auf ´Laurel Hell´ zudem auch deutlich mehr Raum, beispielsweise durch den HALL & OATES-meets-Nashville-Sound auf ´Should`ve Been Me´, die mit Synthesizern versehene VELVET UNDERGROUND-Verneigung ´Heat Lightning´ oder das an BJÖRK erinnernde Sci-Fi-Feeling in ´Stay Soft´.

Die ansonsten downbeatigen, langsameren Songs machen das Album schließlich dichter und weniger bunt, und sie erinnern vor allem an ihr zweites Werk, ´Retired From Sad, New Career In Business´, mit seinen schlichten, monotonen, perkussiven Kulissen.

´That’s Our Lamp´ sorgt dann für einen besonders starken Abschluss, mit seinem hüpfenden elektronischen Beat und dem mitreißenden Disco-Pickup im Mittelteil. Mitskis Gesang wird dabei zunehmend durch Hintergrundgeräusche und Stimmen verstärkt, die mit ihrem Gesang verwoben sind. „That`s were you loved me“, erinnert sie sich, und reflektiert immerfort, bis der Song schließlich zu Ende ist. Hier zeigt sich ihre Gefühlswelt einmal nicht bitter oder traurig, sondern benennt und feiert einfach den Ort, an dem die Liebe für sie einst existierte.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/MitskiLeaks


Pic: Ebru Yildiz