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FUNERAL MIST – Deiform

~ 2021 (Norma Evangelium Diaboli) – Stil: Black Metal ~


Ich weiss, dass sie aus Schweden kommen und der Bandleader Arioch als Mortuus bei MARDUK grollt. Sie haben wohl auch schon ein paar Alben, vier an der Zahl seit dem 2003er Debüt. 2009 und 2018 jeweils noch eins. Die Abstände werden wieder kürzer, gut so. Der epische Eröffnungslauf bei ´Twilight Of The Flesh´ hätte mich fast kurz getäuscht, aber mittendrin schlägt das gute Stück dann in einen rasenden Black Metal mit fantastischen infernalischen Riffs, Hyperspeed-Drumming und oft monotonem Bass um. Die Gitarre zaubert um diesen herum schöne Melodiebögen.

Klar, dass Parallelen zu den weitaus bekannteren MARDUK gezogen werden. FUNERAL MIST bedienen sich ähnlicher Stilmittel, aber sie sind auch gleichsam gut, weil sie geschickt die Tempi in den Songs variieren, Atmosphäre aufbauen, u.a. durch Mönchschöre und immer für einen packenden, flüssigen Gesamtablauf sorgen. So lass ich mir Schweden Black Metal gefallen. ´Apokalyptikon´ ist dann ähnlich rasant, aber auch chaotischer, verstörender. Die Vocals sind eher hasserfülltes Erzählen, die Gitarre quietscht und quäkt schräg und seltsam, sogar manche Drumparts sind verquer. Aber alleine die Stimme ist so irrsinnig, dass der Song Dich abholt.

Ganz innovativ werden FUNERAL MIST zwar niemals mehr sein, aber sie schreiben stimmungsvolle, hochenergetische Hyperspeedbrecher, die sich sehr weit draussen befinden. ´In Here´ trümmert dann weiter so geradewegs in den Abyss, wie man sich das vorstellt und wünscht. Immer wieder bauen die Schweden dann aber geile, extrem wildsauig rasende Melodien ein oder nehmen hier und da Mal für einen Anflug von Epik die Geschwindigkeit raus. Ansonsten vereinen sie in diesem Stück sämtliche Panzerdivision der Welt, damit sie den Menschen endlos Dunkel den nächtlichen Opus derer aus dem Unlicht blasen. Aber das Lied macht Spass. Mir zumindest.

Zeit, die ´Children Of The Urn´ loszulassen. Das beginnt mit einem Trommelschlag und einer düsteren Volksliedmelodie. Die wird übernommen, gesungen von einem Kinderchor. Ein episch dunkler Stampfer entsteht, wird aber , wer hätte das gedacht, rasanter. Die Eindringlichkeit bleibt. Irgendwie typisch, aber auch totale Hymne. Im rasenden Inferno finden sich immer zauberhafte Melodiebögen, allerdings begraben von den Trümmern einer nuklear ausgelöschten Welt. Und wieder kommt der Folkpart. Die Gitarren sägen besonders derb und die Becken vom Schlagzeug lassen es rauschen. Kult. Ach und wieder geht die Band ab wie eine Rotte Wildschweine auf Amphetaminen. Gut gespielt, gut produziert, sehr gut komponiert, das ist BM nach meinem Gusto, da steigt in mir eine diabolische Freude auf.

Die Schweden haben sich also nicht lumpen lassen. Kein Kommerz, keine Balladen (wie bei WATAIN – alles gut, ich mag’s ja) aber prachtvolle Melodien aus dem ewigen Eis. Kann ´Hooks Of Hunger´ das tippen? Immerhin spielen sie NOCH schneller und der gute Mortuus schimpft noch wütender. Ich liebe sein Gekeife. Mit der Stimme wird dann auch gespielt, der Song an sich hat nur wenige Verschnaufparts, eigentlich rast er ohne Rücksicht auf irgendwen aus den Boxen. Ein wenig könnte die dauernde Geschwindigkeitsübertretung für Eintönigkeit sorgen, aber FUNERAL MIST variieren zu geschickt. Mein verdammter Nacken. Wollte Mal sehen, ob man dazu headbangen kann. Vergesst es.

Der Titelsong beginnt langsam im Dreivierteltakt, ein herrlicher Höllenwalzer der bösesten Art, hoffe ja, er bleibt so. Vorerst kriecht er majestätisch in mein Hirn, wo sich die coolen Basslaufen und Arioch/Mortuus bestialisches Geschrei neben schönen Melodien festkrallen. Geht doch…oder? Irgendwas bahnt sich da noch an. Scheinbar nicht. Es geht etwas atmosphärischer zu für einen Moment, dann überwalzt einen der doomige Dampfhammer nochmal komplett. Eine knarrende Passage mit eher angezerrten Gitarren und tief knurrender Stimme hat was von Postpunk, aber auch von urigem Wildmenschenfolk aus Skandinavien. Danach werden die bislang schönsten Soli des Albums feierlich zelebriert. Hammer.

Das letzte Stück ´Into The Ashes´ besteht anfangs nur aus Windgeräuschen, dann kommen halb zerrige und cleane Gitarren, werden immer schmutziger und in einer flammenden Explosion prischt die Band los, als gäbe es kein Morgen mehr. Geil gemacht. Ein letzter Zornesbolzen aus den Tiefen der Hölle wird entfesselt und röhrt gleich einem gewaltigen Schwarm von viermotorigen Bombenflugzeugen über die Welt hinweg. Es donnert, blitzt und kracht, aber immer sind auch hier die kleinen, jedoch umso inniger gespielten Melodien die wahre Ohrenweide. Also, Portemonnaie auf, Geld raus und diese Platte gekauft. Ja, die Band hat mich voll erwischt. Neben MARDUK meine schwedischen BM-Lieblinge.

(8,5 Punkte)