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SOEN – Imperial

~ 2021 (Silver Lining Music) – Stil: Prog Metal ~


Die schwedische Ausnahmeband SOEN schreitet ungezügelt auf ihrem bisherigen Weg voran. Trotz aller Widrigkeiten des aktuellen Erdenlebens, oder gerade aufgrund dieser nehmen sie den Hörer auf ihrem fünften Werk ´Imperial´ abermals auf eine Reise durch das menschliche Seelenleben sowie den Zusammenhang hinsichtlich wichtiger Fragen und Probleme der Jetztzeit.

In beinahe derselben Besetzung wie auf dem Vorgänger ´Lotus´ – Sänger Joel Ekelöf, Gitarrist Cody Ford, Keyboarder/Gitarrist Lars Enok Åhlund, Schlagzeuger Martin Lopez und Neu-Bassist Oleksii “Zlatoyar” Kobel – ruhten sich SOEN im Jahre 2020 nicht aus, sondern bemühten sich, neue Kompositionen zu schreiben: „Es war offensichtlich eine verrückte, schreckliche Sache für alle, und für uns als Band war es wirklich frustrierend, keine Shows spielen zu können,“ sagt Bandmitgründer Martin Lopez. „Es hat uns aber auch ein klares Zeitfenster gegeben, dieses Album vollständig zu realisieren. Wir konnten viele Monate lang zwölf Stunden am Tag verbringen, um ´Imperial´ an die Stelle zu bringen, die wir wirklich wollten, und hauptsächlich am Groove und Flow des Albums arbeiten. “

Entstanden ist ein für SOEN geradezu klassisches Prog Metal-Album. Die acht Kompositionen unternehmen keinen Versuch, Ausreißer oder allzu überraschende Schlenker sowie Abwandlungen zum bislang bekannten Gruppensound zuzulassen, sondern stehen kompakt auf dem bislang errichteten Fundament. Die Verspieltheit vormaliger Erzeugnisse genießt jedoch weiterhin in den sich oftmals gern steigernden Songstrukturen ihren Spielraum. Diese Freiheit in solch isolierten Tagen nahmen sich SOEN: „In meinem Leben versuche ich, so real wie möglich zu sein, aber ich denke, dass die Musik und die Natur von SOEN der einzige Ort sind, an dem ich wirklich das Gefühl habe, ich selbst sein zu können,“ erklärt Martin Lopez ferner. „Wenn du Musik machst, Texte schreibst, kannst du dich wirklich ohne Urteilsvermögen und mit völliger Freiheit ausdrücken.“

Zur Eröffnung startet ´Lumerian´ gleichzeitig breakig, djentig und riffgewittrig als auch schwebend und genießend („I believe, that in the end we could be something more, but every trace of who we are is gone, still I hope we could be the ones, be the ones … And I see, how we surrender for the endless greed, and we do nothing to prevent its spear, to keep piercing into our hearts, our hearts, our hearts.“) über zielloses Jagen und sich mit den Göttern umarmen. Locker und dennoch wirbelnd ist ´Deceiver´ mit seiner heavy instrumentalen Bridge und einem sich anschließenden, epischen Refrain, der mit Härte in wunderbaren AOR/Melodic Rock vordringt, folglich in der Realität ein moderner, himmlischer Rock-Song ist („In the waters of sin, I will drown my awareness of you, you have always been there, covering the sun, aching in my chest.“). Dass im Auge des Krieges Männer kein Mitgefühl zeigen und die Schafe in Wahrheit Löwen sind, lehrt uns der mit Sirenengeheul startende ´Monarch´ („Into the fire I am.“). Die skandinavische, träumerische Leichtigkeit (und Beschaulichkeit) erläutert die ´Illusion´ mit entsprechendem Gitarrenausdruck.

Sodann macht ´Antagonist´ („Fire up your guns“) zur Eröffnung der zweiten Runde mit einer gewohnt seelenstreichelnden Melodie wieder ordentlich Druck – inklusive dieses lockeren und spielerisch leichten Schlagzeugspiels, das elegische Gitarrenspiel zeigt sich gleichfalls regelmäßig. Als Lampenschwenker bietet sich unter den vielen zur Auswahl stehenden Songs nicht zuletzt ´Modesty´ an („Follow me, follow us, cause there’s no one coming, to help us, coming to help us, to defeat this monster. Follow me, follow us, are we strong enough to betray, our love and our affection, to defeat this monster.“) und offeriert zum Gipfelabstieg Geigenstreicheleinheiten. Als vorbildliches und vorzeigbares Exemplar für Kompositionen mit lustvollen Steigerungen im Songaufbau bietet sich ´Dissident´ an. Das Lied lebt zudem von einem beinahe TOOL’schen Groove. Seine solistisch leichtere und offenere Darbietung kann insgesamt neben ´Deceiver´ gestellt werden („We are one, undivided fallen sons, and we are designed to open our hearts to the night, not to serve and comply, we have a fire burning inside of us, all driving us to break out.“). Den Schlusspunkt setzt ´Fortune´,  der aus der Schwere heraus ebenfalls das Licht scheinen lässt, als begleitender Fels im gesamten Leben („There’s nothing to fear, I’ll keep your path clear, as long as we walk, we’ll find what is real, and I will become, your shield and your wall, unbreakable stone, just keep yourself near.“).

SOEN zelebrieren ihre Musik auf ´Imperial´ in Perfektion. Womöglich bereits zu makellos. Sollte dem Quintett nicht das Leben und die Welt einen Strich durch die Rechnung machen, werden sie 2021 die Welt erobern. So oder so, es bleibt spannend im Hause SOEN.

(9 Punkte)

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(VÖ: 29.01.2021)