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WILLY DE VILLE & THE MINK DE VILLE BAND – Venus Of The Docks

~ 2022 (MiG Music) – Stil: Blues/Rock ~


Willy DeVille gelang 1977 mit dem Song ´Spanish Stroll´ der weltweite Durchbruch, 1987 erhielt sein von Mark Knopfler produzierter Song ´Storybook Love´ eine Oscar-Nominierung als beste Filmmusik, doch die Karriere des am 25. August 1950 in Stamford, Connecticut, geborenen William Paul Borsey junior hatte unentwegt Höhen und echte Tiefen. Als er mit seiner Mariachi-Version von ´Hey! Joe´ in Europa die Single-Charts erklomm, besaß er im heimatlichen Amerika noch nicht einmal einen Plattenvertrag. In Europa hatte es die uramerikanische Musik aus Rock und Blues, die auch Elemente von Doo-Wop, Latin, Cajun, Creole, Tex-Mex und Country enthielt, ohnehin überraschenderweise leichter.

Anfang der Siebzigerjahre ging Willy DeVille nach London, um sein Glück zu finden, kehrte allerdings arm am Beutel wieder zurück und gründete in San Francisco die Gruppe MINK DE VILLE, die in New York zur Hausband des CBGB wurde. Nach deren Auflösung 1986 trieb er seine Solo-Karriere voran. Sein letztes Studioalbum ´Pistola´ produzierte er 2007 und ging anschließend nochmals mit der MINK DE VILLE Band auf Tournee. Es sollte seine letzte werden, denn nachdem er sich in einem New Yorker Krankenhaus bezüglich Hepatitis C behandeln ließ, entdeckte man bei ihm Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er starb ein Jahr später, am 6. August 2009.

Die letzten Sätze seines letzten Interviews waren: „Ich habe eine Theorie. Ich weiß, dass ich viel mehr Platten verkaufen werde, wenn ich tot bin. Es ist nicht sehr angenehm, aber ich muss mich an diese Vorstellung gewöhnen, dass der Tod da ist. Ich spüre es an der Tür. Ich sage nicht, dass ich sofort irgendwohin gehe, aber ich weiß, dass es kommt.“ Einer seiner letzten Auftritte fand am 27. Februar 2008 im Bremer „Pier 2“ statt. Dank der Aufzeichnungen von „Radio Bremen“ und der nachträglichen Veröffentlichung in diesen Tagen durch „MiG Music“, dürfen jetzt alle Musikliebhaber die 74 Minuten dieses Konzerts nochmals erleben und bei Gefallen, immer und immer wieder hören.

Willy DeVille war schlichtweg ein Ausnahmekünstler, der vom Blues eines Muddy Waters, John Lee Hooker und Jimi Hendrix sowie von großen Künstlern wie Buddy Holly und Édith Piaf schwärmte. Bereits sein Erscheinungsbild mit langem Haar, Menjou-Bärtchen und Goldzähnen war für das Establishment eine Provokation. Den Auftritt in Bremen würzte er mit zwei Songs seines aktuellen Werkes, ´So So Real´ und ´Been There, Done That´, sowie des Vorgängers, ´Chieva´ und ´Muddy Water Rose Out Of The Mississippi Mud´, und spielte ansonsten eine rücksichtlose, persönliche Best-of-Setlist, mit unbekannten Groß-Kompositionen wie ´Bacon Fat´, ´Italian Shoes´ und ´Trouble In Mind´, einer Slide-Version von Elvis Presleys ´Heartbreak Hotel´ sowie natürlich die eigenen Klassiker und Single-Hits, etwa ´Spanish Stroll´, ´Cadillac Walk´ und ´Italian Shoes´. Spätestens nach dem Genuss von ´Venus Of The Docks – Live in Bremen 2008´ wird allerdings jeder, aber wirklich jeder bislang noch nicht Bekehrte zum Willy DeVille-Anbeter.