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ARABS IN ASPIC – Madness And Magic

~ 2020 (Karisma Records) – Stil: Prog Rock ~


Die Steigerung zu „Musik nach Cover kaufen“ ist „Musik nach dem Namen der Band auswählen“. ARABS IN ASPIC, dieser Name machte mich einfach neugierig. Das klingt so doof, entweder ist das totaler Schrott oder an Genialität kaum zu überbieten. Da bleibt zu hoffen, dass Letzteres eintritt.

ARABS IN ASPIC ist ein Quintett aus dem norwegischen Trondheim, und, obwohl mir vollkommen unbekannt, das hier ist das sechste reguläre Studioalbum. Dazu kommt noch ein Livealbum. Also ist da noch Material für musikalische Forschungsreisen vorhanden. Hier und jetzt soll es aber erst einmal allein um das aktuelle Werk gehen.

Kopfhörer auf, der erste Track beginnt, ´I Vow To Thee My Screen´, die ersten Töne, eine perlende Gitarre, feine Percussions, eine Melodie zum Niederknien, ich fühle mich versetzt in alte Zeiten. Versetzt in die Mitt-Neunziger, als ich von SPOCK’S BEARDS ´Beware Of Darkness´ erobert wurde. Versetzt  aber vor allem in die Siebzigerjahre, weil ´Madness And Magic´ alles beinhaltet, was damals geboten wurde. Da treffen sich die Filigranität von YES und GENESISsche Opulenz. Satzgesänge, die GENTLE GIANT zur Ehre gereichen würden, kontrastieren mit typisch skandinavischem Hit-Appeal.

Sechs Songs, zwei liegen über 8, einer bei fast 17 Minuten verwöhnen die Ohren des Liebhabers von altmodischem Prog Rock, wärmen das Herz und erfreuen den Geist. ARABS IN ASPIC sind vielleicht sogar die aktuell beste Medizin gegen Trübsal und Melancholie.

Trotz der Leichtigkeit der Musik, textlich sind die Norweger auf ernstem Terrain unterwegs. Wie sie selber sagen: “The lyrics of ´Madness And Magic´ reflect on how easily both children and adults are affected in the digital age, but also how helpless we are when we have to put our lives in the hands of specialists. Many ideas came up after a brief meeting with Doctor Death. The message of ´Madness And Magic´ is up to the listener to decide. Because you are capable of thinking for yourself, right?”

Und so läuft dieses Album zum wiederholten Male, und Kopf, Füße, Finger, sie machen was sie wollen. Der Kopf wippt, die Füße tanzen wie von selbst. Die Finger finden immer wieder Plätze, wo sie die kleinen rhythmischen Spitzfindigkeiten mittrommeln können.

Dieses Gefühl von Daheimsein, von Wohlsein, von kleinem Glück begleitet den Hörer tatsächlich die kompletten knapp 46 Minuten. Selten, dass ich sage, dieses Album ist zu kurz, hier kann ich nicht anders. Ich kann nicht anders, als mit Superlativen um mich werfen. Und ich kann nicht anders, als die Höchstnote ziehen. Die 10 Punkte sind der Dank für dieses an Genialität kaum zu überbietende Album.


(VÖ: 12.06.2020)