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LIFE ARTIST – Lifelines

~ 2021 (Ragnarök) – Stil: Prog Metal ~


Denkt der Musikliebhaber an die frühen Neunzigerjahre sowie an die lebhafte und aufbruchsfreudige Prog Metal-Szene zurück, ist er um den Schlaf gebracht und muss sich stunden- und tagelang den Silberlingen jener Jahre widmen. Schweifen die Gedanken in dieses goldene Zeitalter, kommen sprunghaft Bilder und Melodien zurück.

Neben langlebigeren Legenden aus deutschen Landen wie SOUL CAGES oder IVANHOE gab es andere Formationen, die in aller Kürze bis heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. LIFE ARTIST aus Nordrhein-Westfalen zählen zu diesen. Und sie gehörten zu den Glücklichen, die nach einem Demo bereits auf Support-Tournee mit PSYCHOTIC WALTZ und GYPSY KYSS gehen konnten. Denn bei solchen Bandnamen wird der Musikliebhaber heutzutage noch sentimentaler und völlig wuschelig.

LIFE ARTIST spielten obendrein mit den heutzutage leuchtende Augen erzeugenden Formationen wie SIEGES EVEN, MEKONG DELTA, BATTLEFIELD, DEATHROW, SIREN und MEGACE. Sie waren 1991 auf dem zweiten „Wacken Open Air“ und zwei Jahre später für PSYCHOTIC WALTZ-Sänger Devon Graves (aka Buddy Lackey) als Backing-Band abermals zugegen.

Ihr einziges Werk blieb jedoch die 1992er Studio-Scheibe ´A Diary Of Inner Visions´. Später wollten sie zwar noch eine instrumentale Richtung einschlagen, allerdings brachte ihnen auch ein weiteres Demo im Jahre 1994 keinen neuen Plattenvertrag. LIFE ARTIST fielen in einen Dekaden überdauernden Dornröschenschlaf.

Durch die PSYCHOTIC WALTZ-Reunion vor zehn Jahren entstanden nicht nur Gruppen wie BLEEDING, sondern auch LIFE ARTIST wurden von Bassist Ingo Holzhauer und Sänger Marco Witte reanimiert. Selbst die weiteren Gründungsmitglieder, Gitarrist Frank Jauernick und Sänger/Bassist Dirk Eckhard, fanden wieder zurück. Neu-Schlagzeuger Andreas Tegeler von POVERTY’S NO CRIME, mittlerweile auch BLEEDING und LEVEL FIELDS, vervollständigte über die Jahre hinweg das Line-up.

 

 

2021 ist es endlich soweit. LIFE ARTIST veröffentlichen nach langjähriger Vorbereitung mit ´Lifelines´ ihr zweites Studioalbum. Denn das Leben schreitet unaufhörlich voran, weiter und weiter. Die Uhr tickt; zu hören in der gesprochenen Eröffnung ´Prelude: The Architect´: „Most time of your live you’re in a hurry, under pressure, and more and more you lose focus on the things that once were so important to you. And you realize that the lifelines that once were strongly connected are now separated, isolated, without connection.“

´Of Lambs And Lions´ schafft es sogleich, die Neunzigerjahre mit der Gegenwart zu verbinden. Wunderbar gefühlvolle Strophen, die aus jenen Jahren oder gar dem Prog Rock entstammen könnten, dringen in die Ohren, gleichwohl erhebt der Prog Metal, ebenfalls gesanglich, umgehend seinen Herrschaftsanspruch. Sogar Strophen mit Growls verschaffen die Gewissheit, die Vergangenheit bleibt in dieser zurück, wird allein im Herzen bewahrt und keinesfalls musikalisch aufgewärmt. In ´Lifelines´ dürfen sich hernach die Keyboards in den Vordergrund drängen und ihren Geltungsdrang im Prog Metal untermauern, während die Rhythmus-Sektion gerne im Sinne früher DREAM THEATER-Tage brodelnd aufspielt. Zum Refrain nimmt sich die Komposition allerdings traditionell mit Akustikgitarre zurück: „Most times of our life we walk over battlefields, we close our eyes in search for the light. Our world is upside down, we`ll get back on our feet again. In circles we spin while we hang by a thread.“

Geradewegs auf der Höhe der Zeit lässt einer der Album-Highlights mit dem Titel ´Tightrope Walker´ einen Schuss Djent zu. Aus der Schönheit des Prog Metal heraus entsteht ein Gewitter, in dessen Dauerbeschuss ein himmlischer Refrain erklingt: „And I follow the stars, no matter how far and search for the place that I once knew. I tried hard to be like you. I tried to break through. Now I´m on my way to get all over you. Guess I´ll never redeem, my impossible dream, but I had to shut this theater down. All your dogmas have failed, I cannot be saved.“ Dagegen beginnt ´Spirit Of The Sea´ zwangsläufig mit Wellenrauschen und wird bei einem erhöhten Klaviereinsatz behutsam besungen, zeigt aber bereits zum Liedausklang eine energische Gesangdarbietung im Schlagabtausch mit den Background-Shouts. Schwermetallisch á la VENI DOMINE steigt als Nächstes ´Sacrilege Of Sisyphos´ ein und präsentiert sich überdies zwischen Prog Rock und Metal mit einem akustischen und elektrifizierten Gitarrensolo. Zum Schwanengesang zeigen LIFE ARTIST in ´Labyrinths Of Time And Space´ nochmals all ihre Härte und vor allem Filigranität. Der Gesangsvortrag setzt dabei das Glanzlicht: „I – I built a prison … AM – by my decision … IN – beyond the borders … SANE – mental disorder … FIX – cold and cynic … MY – a stillborn spirit … SICK – but as I´m burning … BRAIN – my soul´s returning … I – burn my ego … MUST – no more placebo … LEAVE IT BEHIND … at last I feel it … a future spirit … HEAL – a crumbling image … MY – resting unfinished … BLIND OPEN EYES“

(8,5 Punkte)

 

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