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EXODUS – Persona Non Grata

~ 2021 (Nuclear Blast) – Stil: Thrash Metal ~


 

Wenn es jemals einen Grund geben könnte, die „Big Four Of Thrash“ auf die „Big Five“ auszuweiten, dann fällt fast immer der Name EXODUS. Weit angebrachter wäre es jedoch, die schon seit vielen Jahren gänzlich formlosen, ja geradezu lächerlichen ANTHRAX herauszunehmen und eben einfach durch Gary Holt & Co. zu ersetzen – und das Problem wäre auf eine wesentlich elegantere und vor allem zutreffende Art gelöst. Sofern denn SLAYER doch noch irgendwann aus ihrem Grab emporsteigen sollten und eine weitere gemeinsame Tournee angestrebt wird. Jedenfalls waren neben den Totschlägern die fünf Bay-Area-Thrasher auch die einzigen aus diesem erlauchten Kreis, die ihrem Stil über all die Jahre gänzlich treu geblieben sind. „Eleven Albums And Still No Ballad!“ heißt es auch treffenderweise auf einem aktuellen T-Shirt-Design – wie wahr! EXODUS schließen mit ´Persona Non Grata´ nun endlich eine siebenjährige Lücke und feiern erneut ein Riff-Fest, das sich gewaschen hat!

Seit ihrer Reformation 2001 und dem brillanten Comeback-Album  ´Tempo Of The Damned´ haben EXODUS uns gezeigt, dass sie vor allem auf ihren längeren Songs am hellsten zu glänzen vermochten. Die Titel ´Persona Non Grata´ und ´Lunatic Liar Lord´ schaffen es diesmal  über siebeneinhalb Minuten und beweisen einmal mehr, wie souverän es ihnen gelingt, die Tracks so lange mit Schwung vorwärts pulsieren und gleichzeitig auch abwechslungsreich halten zu können. Während hier zwar nur wenige Stücke die viszerale Intensität von ´Bonded by Blood´ erreichen, so fühlt sich ´Persona Non Grata´ in etwa so an, als ob es die besten Teile der Rob Dukes-Ära nimmt und auf eine Art und Weise vermischt, die auch wesentlich besser zu Steve Souzas Gesangsstil passt.

Überhaupt – nur gut, dass Souza sich dafür entschieden hat, der Band auch weiterhin treu zu bleiben, da seine Vocals für mich genauso Teil ihres Kernsounds sind, wie die scharfkantigen Gitarrenklänge. Die Amtszeit von Dukes hatte mit `The Atrocity Exhibition: Exhibit A´ und ´Exibit B: The Human Condition´ zwar zwei absolute Meisterwerke hervorgebracht, aber da ich seit den Anfangstagen ein glühender Verehrer bin, gehört Zetros Knurren für mich nun mal eben einfach dazu.

Aber auch in Sachen Sound sehe ich im Vergleich zum eher enttäuschenden Vorgängerwerk deutliche Fortschritte: jeder Drumbeat, jede zerfetzende Gitarrennote und jede Stimmvibration wurde perfekt aufgenommen und abgemischt, eine nahezu ideale Balance aus Klarheit und Rauschen. Jedes Bandmitglied weiß hierauf zu glänzen, aber es ist in erster Linie Drummer Tom Hunting, der die Dinge wirklich zusammenhält. Für einen talentierten Schlagzeuger ist es zwar leicht, ein Album zu dominieren, aber Hunting gibt den anderen Musikern Raum und liefert gleichzeitig die treibende Kraft, wenn sie gebraucht wird.

Was wir hier also haben, ist im Wesentlichen rund eine Stunde gehobene Thrash-Brutalität, eben nur mit einer modernen Einstellung. EXODUS haben es in ihrer gesamten Karriere nur ein paar Male gewagt, ihren definierten Circle Pit zu verlassen, wie etwa bei der Cover-Version ´Low Rider´ auf ´Fabulous Disaster´, und sie sind Bands wie MEGADETH oder METALLICA nie auf dem Weg gefolgt, ihre Thrash-Wurzeln für die Massenattraktivität abzustreifen. Dennoch haben sie unterschiedliche Konzentrationen auf eingängige Hooks oder erdrückende Schwere gezeigt, ihren bodenständigen Old-School-Thrash dabei jedoch weitestgehend beibehalten. ´Persona Non Grata´ ist jedenfalls vom sofortigen Griffbrett-Wahnsinn des eröffnenden Titeltracks bis hin zum Finale und dem rasanten Tempo in ´Antiseed´ ein EXODUS-Album in Nerven zerfetzender Hochform!

