PlattenkritikenPressfrisch

HELLBREATH – Slave Of God

~ 1988/2021 (Golden Core/ZYX Music) – Stil: Tech Thrash ~


Eigentlich könnte ich hier irgendwas schreiben, es würde keiner merken. (Also wir lesen gerade mit – Die Red.) Außer Neudi, der HELLBREATH entdeckt hat oder zumindest zugänglich macht, die Musiker selber und mir hat ja gefühlt niemand ´Slave Of God´ gehört (Wann? 1988? Du? – Anm. d. Red.). Und wenn ich jetzt behaupte, eben dieses wäre damals, 1988, ein Highlight zwischen MEKONG DELTA und DEATH gewesen, wer sollte mir da widersprechen? (Jeder, der damals schon „Crossover“ buchstabieren konnte? – Die Red.)

Nochmal, ´Slave Of God´ ist keine Wald- und Wiesen-Platte. Die Ravensburger HELLBREATH wurzelten in den 70ern zwischen PINK FLOYD und BLACK SABBATH. Und dann kam der Thrash, der ihrem Sound einen völlig neuen Anstrich verpasste. Schon der Opener ´Satan’s Calling´ zeigt das. Akustikgitarrenintro, Thrashgeprügel, rotziger Gesang. Und dann folgt ein Break, das eine dicke Schippe Prog Rock einwirft. Diesen Mix aus Brutalo-Metal und Seventies-Sounds haben die meisten wohl erst bei OPETH entdeckt (Klar. Die 90er fanden im Metal ja gar nicht statt… – Die Red.). Da waren die Schwaben mal eben zwanzig Jahre früher (Als OPETH anfingen, die 70s nachzukäuen, waren sie auch nicht mehr brutal. – Anm. d. Red. – Da werfe ich jetzt einfach mal ´Watershed´ ein. – d. Verf.)

 

 

Der Titelsong ist mit neun Minuten ein überlanger Batzen, in dem sich ein JUDAS PRIEST-Riff genauso findet, wie Jazz-Ästhetik aus dem Hause KING CRIMSON. Mittendrin dann gibt es ein Gitarrensolo, dass auch im melodischen Hard Rock gut klingen würde. ´Gambler´ bekommt leicht alternative Sounds und ein paar krumme Takte spendiert. ´Riding Free´ thrasht auf der Basis von ´Highway Star´. So könnte man die Liste der Einflüsse fortsetzen. Der neugierige Hörer kann aber auch einfach auf die Reise gehen, selbst entdecken, welche Zitate er entdecken kann.

´Slave Of God´, 1988 nur auf Vinyl erschienen, eigentlich nur eine Eigenproduktion, war seiner Zeit mehr als weit voraus. Damit dürften zu jener Zeit Fans und Presse nicht wirklich schnell warm geworden sein (logisch, die hörten damals ja alle auch nur so lahme Kapellen wie SANCTUARY, HOLY TERROR oder HADES… Die Red. – Eben, da war für den heimischen Krach gar keine Zeit mehr. d. Verf.). Zudem war auf dem Cover ein verhältnismäßig schlichtes Gemälde zu finden. Auf eine Bandfoto wurde ganz verzichtet. Hier stand tatsächlich die Musik im Zentrum. Kein Wunder, dass das Original relativ selten zu finden ist. Und nur Kauzfanatiker wie unser Neudi es kennen.

Gut, wer wie ich nicht unbedingt zu den großen Thrash-Hörern gehört, der kann sich am Gesang stören. Ich muss allerdings spannenderweise gestehen, dass mir der Gesang vom Bassisten Georg Manger weit besser gefällt, als etwa jener auf dem Frühwerk von MEKONG DELTA.

Und weil das alles noch nicht genug ist, leider gab es ja nur ein Album, finden sich als Bonus noch fünf Bonustracks, die von der Nachfolgeband FRANTIC FRONT entstammen. Diese Demotracks, die erstaunlich gut klingen, entstammen den Jahren 1991-1994. Dort hat man sich, ebenso verrückt wie kreativ, in Richtung Death Metal bewegt. Auch hier finden sich wieder diese abwechslungsreichen überlangen Stücke. Und mit der Ansage ´Cut You In Little Pieces´ plündert man fast schon in Gefilden, die nach SOD oder NAPALM DEATH müffeln.

Wie gesagt, ich alter Romantiker bin normal nicht der richtige Kandidat, sich mit Klängen zu befassen, die meine Frau mit „am Boden liegen und sterben“ umschreiben würde. Aber wenn ich dann schon überzeugt bin, sollten auch die eigentlich angesprochenen Fans sich geneigt zeigen, hier mal einen Test zu wagen. Denn nur wer wagt, gewinnt. Und nur wer versucht, den HELLBREATH zu atmen, kann der ´Invasion Of The Undead´ entgehen.

(8,5 Punkte)


(VÖ: 16.07.2021)