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YEAR OF THE GOAT – Novis Orbis Terrarum Ordinis

~ 2019 (Napalm Records) – Stil: Okkult Hardrock ~


Insbesondere der Okkult-Rock hat in der letzten Dekade viele Musikgruppen aus der Hölle kommen und schnell wieder in diese hinabsteigen sehen. THE DEVIL’S BLOOD, JESS AND THE ANCIENT ONES, BLOOD CEREMONY, SABBATH ASSEMBLY oder YEAR OF THE GOAT. Und alle lieben selbstredend Roky Erickson. Musikalisch treffen wir den am 31. Mai 2019 verstorbenen Sänger und Gitarristen von THE 13TH FLOOR ELEVATORS auch auf dem Comeback von YEAR OF THE GOAT wieder.

Nach einer vierjährigen Durststrecke erscheint in diesen Tagen die dritte Ritensammlung der Schweden und breitet abermals vor uns den Altar der Lust und Leidenschaft aus. Doch wenn das Sextett den Teufel im Gepäck hat und „When i rise, then i will be praised again“ singt, sollte jeder ein aufrechtes Kreuz zur Hand haben. Ein Fläschchen Weihwasser kann ebenfalls nicht schaden. Allzu verführerisch schleicht sich nämlich die Stimme von Thomas Sabbathi (ex-GRIFTEGÅRD) in den heidnischen Leib hinein. Leichte Unterstützung erhält er von Zeit zu Zeit aus dem Hintergrund durch Tastenspieler Pope, denn großartiger Okkult-Rock wird immer von geisterhaftem Background-Gesang erfüllt. Die wollüstigen Darbietungen der Triple-Axe-Attack – durch Thomas Sabbathi und die Gitarristen Jonas Mattsson und Don Palmroos – wühlen derweil schon in der Magengegend.

 

 

Hymnischer klangen YEAR OF THE GOAT bislang selten als im Jahr 2019. Bereits der Opener ´Subortus´ schwebt über den weltlichen Dingen, entfacht eine Melodie zum Retro-Schunkeln, besitzt diese Schwere, die GHOST schon lange verloren haben und enthält ein kleines Zwiegespräch zwischen dem Guten und dem Bösen. ´Acedia´ galoppiert unbedingt durch das Höllenfeuer, ein theatralischer Thomas Sabbathi singt heroisch hoch zu Ross.

Dass alle BLUE ÖYSTER CULT lieben, beweist nicht nur  ´Luxuria´. Das neunminütige ´Ira´ zelebriert die große und epische Anbetungskunst dagegen langsam aus dem Americana heraus, ehe Gitarren á la Buck Dharma die nächst höhere Ebene erklimmen. Würden CSNY okkulten Rock spielen, klänge dieser dergestalt. Zur Teufelsaustreibung dürfen in ´Superbia´, dem, das erste Vinyl der Doppel-LP-Ausgabe beschließenden Ohrwurm, auch Handclaps eingesetzt werden. So nah waren uns die Dämonen selten auf der Spur.

Auf der zweiten, schwarzen Vinyl-Scheibe findet sich der große Ohrenschmeichler namens ´Invidia´ sowie ein fast ebenbürtiges ´Avaritia´ wieder, in dem die Gitarren zum Tanz auffordern. Den mächtigen Geistern stehen wir ungeschützt Aug in Aug gegenüber. Zum großen, fünfzehnminütigen Finale ´Subicio´ holen wir daher schleunigst erneut das Weihwasser heraus und bespritzen den Chorgesang und den überbordenden Refrain im zweiten Abschnitt dieser kolossalen Komposition. Wer bereits von der ersten Vinyl-Scheibe in den Bann gezogen wird, ist mit dem Genuss des zweiten Schwarz ganz verloren.

(8,5 Punkte)