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NAKED RAYGUN – Over The Overlords

~ 2021 (Wax Trax! Records) – Stil: Punk/Rock ~


Seit ihrer Gründung im Jahr 1980 haben sich NAKED RAYGUN einen Namen als eine der bedeutsamsten Bands der Chicagoer Punkszene gemacht. Sie haben nicht nur eine kultige Fangemeinde in den USA, sondern auch nicht wenige Promi-Fans, wie den FOO FIGHTERS-Chef Dave Grohl. Der sagt gern gegenüber Indie-Medien, dass er NAKED RAYGUN 1982 (als 13-Jähriger) live gesehen hat. Sein erstes Konzert – und es habe tiefen Eindruck hinterlassen. Bis heute. NAKED RAYGUN selbst zeigten sich stets unbeeindruckt von Stories wie diesen oder generell ihrem Kult-Status. Und so verwundert es kaum, dass sie leise und dezent zu einem Comeback ansetzen.

´Over The Overlords´ beginnt mit einem Szene-untypischen Intro, einem Crescendo aus komplizierten Bass-Riffs und Schlagzeug-Solo, das in den energiegeladenen Opener ´Go The Spoils´ mündet. Mit Trademark-eingängigem Gitarrenriff und fast tanzbaren Schlagzeugbeats setzt das Stück einen guten Standard für den Rest des Albums. Der nächste Song, ´Living In The Good Times´, der auch die Leadsingle des Albums ist, setzt die Line fort. Mit Textzeilen wie „Gonna fight while I’m going down/ Blow the top right off this town/And wake up to a brand new day“ bleibt Sänger Jeff Pezzati seinem in den 1980ern etablierten „amercian underdog, but proud“-Style treu.

Zugleich zeigt ´Over The Overlords´ Schwächen. Songs, wie ´Soul Hole Baby´ und ´Superheroes´ verzetteln sich etwas orientierungsschwach zwischen Daddel-Pop und Punk. Und bei ´Superheroes´ klingt Pezzatis Stimme etwas müde und eintönig, macht aus dem, was eigentlich ein leichtfüßiges Liebeslied sein soll, einen latenten Langweiler.

Dennoch: Unterm Strich machen die Veteranen alles richtig. Ohnehin, 31 Jahre sind eine lange Zeit zwischen zwei Albumveröffentlichungen; mit allem, was NAKED RAYGUN mit ´Over The Overlords´ zu bieten haben, kann man damit sagen, dass sich das Warten gelohnt hat.

Im Übrigen, ´Over The Overlords´ markiert das Ende einer Ära – es ist das letzte Album mit dem langjährigen Bassisten Pierre Kezdy, der im Oktober 2020 an Krebs starb. Er war meiner Meinung nach ein großer unter den Viersaiter-Bedienern; seine Arbeit an diesem Album ist leider sein letzter Beitrag zum Punk-Pantheon.

(7 Punkte)