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COLIN LINDEN – bLOW

~ 2021 (Thirty Tigers) – Stil: Blues/Rhythm & Blues/Blues Rock ~


´4 Cars´ heißt der erste Song und er klingt wie der Rhythmus von ´Who Do You Love´ in der Version von THE DOORS gekreuzt mit ´Break On Through´. Das heißt jetzt aber weniger, dass sich Colin Linden auf den Spuren von THE DOORS begibt, als dass die DOORS und Colin die gleichen Blues-Heroen haben. ´Ain’t No Shame´ bewirkt auch Assoziationen zu den alten Blues Meistern und in der Gitarrenspielweise auch zu Stevie Ray Vaughan. Das Colin Linden von mir gleich mit so vielen Bluesmusikern in Verbindung gebracht wird, spricht dann aber für ihn und zeugt nicht von irgendwelchem Kopistentum. Auch Rhythm & Blues wird wirkungsvoll dargeboten.

Wer ist denn Colin Kendall Linden? Nun kein Nachwuchsartist, sondern ein gestandener Bluesmusiker mit 61 Lebensjahren, geboren im kanadischen Toronto, mit zehn Jahren ging es mit der Familie nach New York und dann wieder zurück nach Kanada. Seit 1981 hat er relativ regelmäßig Alben herausgebracht, die letzten 2015 solo und 2019 mit Luther Dickinson, ohne dass ich jemals von ihm Notiz genommen hätte. Er hat mit allen möglichen Musikerinnen und Musikern zusammengearbeitet bis zu Bob Dylan und viele Preise und Auszeichnungen vor allem in seiner Heimat bekommen. Auf über 500 Platten hat er als Musiker und auf 140 als Produzent mitgewirkt. Außerdem spielt er bei BLACKIE AND THE RODEO KINGS. Alles klar? Auch beim Soundtrack für ´O Brother Where Art Thou´ hat er mitgewirkt. Ach so!

Weiter zur Platte: ´Angel Next To Me´ ist ein Song, der ordentlich an den raueren Bluestraditionen anknüpft und den die ROLLING STONES in den 60ern auch aufgenommen haben könnten. Colin Linden gibt sich keine Mühe, irgendwie neue Musikrichtungen in seinen ruppigen Blues zu integrieren. Nein er spielt was er liebt und es gelingt ihm sowohl klassischen Blues als auch den adaptierten Blues von „weißen“ Bands wie den STONES, THEM oder den ANIMALS zu integrieren. Er mag Johnny Winter, das hört man auch. Und beim Gesang kann man den Einfluss von Van Morrison erkennen. Auf übermäßig pittoreske Schönheit oder Balladen wird dabei wenig Wert gelegt. Schönheit ist hier gleichgesetzt mit dem Ursprünglichen, Archaischen. ´When I Get To Galilee´ kommt etwas melodischer ohne Süßholz zu raspeln. Starker Titel, der sich mit seiner Slide-Gitarre in Kopf und Herz festsetzt. Das gleiche gilt für das kämpferische ´Change Don’t Come Without Pain´, ein Slow Blues mit weinender Feedback-Gitarre und leidenschaftlichem Gesang. Großstadtblues. ´Houston´ erinnert etwas gesanglich an Mick Jagger. ´Honey On My Tongue´ zum Schluss steht in der amerikanischen Songwritertradition und wäre auch ein ordentlicher Titel für Bruce Springsteen (den ich eigentlich aber gar nicht wirklich mag).

Schön, dass es noch solche Bluesmusiker zu entdecken gibt, die trotz fortgeschrittenem Alter und traditioneller Spielweise so frisch und authentisch klingen. Eigentlich soll Colin mehr im akustischen Rahmen zu Hause sein, aber hier liefert er auf der elektrischen Gitarre ein Klasse Album ab. ‚bLOW‘ (wird wirklich so geschrieben) ist Blues- und Blues Rock-Liebhabern uneingeschränkt zu empfehlen.

(8 Punkte)