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DER EWIGE TAG – Meteore EP

~ 2021 (Independent) – Stil: Metal ~


Die Zeit steht still. Irgendwann und irgendwo. Nach 1900 – ist als Zeitpunkt äußerst vage eingegrenzt – treffen sich mehrere Herren, um unter der Bezeichnung DER EWIGE TAG zu musizieren.

„The Day Of Forever“ ist gleichsam eine Kurzgeschichte von James Graham Ballard. Sie spielt irgendwann auf Erden. Das Wo ist mit Columbine Sept Heures angegeben. Doch die Zeit selbst ist scheinbar stehen geblieben. Es herrscht ewige Dämmerung anstatt einem Kreislauf aus Tag und Nacht zu folgen. Klassische Architekturen und entwässerte Schwimmbäder symbolisieren den Stillstand.

Dieser Welt scheinen DER EWIGE TAG zu entspringen. Die Stadt ist voll und doch so leer. Die Zeit läuft, doch sie steht still. In der ewigen Tretmühle gefangen, tagein tagaus geknechtet, tagein tagaus gebeugt. Mechanisierung, Industrialisierung, Automatisierung, Digitalisierung.

Die fünf Herren haben ihre Vergänglichkeit längst überschritten und geben ihr Geburtsjahr als das gleichzeitige Jahr ihres Todes an, zwischen †1985 und †1992. Dabei waren sie bereits in Hardrock-, Heavy Metal-, Death Metal- und Prog Metal-Bands anzutreffen: Sänger János Romualdo Krusenbaum (BLOSSOM CULT, SEEKING RAVEN), Gitarrist Mirko Weber (PICTURA), Gitarrist Max Krüger (BLOSSOM CULT, SEEKING RAVEN, AËDON), Bassist Daniel Woyke (STORMRIDER, PICTURA) und Schlagzeuger Julian Fischer (SNAKEBITE, PICTURA).

Auf den Leib geschrieben haben Mirko Weber und Julian Fischer dem EWIGEN TAG zur Begrüßung drei Kompositionen, die auf der Klaviatur des modernen Prog Metal mit kleinen Djent-Tupfern spielen. Dass sie in deutscher Sprache singen verleiht ihnen selbst im Jahr 2021 und bei Gruppen wie KAISERS BART und TRAUMPFAD immer noch eine gewisse Einzigartigkeit. Selten darf solchen Klängen in deutscher Lyrik gefolgt werden, die sich im Falle des EWIGEN TAGES nicht in rosa Wölkchen auslebt, sondern in der schwarz-weißen Tristesse der Maschinerie, die schlimmer als die Wolkenkratzer und Büroblocks in Jacques Tatis „Playtime“ in den Himmel ragt.

Die EP beginnt mit dem Titelstück ´Meteore´ sanft und verspielt. Allein, es ist die Ruhe vor dem Sturm. Die Gitarren setzen ein und DER EWIGE TAG erwacht. Wirbelnd hastet das Quintett durch die Kompositionen, die sich dennoch gefühlt langsam steigernd aufbauen. Das Warten auf den Untergang feiert im Refrain seinen ersten klarblickenden Höhepunkt: „Wir schauen in die weite Nacht. Kannst du sehen wie die Meteore ziehen!? Wir schauen in die weite Nacht. Die Zeichen stehn – wir werden untergehn.“

Der ´Tag in der Stadt´ mag im Anschluss den Anschein einer größeren Böswilligkeit ausstrahlen, obwohl hier ebenso der Chorus die Wolken des tristen und grauen Alltags aufbricht: „Wir gleiten so hin, wie Wolken so ziehn – Ein Tag in der Stadt, ein ewiger Tag. Wir fallen herab, wie Regen wir fliehn – Ein Tag in der Stadt, ein ewiger Tag.“ Besonders malerisch durch den Background-Gesang zur Unterstützung des emotionsgeladenen Gesangs umgesetzt, der seinen letzten Ton in der Höhe bersten lässt.

Aus der Ruhe, aus der vollen, aber zugleich leeren Stadt, bricht der ´Dornenpfad´ immer wieder aus, um gleichfalls seine Größe herauszurufen: „Komm, wir nehmen den Dornenpfad. Nimm meine Hand an diesem Totentag. Die Maschine um uns stockt zu Eis. Wenn ich dich an meiner Seite weiß.“ Imposant.

(9 Punkte)

https://derewigetag.de/

https://derewigetag.bandcamp.com/album/meteore-ep