(9 Punkte)

Marcus Köhler

 

 

 

 

 

 

Nachdem SLAYER nun Geschichte sind, ist der dort für den verstorbenen Jeff Hanneman eingesprungene Gary Holt wieder bei seinen Buddies in der Bay Area. Zeit, sich wieder zu 100 Prozent um EXODUS zu kümmern, die seit seinem „Gastspiel“ bei SLAYER kein neues Studioalbum mehr am Start hatten. Sprich: ´Persona Non Granta´ ist das erste Studioalbum seit 2014 von EXODUS. Kann man da schon von einem Comeback Album sprechen, hüstel…

Gut, was geben uns EXODUS mit ´Persona Non Grata´? Zwölf Songs, die im ersten Moment nicht wirklich einschlagen, trotz saftiger Old School-Tendenzen, einen Gesang der, just my penny, manchmal ziemlich hart an der Grenze zum „Abnerven“ agiert und eine Produktion, die ich mir fetter gewünscht hätte.

´Personsa Non Grata´ beginnt mit dem gleichnamigen Track, der mit fast siebeneinhalb Minuten Spielzeit für EXODUS Verhältnisse ungewohnt lange ist. Man hat das Gefühl, Holt und Co. wollen in diesem Song alles unterbringen wofür EXODUS aktuell stehen. Ein abwechslungsreicher Track, irgendwie zu abwechslungsreich in letzter Konsequenz, für eine Band, die eigentlich im 4-Minuten Takt einem die Rübe wegblasen soll. Das folgende ´R.E.M.F.´ rückt dann die Verhältnisse wieder gerade und schraubt einem die Rübe gepflegt weg. Einer meiner Songfavoriten ist mit ´Slipping Into Madness´ betitelt und brilliert mit diesem Riffgewitter für das EXODUS früher standen und einer Taktung, die dem eines Presslufthammers gleichkommt. Allerdings ist der aus allen Kehlen gebrüllte Refrain der Faktor, dem der Track seine Unverwechselbarkeit verdankt. Das rasende ´Clickbait´ mit teilmelodischem Mittelteil ist ein echt fieser Bastard. ´The Fires Of Division´ ist perfekt gemachter Thrash Metal mit unbarmherzigen Gitarrenparts, der die Extraklasse von EXODUS perfekt in Szene setzt. Je intensiver man sich mit dem Album auseinandersetzt, kommt man nicht umhin, dass Holt hier und da SLAYER-Einflüsse platziert hat, die im Verbund mit den klassischen EXODUS-Trademarks gut miteinander harmonieren. Überraschend wirkt ´Lunatic Liar Lord´, das fast schon progressiv-düsteres Songwriting offenbart, aber mit einer grandiosen Gitarrenarbeit beeindruckt. Etwas platt wirkt für meine Begriffe ´The Years Of Death And Dying´. Die Nummer geht im Vergleich zum Rest des Albums regelrecht unter, und das mit Recht.

Steve „Zetro“ Souzas Gesang ist jetzt noch ein paar Extrazeilen wert. Bei einigen Stücken wirkt sein Gekeifere schon giftig-fies und schrill, was irgendwie einen nervigen Effekt mit sich bringt. Er gibt sich vielseitig, gefällt allerdings immer dann viel mehr, wenn er nicht dieses „Bon Scott-auf-Thrash-Metal-Geschrei“ von sich gibt. Grundsätzlich hat er aber seine Duftnoten gesetzt und ist auch wiederzuerkennen; er beeindruckt vor allem da, wo er eine Tonlage tiefer brüllt.

´Persona Non Grata´ ist ein recht vielseitiges Album, bei dem man zwar Old Schoolige Tendenzen heraushört, aber es definitiv nicht als reinrassiges Old School-Album abhaken kann. Das Album ist eine musikalische Momentaufnahme einer Thrash Metal-Legende, die sich nicht dauernd wiederholen möchte und neue wie alte Fans bedienen möchte. Das ist über weite Strecken gelungen, allerdings wird das Album dennoch nicht in meiner Top-3-nach-Reunion-Alben enden. Da stehen andere Kaliber deutlich drüber.

(7,77 Punkte)

Jürgen Tschamler

 

 

https://www.facebook.com/exodusattack


(VÖ: 19.11.2021)